Meine Champions League: Von Leverkusen in die große Welt
Tottenham Hotspur ist einer der besten Geschäftspartner für Bayer 04. Dimitar Berbatow und Heung-Min Son brachten Leverkusen einst viel Geld ein. Nun trifft man sich in der Champions League im direkten Duell.
Lange nichts mehr von Dimitar Berbatow gehört. Der Bulgare war mal einer der gefragtesten Stürmer Europas, aber er wird bald 36, und irgendwann ist auch mal gut. Im vergangenen Sommer ist sein bislang letztes Engagement ausgelaufen, nach vier Toren in 17 Spielen für Paok Thessaloniki. Als vor ein paar Wochen der SSC Neapel Ersatz für den verletzten Arkadiusz Milik suchte, war auch Dimitar Berbatow im Gespräch, aber die Sache hat sich zerschlagen. Vorher ist er auch schon mal in München gehandelt worden, in Bremen und immer mal wieder bei Bayer Leverkusen. Dort, wo die große Karriere begonnen hat.
Berbatow war 20, als er im Sommer 2001 aus Sofia in die Bundesliga kam, und in Leverkusen denken sie immer noch gern an ihn zurück. Vor allem wegen der 68 Tore, die er in 154 Spielen für Bayer geschossen hat. Aber ein bisschen auch für das schöne Geschäft, das mit seinem Namen verbunden ist. Berbatow kam für 2,5 Millionen Euro von ZSKA Sofia und verabschiedete sich für 16 Millionen zu Tottenham Hotspur. Es war eines der besten Geschäfte des früheren Geschäftsführers Reiner Calmund, der das Geld gern mit vollen Händen ausgab und zur Refinanzierung auf die Überweisungen der Bayer AG vertraute. Die Fußballabteilung des Chemiekonzerns war im deutschen Märchensommer finanziell schwer angeschlagen und musste das für Berbatow eingenommene Geld vor allem zur Entschuldung verwenden. Dass Bayer Leverkusen zehn Jahre später wieder ein Stammgast in der Champions League ist, verdankt der Klub auch den Millionen aus Tottenham.
Am Mittwoch spielt Bayer bei den Spurs. Wenn es noch etwas werden soll mit der Qualifikation für das Achtelfinale, müssen die Leverkusener drei Punkte mitnehmen und ihren besten Geschäftspartner ärgern, denn das ist Tottenham bei aller sportlichen Konkurrenz. Was vor zehn Jahren mit Dimitar Berbatow begann, erfuhr im Sommer 2015 eine Fortsetzung. Diesmal war es Heung-Min Son, vor von der Bundesliga in die Premier League wechselte. Für 10 Millionen Euro hatte Bayer den Südkoreaner vom Hamburger SV verpflichtet, um ihn ganze zwei Jahre später für das Dreifache zu verkaufen.
Son wurde in Leverkusen bei jedem Ballkontakt ausgepfiffen
Doch anders als bei Berbatow war Sons Transfer nicht frei von Störgeräuschen. Die Saison hatte schon begonnen, und Bayer stand vor der nicht ganz unwichtigen Champions-League-Qualifikation gegen Lazio Rom, als Son mit seinem Wunsch nach Veränderung vorstellig wurde. Ohne ihn bog die Mannschaft das 0:1 aus dem Hinspiel noch mit einem 3:0 daheim um, aber Sons Reputation war der Wechsel drei Tage vor dem Ende der Transferperiode nicht eben förderlich. „Die ganze Mannschaft ist sehr enttäuscht“, sagte Mittelfeldspieler Hakan Calhanoglu und geißelte den schlechten Stil des Kollegen. Das wirkte schon ein wenig befremdlich, denn Calhanoglu hatte seinen Wechsel aus Hamburg nach Leverkusen ein Jahr zuvor noch sehr viel rücksichtsloser durchgesetzt.
Als die Spurs vor zwei Wochen bei Bayer gastierten, pfiffen die Zuschauer Son bei jedem Ballkontakt aus. Es waren nicht so furchtbar viele, aber die wenigen missrieten fast allesamt, und später erzählte er irritiert: „Das hat mich sehr verletzt!“ Für Son war es der erste Rückschlag in seiner zweiten englischen Saison, die sich sehr viel besser angelassen hatte als die erste, in der sein Stammplatz der auf der Ersatzbank war. Gern hätte er die Spurs in Richtung Wolfsburg verlassen, aber Trainer Mauricio Pochettino verweigerte seine Zustimmung. Son blieb und zeigte mit einjähriger Verzögerung seine atemberaubenden Tempodribblings. Dazu schoss er im September noch vier Tore und wurde als erster Asiate überhaupt zum Spieler des Monats der Premier League gewählt.
Sons Vertrag läuft noch bis 2020, aber vielleicht ist die White Hart Lane auch nur eine Zwischenstation auf einem Weg, wie ihn Dimitar Berbatow gegangen ist. Der Bulgare stürmte zwei Jahre lang für Tottenham, dann investierte Alex Ferguson 38 Millionen Euro in ihn. Für immerhin ein Jahr, bis zu Cristiano Ronaldos Wechsel nach Madrid, war Berbatow der teuerste United-Transfer aller Zeiten.