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Manipulationsvorwürfe. Germania Halberstadt steht im Fokus.
© Marius Becker/dpa

Fußball-Regionalliga Nordost: Versuchte Spielmanipulation: Die Spur führt nach China

Neue Erkenntnisse zum Manipulationsversuch vor dem Regionalliga-Spiel in Babelsberg. Er könnte Teil einer großen Betrugsmasche im Fußball sein.

Almedin Civa sollte Recht behalten. Als der Trainer des SV Babelsberg 03 im vergangenen November nach dem Fußball-Regionalligaspiel gegen Germania Halberstadt öffentlich machte, dass es im Vorfeld der Partie Manipulationsversuche gab, indem zwei seiner Spieler Geld für eine absichtlich sportlich schlechte Leistung angeboten worden sei, fürchtete er, dass dies die ganze Regionalliga beschäftigen werde.

Auch beim Nordostdeutschen Fußballverband (NOFV) sprachen leitende Funktionäre bald darauf von einer „sehr unschönen Sache“. Es dürfte weitaus mehr sein. Wie die Magdeburger „Volksstimme“ berichtet, soll ein deutsch-chinesischer Sportvermarkter versucht haben, Spieler und Spiele zu manipulieren.

Längst untersuchen die Strafermittlungsbehörden den Fall. Zunächst wurde die Staatsanwaltschaft Neuruppin mit dem Schwerpunkt „Korruption“ tätig. Nach der umfangreichen Medienberichterstattung im Dezember nahm sie von Amtswegen die Ermittlungen auf und hatte Mitarbeiter des Landeskriminalamtes Brandenburg (LKA) zur Zeugenvernehmung ins Babelsberger Karl-Liebknecht-Stadion geschickt. Inzwischen hat die Staatsanwaltschaft Magdeburg die zentralen Ermittlungen übernommen.

Wettbetrüger als Sponsoren getarnt

In den Fokus der Ermittlungen war anfangs der Halberstädter Sportdirektor Andreas Petersen gerückt. Er hatte zugegeben, zwei Babelsberger Spieler, die einst für Germania kickten, im Vorfeld des Ligaspiels kontaktiert zu haben. Dies nannte er aber einen „Jux“, um die Sportler „etwas zu locken und zu verunsichern“. Einen angeblichen Bestechungsversuch wies er vehement zurück.

Die Spieler indes haben nach Informationen der Potsdamer Neuen Nachrichten (PNN) die vermeintliche Offerte gegenüber dem LKA bestätigt. Insgesamt sollen 12.000 Euro angeboten worden sein, damit die Spieler „die Füße hochnehmen“, wie SVB-Coach Civa es ausgedrückt hatte. Schon frühzeitig wurde spekuliert, ob es sich um eine mögliche Wett-Manipulation handeln könnte, hinter der ein möglicher Sponsor stecken könnte. 

Weiter im Fokus: Halberstadts Andreas Petersen.
Weiter im Fokus: Halberstadts Andreas Petersen.
© imago/Björn Draws

Pikant: Der jetzt ins Visier geratene chinesische Sportvermarkter, der eine deutsche Dependance in Wernigerode hat, ist seit 30. November 2018 offizieller Partner bei Germania Halberstadt. Also exakt seit dem Tag des Spiels in Babelsberg. Eine entsprechende Kooperationsvereinbarung wurde feierlich unter anderem im Beisein von Halberstadts Oberbürgermeister Andreas Henke (Die Linke) unterschrieben. Durch die „strategische Zusammenarbeit“ solle „die Förderung des Nachwuchses noch stärker und effizienter vorangetrieben werden“, hieß es danach in einer Club-Mitteilung.

Auf der Internetseite der chinesischen Agentur ist auch eine Video-Grußbotschaft für ein im vergangenen Sommer von ihr organisiertes Jugendturnier in Wernigerode zu finden: Es grüßt der Freiburger Bundesligastürmer Nils Petersen, Sohn von Halberstadt-Sportdirektor Andreas Petersen. 

Chemnitzer FC meldete unmoralisches Angebot

Auch beim Regionalliga-Spitzenreiter Chemnitzer FC wurde der Sportvermarkter vorstellig. Der CFC bestätigte ein Treffen. Vertreter der Agentur sollen Ende November angereist sein, um im Chemnitzer Stadion VIP-Logen anzumieten. Später hätten sie über Möglichkeiten der „Refinanzierung“ sprechen wollen. Laut „Bild“-Zeitung sollte Chemnitz „sichere Siege“ telefonisch anmelden – nach einem gewonnenen Spiel würde es dann neben der Logenmiete einen Bonus von 60.000 Euro geben. Für die Sachsen ein unmoralisches Angebot. Sie brachen die Gespräche ab, informierten den NOFV und die Staatsanwaltschaft. 

Als der SV Babelsberg 03 eine Woche nach dem Halberstadt-Match in Chemnitz spielte, äußerte dessen Trainer David Bergner öffentlich Respekt gegenüber dem SVB für dessen offenen Umgang mit dem mutmaßlichen Manipulationsversuch – damals war noch nicht bekannt, dass der CFC offenbar ebenso betroffen war. Laut „Volksstimme“ sollen auch andere Regionalligavereine vom dem Unternehmen, das bislang für eine Stellungnahme nicht zu erreichen war, angesprochen worden sein. NOFV-Präsident Erwin Bugar sagte indes dem MDR: „Von weiteren Vereinen ist mir nichts bekannt.“ 

Dass Wettbetrüger als Investoren getarnt in Vereine drängen, ist nicht neu. Bereits vor anderthalb Jahren berichtete das Nachrichtenmagazin „Spiegel“, wie Wettpaten aus Asien Millionen-Summen mit manipulierten Spielen verdienen. Vor allem klamme Vereine oder unterklassige Klubs mit sportlichen Ambitionen gehören zum Beuteschema der Wett-Mafia. Für den NOFV als Regionalverband des Fußball-Nordostens wäre das eine Dimension, die er mit seinen Mitteln nicht beherrschen würde. Von einem „Jux“, der vor dem Sportgericht landet, sind die aktuellen Entwicklungen und Enthüllungen weit entfernt.

Für den kommenden Freitag hatte der NOFV zu einer Sitzung seines Sportgerichts geladen, um die angeblichen Manipulationsverwürfe im Fall des SV Babelsberg 03 und Germania Halberstadt zu verhandeln. Der Termin ist zunächst abgesagt. Die Sache scheint weitaus größer, als von einigen Verbandsfunktionären vielleicht erhofft. 

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