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Sport: Vom Rand zum Ruhm

Wer als Frau eine Randsportart wie Hockey betreibt, hat nicht viele Möglichkeiten, Schlagzeilen zu schreiben, die über den eigenen Sport hinaus reichen. Eine wäre, sich vor Olympischen Spielen für ein Männermagazin auszuziehen und dann in Talkshows und Zeitungen darüber zu reden, wie ästhetisch und natürlich die Fotos geworden sind.

Wer als Frau eine Randsportart wie Hockey betreibt, hat nicht viele Möglichkeiten, Schlagzeilen zu schreiben, die über den eigenen Sport hinaus reichen. Eine wäre, sich vor Olympischen Spielen für ein Männermagazin auszuziehen und dann in Talkshows und Zeitungen darüber zu reden, wie ästhetisch und natürlich die Fotos geworden sind. Eine andere wäre, noch während der erfolgreichen Karriere einen noch erfolgreicheren Fernsehmoderator zu heiraten. Und dann gibt es noch die Möglichkeit, in 425 Länderspielen 209 Tore zu erzielen und fünf Mal an Olympischen Spielen teilzunehmen. Natascha Keller hat sich für diese Möglichkeit entschieden.

Die Berlinerin ist der personifizierte Beweis dafür, dass sich Leistung auch in Randsportarten lohnen kann. Vielleicht nicht finanziell, aber immerhin zu überregionalem Ruhm und internationaler Ehre kann es einer Hockeyspielerin schon gereichen. Am deutlichsten zeigte sich das im Juli vergangenen Jahres, als Natascha Keller aufgrund ihrer sportlichen Verdienste um den deutschen Hockeysport die Fahne der deutschen Olympiamannschaft bei der Eröffnungsfeier ins Londoner Olympiastadion tragen durfte.

Unmittelbar nach diesem sehr öffentlichen Karriere-Höhepunkt hatte die Berlinerin ihren Rücktritt aus der Nationalmannschaft bekannt gegeben, nun erklärte die 36-Jährige auch ihre Karriere in der Bundesliga für beendet. Dass die Olympiasiegerin von 2004 vermisst werden wird, nicht nur von ihrem Berliner Hockey-Club, versteht sich von selbst. Sie tritt als Hockey-Ikone ab, wie die Deutsche Presse-Agentur schreibt.

Natascha Keller will erst mal Abstand gewinnen vom Hockey, ein bisschen Tennis spielen oder Golf. Ein gewöhnungsbedürftiger Gedanke für die überschaubare deutsche Hockeyszene: Muss sie künftig womöglich ohne einen oder eine Keller auskommen?

Dabei war fast immer irgendein Mitglied der Familie dabei, wenn es etwas im Hockey zu gewinnen gab. Das galt schon 1936 für die Olympischen Spiele in Berlin, als Nataschas Opa Erwin Silber gewann. Vater Carsten steigerte sich 1972 in München zu Gold, und auch ihre Brüder Andreas und Florian kehrten von den Olympischen Spielen 1992 und 2008 nicht ohne eine goldene Medaille zurück. Und das soll nun vorbei sein?

Wohl nicht ganz. Ihre Neffen und Nichten spielen bereits in Bundesligateams. Und Natascha Keller selber hat erklärt, nicht ausschließen zu wollen, dass sie helfen werde, wenn sie im Hockey gebraucht werde. Den Trainerschein hat sie.

Benedikt Voigt

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