Geplanter Protest gegen RB Leipzig: Warum die Spieler des 1. FC Union sich wehren
Sportlich liegt der 1. FC Union nach dem lockeren Sieg gegen Halberstadt im Plan, doch der geplante Stimmungsboykott gegen Leipzig beschäftigt den Verein.
Eigentlich ist beim 1. FC Union die Welt in Ordnung. Sechs Wochen lang haben sich die Spieler durch die Vorbereitung gequält. Die erste Pflichtspiel-Aufgabe wurde mit dem 6:0-Erfolg in der ersten Runde des DFB-Pokals bei Viertligist Germania Halberstadt souverän gelöst. Doch vor dem Bundesliga-Auftakt am Sonntag (18 Uhr) gegen RB Leipzig beschäftigt den Verein ein geplanter Stimmungsboykott der Fanszene.
Sportlich scheint der 34-Mann-Kader auf den historischen Tag vorbereitet zu sein. „Wir sind fit. Wir haben uns gut vorbereitet“, sagt etwa Abwehrmann Keven Schlotterbeck. „Jetzt wollen wir mit der Bundesliga anfangen und direkt drei Punkte gegen Leipzig einfahren. Das ist das ganz klare Ziel.“ Ein Satz des Torschützen gegen Halberstadt hallt jedoch nach: „Jeder Mann wird gebraucht.“
Denn das gilt im übertragenen Sinn auch für die Fans, nicht nur die männlichen, sondern auch die weiblichen. Doch beim Bundesliga-Debüt wird es im Stadion An der Alten Försterei nicht wie gewohnt 90 Minuten lang laut sein. Die Anfangsphase der Partie gegen Leipzig soll in aller Stille verfolgt werden. Dazu hat zumindest am Freitag Unions älteste und führende Ultra-Gruppierung Wuhlesyndikat (WS) aufgerufen.
Wie schon bei den beiden Zweitliga- Duellen in den vergangenen Jahren soll mit einem Stimmungsboykott gegen das aus Sicht der Union-Anhänger künstlich entstandene Marketing-Konstrukt RB protestiert werden. „Ein Spiel gegen Leipzig ist nicht wie jedes andere“, heißt es im Aufruf der Gruppierung. „Es gilt den Protest weiter konsequent ins Stadion zu tragen und zu zeigen, dass wir mit der Idee vom Fußball in Leipzig, nicht einverstanden sind.“ Geplant ist neben einer „optischen Aktion, die unsere Vorstellungen vom Fußball thematisiert“, die ersten 15 Minuten des Spiels zu schweigen.
Nach einem Alleingang der Ultras vom WS sieht es nicht aus. Die Mehrheit der 63 eingetragenen Fanklubs soll die Entscheidung mitgetragen haben. Mannschaft und Verein wissen über den Boykott Bescheid. Aber sowohl in den Fanforen als auch im Spielerkreis wird darüber kontrovers diskutiert. „Ich sehe das so, dass wir das respektieren müssen“, sagt Kapitän Christopher Trimmel diplomatisch. „Wir wissen auch nicht zu 100 Prozent, wie die Fans denken. Von daher akzeptieren wir das. Wir konzentrieren uns auf die sportlichen Dinge.“
„Ein Boykott wird uns nicht helfen“
Trainer Fischer wird den Sachverhalt noch einmal mit seinen Spielern besprechen. Der Schweizer hat jetzt schon die Vorahnung eines komischen Gefühls. „Normalerweise ist das Stadion ein Tollhaus. Den Unterschied bekommt man dann schon mit“, sagt Fischer. „Es ist gut, dass es nur 15 Minuten sind. Aber es ist nicht schön für uns, die auf dem Platz stehen. Wir lieben es eher, wenn Stimmung im Stadion ist.“
Plakativ drückte Rafal Gikiewicz seine Bedenken aus. Der Keeper, der bekannt dafür ist zu sagen, was er denkt, veröffentlichte bei Instagram ein Foto. Das zeigt ihn auf einem der Capo-Podeste der Ultras in der Alten Försterei. „Euer geplanter Boykott in den ersten 15 Minuten ist nicht gut für uns Spieler. Wir Spieler, zusammen mit euch Fans, müssen unseren Gegnern zeigen, dass das unser Platz ist“, schrieb Gikiewicz dazu. „Ihr könnt alles machen, aber ein Boykott wird uns nicht helfen. Wir brauchen eure Euphorie, eure Gesänge.“ In dieser Form hat wohl noch nie ein Union-Profi Zweifel an Aktionen der eigenen Fanszene geäußert. Im Verein ist die Furcht offenbar groß, dass beim Bundesliga-Auftakt bereits nach 15 Minuten alles gegen Union gelaufen sein könnte.