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Thomas Tuchel hat bei Paris Saint-Germain alles im Blick.
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Champions League: Warum Thomas Tuchel bei Paris Saint-Germain Erfolg hat

Der frühere BVB-Trainer Tuchel hat sich in Paris viel Respekt verschafft. Doch nun beginnt für ihn die entscheidende Phase in der Champions League.

Von Johannes Nedo

Thomas Tuchel muss derzeit vor allem eines tun: beruhigen. Denn das aufgeregte Umfeld von Paris Saint-Germain hyperventiliert seit Samstag. Da verletzte sich Edinson Cavani beim Liga-Spiel gegen Bordeaux (1:0) an der Hüfte und musste ausgewechselt werden. Prompt wurde Tuchel mit der Frage gelöchert: Fällt nun der nächste Topstürmer länger aus? Schließlich wird Neymar wegen einer Verletzung am Mittelfuß noch mindestens zwei Monate fehlen.

Also beschwichtigte Tuchel erst einmal: „Es gibt nicht nur einen Plan B, ich habe viele. Wir haben auch einen Plan D.“

Der deutsche Trainer rückt in Paris immer mehr in den Fokus. Denn nun geht es in dem Wettbewerb in die entscheidende Phase, über den sich die Klubbesitzer, die katarischen Scheichs, am meisten definieren: die Champions League. An diesem Dienstag bestreitet PSG das Achtelfinal-Hinspiel bei Manchester United (21 Uhr/live bei Sky). All die nationalen Titel sind für die Kataris nur zweitrangig. Sie wollen die Henkeltrophäe. Dafür haben sie Unsummen in ihren Luxuskader investiert. Und Tuchel soll das Hochglanz-Projekt nun endlich veredeln. „Wenn er das schafft, kommt er ganz in die Herzen der Pariser“, sagt Gernot Rohr, der schon viele französische Klubs trainiert hat und derzeit Nigerias Nationalteam betreut.

Neymar sagt über Tuchel: "Er ist liebevoll"

Tuchel weiß, dass von ihm mehr erwartet wird als die souveräne Tabellenführung in Frankreich mit derzeit zehn Punkten Vorsprung (und zwei weniger absolvierten Spielen als der Zweitplatzierte Lille). Und der 45-Jährige traut sich das natürlich zu. Sonst würde er nicht so offensiv mit dem möglichen Ausfall Cavanis umgehen. Auf wen die Pariser Fans im Duell mit Manchester United zählen können, stellte er mit seiner Plan-D-Aussage auch klar: auf ihn.

In seinem ersten halben Jahr bei Paris hat sich Tuchel viel Respekt verschafft. Selbstverständlich, weil er die Mannschaft von einem Sieg zum nächsten führt und auch die schwere Vorrundengruppe in der Champions League mit dem FC Liverpool und dem SSC Neapel als Erster abschloss. Aber auch, und das wiegt mindestens genauso schwer, weil er beweist, dass er den mit großen Egos gespickten Kader bestens führt. „Er macht es sehr charmant und ist voll anerkannt“, sagt Rohr. „Mit seiner direkten und vertrauensvollen Art hat er alle Stars hinter sich gebracht.“ Tuchel ist dabei nicht in Dortmunder Muster verfallen. Schließlich wurde er nach seinem Abschied aus Dortmund dafür kritisiert, er habe sich nicht nur mit den Klubchefs, sondern auch mit einigen Spielern überworfen. Er sei also auch an seinem strengen Regiment gescheitert.

In Paris gab sich Tuchel von Beginn an deutlich offener und lockerer. Nach dem ersten Titelgewinn im August, dem französischen Supercup, schnappte er sich ein Mikrofon und sang vor seinen Spielern „Happy“ von Pharell Williams. Auch die Mitarbeiter des Vereins gewann er schnell für sich. Im September lud er alle PSG-Angestellten in ein Restaurant ein – mehr als 70 Personen. Damit punktete er enorm. Auch dass er hervorragend Französisch spricht, hinterlässt Eindruck. „Tuchel ist sehr clever. Nur wenn er einzelne Wörter nicht versteht oder ihm die Vokabel nicht einfällt, fragt er einen Dolmetscher, der bei allen Pressekonferenzen dabei ist“, sagt Rohr.

Noch viel wichtiger ist natürlich, dass Tuchel die Spieler folgen. Was bei Superstars mit teils divenhafter Attitüde wie Neymar, Kylian Mbappé, Cavani oder Angel di Maria wohl die kniffligste Aufgabe in Paris darstellt. Doch auch das meistert Tuchel bravourös. „Er ist liebevoll, weiß aber auch, wann es nötig ist, uns die Ohren lang zu ziehen“, sagte Neymar dem TV-Sender „BeIn Sports“ über Tuchel. „Er ist ein sehr ruhiger Mensch, der aber auch viel verlangt. Er will immer das Beste für jeden Spieler.“ Zuvor hatte der Brasilianer schon bei „Canal+“ betont: „Für Tuchel gebe ich alles.“

Gernot Rohr findet PSG taktisch nun viel flexibler

Und Thomas Tuchel gibt auch alles für Neymar. Als der Brasilianer vor einer Woche seinen 27. Geburtstag mit einer pompösen Party unter dem Motto „Eine Nacht in Rot“ feierte, erschien auch Tuchel – im roten Anzug. Neymar auf seine Seite gezogen zu haben, ist bisher wohl Tuchels wichtigster Schachzug gewesen. Sein zweitwichtigster Verdienst: „PSG ist nun taktisch viel flexibler“, sagt Rohr. „Sie können jetzt sieben verschiedene Systeme perfekt spielen.“ Denn in den sportlichen Bereichen agiert er meist noch so kompromisslos wie in Dortmund oder Mainz.

So soll Tuchel mit dem PSG-Sportdirektor Antero Henrique zerstritten sein, weil er mit den Transfers des Portugiesen gar nicht zufrieden ist. Tuchel hatte zuletzt vehement gefordert, er brauche noch zwei defensive Mittelfeldspieler, da der Italiener Marco Verratti lange ausgefallen war und sich nur langsam erholt. Doch kurz vor dem Ende der Wintertransfer-Phase bekam er von Henrique nur einen: den Argentinier Leandro Paredes, verpflichtet für 45 Millionen Euro von Zenit St. Petersburg. Wirklich begeistert ist Tuchel von diesem Neuzugang offenbar nicht. Vieles spricht nun aber dafür, dass er im Zwist mit Henrique als Sieger hervorgehen wird – und der Portugiese im Sommer gehen muss. Schließlich hat Tuchel sogar die Rückendeckung des katarischen Staatsoberhauptes Emir Tamim Al Thani. Der Mehrheitseigner von PSG entschied sich nach einem persönlichen Treffen im vergangenen Jahr für Tuchel.

Mit diesem großen Vertrauen in der Hinterhand geht Tuchel nun also in das Duell mit Manchester United. Er wird dafür wahrscheinlich sogar mehr als einen Plan D haben.

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