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Big Ben und Bayern. Früher nahm in England niemand von der Bundesliga Notiz. Doch inzwischen wenden sich immer mehr dem deutschen Fußball zu. Foto: dpa/Montage Streuber
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Bayern-Fan aus England: Vom Außenseiter zum Hipster

Kit Holden ist Brite – und schon seit Kindesalter Bayern-Fan. Früher wurde er deshalb komisch angeguckt, doch vor dem deutschen Finale in London entdeckt England die Bundesliga und unser Autor sieht sich plötzlich in einer ganz neuen Situation.

Einer meiner frühesten klaren Erinnerungen ist die an den FC Bayern München. Ich war fünf Jahre alt, ich saß in dem kleinen Wohnzimmer unseres Hauses in Northampton, und ich weinte. Teddy Sheringham und Ole Gunnar Solskjaer hatten mein Herz gerade zerbrochen. Manchester United, die bösen roten Teufel, hatten meinen Helden geschlagen, im Champions-League-Finale 1999. Mein Vater, der weder Bayern- noch United-Fan war, jubelte. Alex Ferguson wurde eine kurze Zeit später für geleistete Dienste am englischen Fußball von der Queen zum Ritter geschlagen. Bis heute fällt es mir schwer, ihn als Sir Alex Ferguson zu bezeichnen.

Dreizehn Jahre danach saß ich in einer kleinen Kneipe in Cambridge. In einem blauen Meer saß ich, als die Bayern zum Elfmeterschießen gegen Chelsea antraten. Sonst gab es nur drei Menschen in der Kneipe, die für Bayern waren: zwei verlorene Deutsche und ein merkwürdiger, besoffener Schweizer. Als Didier Drogba seinen Elfmeter verwandelte, ging ich sofort. Ich lief drei Kilometer ohne anzuhalten und rauchte zehn Zigaretten am Stück.

Später am selben Abend sagte mir ein wohlmeinender englischer Freund: „Ist doch nicht so schlimm. Zumindest hat die englische Mannschaft gewonnen.“ Ich war sehr nah daran, ihn zu schlagen. Es ist schlecht, ein Champions-League-Finale zu verlieren. Es ist die Hölle, das gegen eine englische Mannschaft zu verlieren.

Es ist die Hölle, weil ich Engländer bin. Als ich vier Jahre alt war, schickte mir meine Tante, die damals in München wohnte, ein Bayern-Trikot. 1999 sind wir dorthin in Urlaub gefahren, und ich bin mit meinem Vater zum ersten Mal ins Olympiastadion gegangen. Bayern besiegte Werder Bremen mit 1:0 durch ein Tor von Carsten Jancker. Ich hab mich in den FC Bayern und Jancker verliebt. Meine Liebe zu Jancker ist inzwischen irgendwie verschwunden, aber die zum FC Bayern geblieben. Hätte meine Tante mir ein 1860-Trikot geschickt, wäre ich ein Löwe. Hätte sie damals in Hamburg gelebt, wäre ich HSV-Fan. Aber es ist nicht so gewesen. Ich bin Bayern-Fan. Und auch wenn ich objektiv gegen die Transferpolitik meines Vereins bin; auch wenn ich objektiv die Bundesliga nicht nur von einer Mannschaft dominiert sehen will, werde ich immer Bayern-Fan sein.

In Allgemeinen ist es einfacher, englischer Bayern-Fan als deutscher Bayern-Fan zu sein. Auch wenn es außerhalb von London fast unmöglich ist, Bundesliga-Spiele in der Kneipe anzuschauen. Wenn Bayern verliert, erfährt man hier normalerweise nichts davon, und ich muss mich normalerweise nicht verspotten lassen. Zudem wirft mir hier niemand vor, Erfolgsfan zu sein. Die meisten denken einfach, dass ich komisch bin. Obwohl der FC Bayern weltweit bekannt ist, kann man in England nicht verstehen, wieso ein Engländer Anhänger einer deutschen Mannschaft ist. Als Sechsjähriger habe ich mal meinem Fußballtrainer gesagt, dass ich als Linksverteidiger spielen wollte, weil Bixente Lizarazu mein Lieblingsspieler war. „Lizarazu ist ein großes französisches Mädel“, meinte er, und stellte mich ins Mittelfeld.

Manchmal ist die Reaktion noch feindseliger. Letztes Jahr lief ich in einem rot-weißen Schal an einer Kneipe vorbei, als ein großer, bedrohlich wirkender Manchester-United-Fan auf mich zukam.

„Hey du. Bist du ein Liverpool-Fan?“

Ich antwortete höflich, ich sei Bayern-Fan. Ich hätte lieber Ja gesagt. Deutscher Fan zu sein war für ihn noch schlechter, als Liverpool-Fan zu sein. Er hat mich bis zum Ende der Straße gejagt.

Es gibt aber auch die kleinen Freuden, die der normale, deutsche Bayern-Fan nicht genießen darf. In Deutschland muss man in irgendeiner Stadt nur ein paar hundert Meter laufen, um ein Bayern-Trikot zu sehen. In England ist es kaum zu finden. Noch besser dann, wenn eins in einer kleinen Ecke des Sportgeschäfts zu finden ist. Oder der kleine Moment der überraschten Anerkennung, wenn man einen anderen Bayern-Fan auf der Straße sieht.

Die größte Freude aber gibt mir der Sieg über einen englischen Gegner. Fußball mag eine Sucht sein, die auf geteilten Emotionen basiert, aber es ist etwas Besonderes, der einzige Fan der gewinnenden Mannschaft zu sein in einer Kneipe voller Verlierer. Besonders, wenn diese Verlierer dir stundenlang ihre besten Nazi-Witze erzählt haben.

Ich bin sicherlich nicht der einzige Bayern-Fan in England. Der Ruf des Vereins ist auch international gut genug, ein paar Tausend Fans hier zu haben. Und die Zahl der Fans steigt. Manche englischen Fußballanhänger sind vom ungezügelten Markt der Premier League desillusioniert; sie schauen jetzt in Richtung Deutschland, auf ein anderes finanzielles System, in dem die Fans offenbar immer noch eine Stimme haben. Andere sind einfach nur beeindruckt vom fantastischen Fußball, den der FC Bayern und Borussia Dortmund in dieser Champions-League-Saison gespielt haben. Das sah man auch in den Reaktionen der Presse darauf, dass beide Klubs zum rein deutschen Duell zum Finale nach London kommen.

Die Bundesliga ist jetzt Hipster in England. Für mich ist es, als ob die ganze Welt meine Lieblingsband erst jetzt entdeckt hat. Ich kannte die Bundesliga, bevor sie berühmt wurde.

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