zum Hauptinhalt
Schiri, wir hören nichts. Vielleicht braucht es bald keine Referees in der Bundesliga mehr, weil alle Spiele in Köln vom Bildschirm aus geleitet werden.
© dpa

Auslaufen mit Lüdecke: Videobeweis: Ich sehe was, was du nicht siehst

Der Videobeweis stiftet in der Bundesliga nur noch Verwirrung. Da könnten doch gleich die Zuschauer per Smartphone entscheiden: Elfmeter? Ja oder nein?

Diese Glosse, liebe Leserinnen und Leser, befindet sich nun im fünften Jahr – und jedes Mal gab es denselben Deutschen Meister. Das ist für die sportliche Attraktivität und die Spannung nicht so toll. Vor ein paar Spieltagen hatte Dortmund noch fünf Punkte Vorsprung, dann hat diese besagte Meister-Mannschaft Jupp Heynckes als Trainer reaktiviert und – zack! – nun ist sie ihrerseits sechs Punkte vor Dortmund. Ich meine, andere Mannschaften haben auch den Trainer gewechselt. Werder Bremen etwa. Trotzdem haben die Bremer noch kein einziges Spiel in der Liga gewonnen.

Man kann ja im Grunde froh sein, dass der Videobeweis eingeführt wurde. Das gibt wenigstens Gesprächsstoff. Der Videobeweis ist ja deshalb eingeführt worden, weil man der Ansicht war, dass die Schiedsrichter zu viele Fehler machen. Das hat im Grunde auch funktioniert. Die Schiedsrichter machen jetzt weniger Fehler, weil die Aufgabe, Irrtümer zu begehen, jetzt von den Videoschiedsrichtern übernommen wird.

Vielleicht brauchen wir bald gar keine Schiedsrichter mehr

Das funktioniert ausgezeichnet. Mal greifen die Videoschiedsrichter ein, wo gar nix war. Dann sagen sie nix, wo es angebracht gewesen wäre. Oder es fällt ihnen erst Minuten später irgendetwas auf. Und neuerdings korrigieren sie sogar die richtigen Entscheidungen des Unparteiischen, also die Verwirrung ist komplett. Es scheint so, als sei für die (menschlichen) Fehler der Schiedsrichter einfach eine neue Ebene eingerichtet worden. Eine Verlagerung von Fehlermöglichkeiten auf eine höhere Stufe sozusagen. Erst sollten die Videoschiedsrichter nur bei „klaren“ Irrtümern eingreifen. Jetzt tun sie es schon bei „strittigen“ Szenen. Vielleicht brauchen wir bald gar keine Schiedsrichter mehr, weil alle Spiele in Köln vom Bildschirm aus geleitet werden.

Damit sind nicht alle einverstanden. Die meisten Trainer sagen, sie finden den Videobeweis eigentlich gut, aber eigentlich doch auch nicht. Im Fernsehen hat Johannes B. Kerner angeregt, man könnte die umstrittenen Szenen doch auch im Stadion zeigen. Das finde ich gut. Vielleicht könnte man dann auch die Zuschauer in die Entscheidung mit einbeziehen, indem sie per Smartphone live abstimmen. Elfmeter? Ja oder nein? Fragen sie mal in der Ostkurve.

Denn Fehler machen, das können auch Zuschauer ganz ausgezeichnet. Und der Zuschauer kann auch viel schneller entscheiden als der Videoschiedsrichter, weil der Zuschauer ja gar nicht erst den Anspruch hat, objektiv zu sein. Hauptsache die Entscheidung ist im Sinne der eigenen Mannschaft. Der DFB überlegt noch.

Der Berliner Kabarettist Frank Lüdecke schreibt hier jeden Montag über die Fußball-Bundesliga.

Frank Lüdecke

Zur Startseite