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Geht noch vorneweg. Hertha-Trainer Ante Covic wirkt sichtlich angeschlagen.
© Andreas Gora/dpa

Spekulationen um Nachfolger: Was Ante Covic bei Hertha BSC zum Verhängnis werden könnte

Trainer Ante Covic ist für Investor Windhorst längst eine Nummer zu klein. Der Klub will nun offenbar Niko Kovac verpflichten.

Als Karim Rekik am Montagvormittag nach 40 Minuten als erster Spieler von Hertha BSC den Trainingsplatz verließ, wurde er noch schnell nach seinem Befinden gefragt. Rekik, der in der vergangenen Woche wegen eines grippalen Infekts flach gelegen hatte, antwortete: „I feel better.“ Damit dürfte der holländische Innenverteidiger des Berliner Fußball-Bundesligisten über ein Alleinstellungsmerkmal verfügen. Bei Hertha BSC gab es am Montag niemanden sonst, dem es besser ging als in der Woche zuvor. Im Gegenteil.

Die Situation des Vereins hat sich am Sonntag durch das 0:4 beim FC Augsburg dramatisch verschlechtert. Hertha ist jetzt Tabellenfünfzehnter, punkt- und torgleich mit Fortuna Düsseldorf auf dem Relegationsrang. Das 0:4 in Augsburg war keine normale Niederlage; es war eine Niederlage, bei der Hertha sämtliche Symptome eines Absteigers aufwies. Die Mannschaft kassierte dämliche Gegentore, Torhüter Rune Jarstein sah die Rote Karte – er wurde deshalb am Montag für zwei Spiele gesperrt – und sein eigentlicher Vertreter, der routinierte Thomas Kraft, fehlte wegen einer Halswirbelverletzung. Es geht schief, was schief gehen kann.

Dass das nicht ohne Konsequenzen bleiben wird, ist abzusehen. Manager Michael Preetz hatte Trainer Ante Covic zwar zwei Tage vor dem Spiel noch das Vertrauen ausgesprochen und ihm Zeit eingeräumt, seine Ideen zu verwirklichen. Durch die Begegnung in Augsburg aber hat sich die Geschäftsgrundlage entscheidend verändert: Die Not wird für Hertha langsam existenzbedrohend, weitere Experimente verbieten sich. Am Montag beriet die Vereinsführung über die Lage der Dinge.

Ante Covic kam am Montagmorgen um kurz vor zehn aus der Kabine, um das Auslaufen der Mannschaft anzuleiten. Der gesamte Kader inklusive der Stammspieler war auf dem Platz. Nach einer kurzen Ansprache begann die Mannschaft, ihre Runden zu drehen. Einen Ball bekam sie nicht zu sehen.

Bei der üblichen Medienrunde wirkte Herthas Trainer sichtlich angeschlagen. Als er auf das nächste Spiel am Wochenende gegen Borussia Dortmund angesprochen wurde und seine Aussicht, dann noch im Amt zu sein, antwortete Covic: „Mit Samstag beschäftige ich mich null. Ich benötige noch ein, zwei Tage, um all das zu verarbeiten, was gestern passiert ist.“ 

Michael Preetz kann Ante Covic nicht mehr helfen

Michael Preetz wollte sich unmittelbar nach der Niederlage in Augsburg nicht zur veränderten Gesamtlage äußern, sagte lediglich, dass er alles erst einmal sacken lassen müsse. Und auch am Montag war zunächst nichts von Herthas Manager zu vernehmen. Covic berichtete, dass er natürlich noch am Abend nach dem Spiel mit Preetz gesprochen habe. Dies sei nichts Außergewöhnliches, ihr Austausch sei ohnehin rege. Auf die Frage, ob er auch schon ein Signal erhalten habe, dass er am Samstag auf der Bank sitzen werde, antwortete Covic: „Das ist im Moment nicht mein Thema, Leute. Das Thema ist, schnellstmöglich aus der Spirale rauszukommen und den positiven Trend einzuleiten.“

Trainer wechsel dich. Laut Tagesspiegel-Informationen soll der ehemalige Bayern-Coach Kovac (rechts) bei Hertha auf Covic folgen.
Trainer wechsel dich. Laut Tagesspiegel-Informationen soll der ehemalige Bayern-Coach Kovac (rechts) bei Hertha auf Covic folgen.
© dpa

Die Frage ist, ob es wirklich Covic sein wird, der den Versuch unternehmen darf, die Mannschaft aus der Negativspirale zu führen. Bisher ist Michael Preetz zwar stets als Fürsprecher des Trainers aufgetreten, den er im Sommer ins Amt gehoben hat. Aber Preetz ist nicht mehr in der Position, eine solche Personalie allein zu entscheiden.

Durch den Einstieg des Investors Lars Windhorst sind die internen Verhältnisse deutlich komplizierter geworden. Bei Hertha waren sie so naiv zu glauben, dass sie 224 Millionen Euro von Windhorsts Tennor Holding bekommen – und gut ist. Aber der neue Investor ist ehrgeizig, er denkt groß und gar nicht daran, sich aus den Dingen rauszuhalten und die Vereinsführung einfach mal machen zu lassen. Für Windhorst, der sich mit Jürgen Klinsmann fußballerischen Sachverstand an die Seite geholt hat und Hertha langfristig auf einer Stufe mit Real Madrid und Paris St. Germain sieht, ist Covic längst eine Nummer zu klein. Nach Tagesspiegel-Informationen ist Niko Kovac der Wunschkandidat – und Klinsmann soll gemeinsam mit Preetz an dieser Lösung arbeiten.

„Ich glaube, dass ich die unwichtigste Person bin“, sagte Herthas Trainer. „Es geht nicht um mein eigenes Befinden. Es geht um den Verein.“ Und doch äußerte er sich zuversichtlich, dass er die Wende noch hinbekommt: „Wenn ich nicht der Meinung wäre, wäre ich nicht hier.“ Aufgeben komme für ihn nicht in Frage, sagte Covic, „einfach kann jeder“.

Der Trainer sollte weg, aber viel wichtiger fände ich es, wenn endlich mal der Manager ausgetauscht werden würde! Seit Jahrzehnten überwiegend durchschnittliche Einkäufe, wenig Erlöse, keine wirkliche Vision, wie es weiter nach vorne gehen kann.

schreibt NutzerIn fairplay180

Aber nicht nur der Tabellenstand und die Ergebnisse sprechen inzwischen gegen ihn, auch die Auftritte der Mannschaft. Es ist nicht mehr zu erkennen, wofür Hertha steht oder stehen will. Von der Idee, aktiven, mutigen und offensiven Fußball zu spielen, hat sich Covic längst verabschiedet. Und auch die Spieler wirken zunehmend verwirrter von den üppigen personellen und taktischen Wechseln ihres Trainers. Kaum einer weiß exakt, woran er ist.

Stellt sich. Ante Covic ist noch Trainer bei Hertha BSC.
Stellt sich. Ante Covic ist noch Trainer bei Hertha BSC.
© Andreas Gora/dpa

Zur Sicherheit trägt das alles ganz sicher nicht bei. Genau die aber braucht die Mannschaft in den letzten fünf Spielen des Jahres. Nach dem Heimspiel gegen Dortmund heißen die Gegner Frankfurt, Freiburg, Leverkusen und Mönchengladbach. „Wir müssen sehen, dass wir in die Köpfe der Spieler kommen“, sagte Covic. Qualität sei genügend vorhanden. Aber: „Die Situation ist auch für die Jungs nicht einfach. Sie haben sehr hohe Ansprüche an sich selbst, denen sie nicht gerecht werden.“

Auch Hertha ist dem eigenen Anspruch in dieser Saison noch nicht gerecht geworden. Intern hatte man vor der Saison auf einen Europapokalplatz spekuliert, nachdem der Kader für viel Geld aufgerüstet worden war und nominell so stark ist wie seit mindestens zehn Jahren nicht mehr. Aber die Mannschaft bringt ihre Qualität nicht auf den Platz – und genau darin liegt die Verantwortung eines Trainers.

Doch Ante Covic sieht sich aktuell eher als Psychologe und Motivator gefragt, weniger als Fußballlehrer. In der jetzigen Situation müsse er der Mannschaft als Trainer vermitteln, „dass man kerzengerade steht und nicht einknickt“, sagte er. „Es ist das Wichtigste für die Jungs, dass sie jemanden haben, an den sie sich anlehnen können, und dass man vorne wegmarschiert. Das werde ich nach wie vor machen.“

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