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Das Rathaus in Paderborn: Eben noch Aufstiegsfeier, bald schon Meisterfeier?
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Vor dem Bayern-Spiel: Paderborns Bürgermeister im Interview: „Warum sollen wir nicht dort siegen?“

Vor dem Spitzenspiel gegen den FC Bayern München spricht Paderborns neuer Bürgermeister Michael Dreier über den SC Paderborn, die überraschende Bundesliga-Tabellenführung und Vereinsfahnen in amerikanischen Vorgärten.

Herr Dreier, vor Saisonbeginn forderte Paderborns Vereinspräsident Wilfried Finke allen Ernstes zehn Punkte aus den ersten vier Spielen. Tatsächlich reist der Aufsteiger SC Paderborn heute mit gerade mal nur acht Punkten zum FC Bayern München. Gibt es eine sportliche Krise beim SC Paderborn?
Dass der SC Paderborn diese Marke nicht erreichen würde, stand ja schon mit dem 0:0 gegen Köln am dritten Spieltag fest. Seitdem heißt es in der Stadt eben: Warum sollten wir nicht mit elf Punkten aus München heimfahren? Wir mussten die Aussage von Herrn Finke also nur leicht abwandeln. Inhaltlich hatte die ja durchaus Substanz: Kassieren wir gegen Mainz nicht in der 94. Minute den Ausgleich, stehen wir heute tatsächlich bei zehn Zählern.

Andererseits geht der Klub fast sensationell als Tabellenführer der Fußball-Bundesliga in den fünften Spieltag. Wo verorten Sie dieses Ereignis im Lichte der drei Meilensteine der Stadt Paderborn: Der Besuch Karls des Großen, der Besuch von Papst Johannes Paul II. und dem Aufstieg in die Erste Liga?

Es ist einfach unglaublich, dass unser SC Paderborn als Spitzenreiter zu einer der besten Mannschaften der Welt reist. Der heutige Tag wird definitiv in die Stadtgeschichte eingehen. Auf der einen Seite ist er das Resultat einiger glücklicher Umstände, auf der anderen muss man aber auch sagen: Die Mannschaft hat darauf hingearbeitet – wenn auch nicht unbedingt auf die Bundesliga-Tabellenführung, versteht sich.

Michael Dreier, 53, wurde in Paderborn geboren. Der CDU-Politiker ist seit diesem Jahr Bürgermeister der 146 000-Einwohner-Stadt, die derzeit die Fußball-Bundesliga anführt.
Michael Dreier, 53, wurde in Paderborn geboren. Der CDU-Politiker ist seit diesem Jahr Bürgermeister der 146 000-Einwohner-Stadt, die derzeit die Fußball-Bundesliga anführt.
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Haben Sie die Tabelle schon eingerahmt ins Büro gehängt?

Das glauben Sie aber wohl. Ich denke, so ziemlich jeder Paderborner hat die Abrechnung nach dem vierten Spieltag irgendwie festgehalten, als Screenshot zum Beispiel. Bei mir hängt er seit gestern Abend – ich bin erst am Morgen aus Belleville vom 200. Geburtstag unserer amerikanischen Partnerstadt wiedergekommen.

Sie haben das 2:0 über Hannover gar nicht im Stadion verfolgt?

Nicht direkt, nein. Wir waren gerade mit dem Bus auf dem Weg zu einer Stadtführung und mussten mit unseren amerikanischen Freunden den Liveticker bemühen. Es war acht Uhr in der Früh – und die Stimmung riesig.

Haben Sie in den USA mit dem SC Paderborn punkten können?

Ich sage es mal so: Der Bürgermeister von Belleville hat uns zu sich nach Hause eingeladen. In seinem Vorgarten wehte die Fahne des SC Paderborn.

Sie sind seit gerade vier Monaten Bürgermeister Paderborns. Regiert es sich in diesen Tagen besonders entspannt?

Offen gesprochen: ja. Die Westernstraße, unsere Einkaufsmeile, ist komplett beflaggt, jeder spricht über den SC Paderborn, auch der, der sich eigentlich gar nicht für Fußball interessiert. Von dieser Stimmung profitiert hier jeder. Auch ich: Einen besseren Start hätte ich mir nun wirklich nicht wünschen können. Und ich hätte mir nie im Leben träumen lassen, mal Bürgermeister einer Bundesliga-Stadt zu werden.

Ostwestfälisch wird mitunter als Synonym für dröge gebraucht. Erfindet sich der Paderborner gerade neu?

Ich denke nicht, dass wir uns neu erfinden müssen; wir sollten bei unserer Art bleiben. Der Paderborner weiß, was er will, er ist zielstrebig und bodenständig. Und Humor hat er auch. So sollten wir das auch nach außen tragen.

Wann fahren Sie heute nach München in die Arena in Fröttmaning?

Da muss ich passen. Für den heutigen Abend ist eine Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses angesetzt, die ich als Bürgermeister leite. Aber wir werden zusehen, dass wir rechtzeitig fertig sind und dann gemeinsam das Spiel schauen können.

Was wünschen Sie sich für den heutigen Abend?

Im Wahlkampf habe ich immer einen Dreier für Paderborn gefordert. Aber im Ernst: Wir genießen den Moment. Trainer André Breitenreiter vermag diese Denke hervorragend an die Mannschaft weiterzugeben. Zu dieser Auffassung gehört es eben auch, dass wir als Tabellenführer zum FC Bayern München fahren – nichts ist unmöglich.

Wie feiern Sie, wenn es tatsächlich klappt mit einem Sieg oder, sagen wir, einem Punkt?

Ach was, geplant ist nichts. Die Gaststätten werden aus allen Nähten platzen, am Stadion wird eine Menge los sein. Und dann sehen wir mal weiter. Ich verspreche aber: Sollten wir drei Punkte holen, lassen wir uns etwas einfallen.

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Niklas Groß

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