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Nicht einmal Geister können dieser Tage Bundesligafußball schauen.
© imago images/Revierfoto

Kolumne „Auslaufen mit Lüdecke“: Vorsicht, diese Geisterglosse bitte nicht lesen!

Sie lesen ja doch. Nun gut, unser Kolumnist geht an dieser Stelle der Frage nach, warum ein Geisterspiel nicht einmal die Hälfte wert ist.

Dies ist die erste Geisterglosse des deutschen Sportjournalismus. Sie durfte zwar geschrieben, aber sie darf nicht gelesen werden. Nicht einmal mit Mundschutz. Leider. Da diese Texte in aller Regel von einer Personenanzahl jenseits der 1000 gelesen werden, lässt die allgemeine Gesundheitslage keinen anderen Schritt zu. Nun also ohne Leser. Das ist schade, denn Texte ohne Leser machen natürlich nur halb so viel Spaß.

Es ist wie im Fußball. Beim ersten Geisterspiel der Bundesligageschichte zwischen Gladbach und Köln in der vorigen Woche beklagte sich Schiedsrichter Aytekin bitterlich. Es „fehle irgendetwas“, analysierte der Referee, „und zwar ganz massiv“.

Nach Recherchen der Redaktion muss es sich bei dem, was der Schiedsrichter so schmerzhaft vermisste, um die sogenannten „Zuschauer“ gehandelt haben. Zuschauer haben offensichtlich mehr mit dem Fußballspiel zu tun, als bislang angenommen. Aytekin ging in seiner Analyse sogar so weit zu behaupten, dass ein „Geisterspiel“ mit „Fußball nichts mehr zu tun habe“. Es sei „beängstigend“ und „ohne Fans nicht mal halb so viel wert“.

Deshalb sind die Zuschauer in den DFB-Gremien unterrepräsentiert

Das ist eine alarmierende Entwicklung, und keiner kann derzeit sagen, wo sie noch hinführen wird. Im amerikanischen Basketball, im deutschen Eishockey und sogar im Fußball selbst gibt es inzwischen nicht nur „Geisterspiele“, sondern ganze „Geisterligen“. Im Grunde ist man also schon einen ganzen Schritt weiter. Inzwischen wird der Sport nicht nur ohne Zuschauer, sondern auch ohne Sportler ausgeübt. Das sind Entwicklungen, an die wir uns erst noch gewöhnen müssen.

Aber zurück zur Analyse des Schiedsrichters. Ein Fußballspiel ohne Zuschauer sei nicht einmal halb so viel wert, behauptet er. Na gut. Sagen wir etwa 45 Prozent. Ein Fußballspiel ohne Zuschauer ist nur noch 45 Prozent wert. Das heißt im Umkehrschluss, dass der Beitrag des Zuschauers an einem normalen Fußballspiel bei 55 Prozent anzusiedeln ist. Wenn aber ein normales Fußballspiel zu 55 Prozent durch den Zuschauer gestaltet wird, dann sind die Zuschauer in den Gremien des DFB und der Vereine eindeutig unterrepräsentiert. Schade, dass diese Information beim Leser nicht ankommen kann.

Der Berliner Kabarettist Frank Lüdecke ist Chef der „Stachelschweine“ und schreibt hier normalerweise jeden Montag über die Fußball-Bundesliga.

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