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Tottenhams Erfolgsgaranten Mauricio Pochettino (rechts), Heung-Min Son (oben) und Fernando Llorente gehören nun zur Champions-League-Elite.
© REUTERS

Erfolg ohne Scheckbuch: Was die Bayern von Tottenham und Ajax lernen können

Tottenham und Ajax sind auch ohne großes Scheckbuch in der Champions League erfolgreich: mit Offensivfußball. Daran sollten sich die Bayern ein Beispiel nehmen.

Von Johannes Nedo

Die Dramaturgie dieses Spiels war unschlagbar. Es begann mit den verrücktesten ersten elf Minuten in der Champions-League-Historie - vier Tore sind in einer Anfangsphase noch nie in diesem Wettbewerb gefallen. Und es endete mit dem vermeintlichen Tor zum 5:3 in der Nachspielzeit, das dann vom Videoassistenten wegen einer Abseitsstellung nicht gegeben wurde.

Doch jenseits von all dem unterhaltsamen Tohuwabohu am Mittwochabend beim 4:3 von Manchester City gegen Tottenham Hotspur, nach dem die Londoner wegen des 1:0-Hinspielsiegs und der mehr erzielten Auswärtstore jubelten, hat dieses Spiel auch den ambitionierten deutschen Klubs viel Anschauungsunterricht geboten.

Denn schließlich steht mit Tottenham nun ein Klub im Halbfinale der Champions League, der auf dem Transfermarkt nicht wild mit Millionen um sich wirft wie andere englische Spitzenvereine. Die Londoner sind im wichtigsten Klubwettbewerb der Welt grandios erfolgreich, ohne einen Transfer im vergangenen Sommer getätigt zu haben - und auch im Wintertransferfenster verzichteten sie auf Nachverpflichtungen.

Stattdessen setzen sie auf ihre selbst entwickelten Spieler wie Dele Alli und Danny Rose, aber vor allem setzen sie auf ihren Trainer Mauricio Pochettino. Der Argentinier hat seiner Mannschaft einen überaus energiegeladenen, offensiven Stil eingeimpft, der zu den vielen jungen Toptalente aber auch bestens passt. So sind die Spurs ohne einen Investor in der Premier League nach oben gekommen, und so eilen sie nun in der Champions League von Erfolg zu Erfolg.

Und Tottenham ist nicht der einzige Verein im Champions-League-Halbfinale, der nicht zum elitären Zirkel der wenigen Superreichen gehört: Auch Ajax Amsterdam hat es mit Spielern aus dem eigenen Nachwuchs, in Kombination mit geschickten Transfers und einem klaren Bekenntnis zur offensiven Ajax-Taktik von Trainer Erik ten Hag geschafft, große Teams wie Real Madrid und Juventus Turin rauszuwerfen.

Ajax und Tottenham haben eine klare Strategie

Deshalb sollten Bayern München, Borussia Dortmund und auch RB Leipzig sehr genau hinschauen, was diese beiden Klubs auszeichnet und wie sie ihre Strategie umsetzen. Schließlich verweisen die Verantwortlichen des FC Bayern oder des BVB oft stets allein auf die Unsummen, die Klubs wie Manchester City, Manchester United oder Real Madrid ausgeben können – und dass diese Konkurrenten darum einen entscheidenden Vorteil hätten.

Aber die Beispiele Tottenham und Ajax zeigen, dass man auch ohne Kaufrausch auf dem höchsten Level erfolgreich sein kann. Natürlich gibt es nicht jedes Jahr ein Supertalent wie Amsterdams Frenkie de Jong und natürlich kommt auch Tottenham nicht ohne internationale Topspieler wie Heung-Min Son oder Christian Eriksen aus. Aber all diese außergewöhnlichen Spieler funktionieren auch deshalb in ihren Mannschaften so gut, weil sie sich in einem funktionierenden System befinden. Einem System, das bei Tottenham und Ajax absolut offensiv ausgerichtet ist.

Vor allem den Bayern dürfte es nicht schaden, wenn sie sich daran orientieren. Statt nur das Scheckbuch zu öffnen, würde es sie sicher dichter an einen Champions-League-Titel bringen, wenn sie sich auch einer innovativen, offensiven und dynamischen Spielidee verschreiben. Schließlich zeichnet diese Idee alle vier Halbfinalisten aus – die big Spender Barcelona und Liverpool sowie die Kreativen aus Amsterdam und London. Wenn das mal kein Trend ist, dem es lohnt nachzueifern.

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