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Das gibt es doch alles nicht! Vedad Ibisevic während des Spiels in Gladbach.
© dpa

Kolumne: Auslaufen mit Lüdecke: Verdammte *******!

Unser Kolumnist Frank Lüdecke verzweifelt an Hertha BSC. Und beschäftigt sich daher unter anderem mit Wasserball.

Heute übe ich Selbstkritik. Ich dachte immer, ich wäre unfehlbar – stimmt aber gar nicht. Letztes Wochenende sah ich im Olympiastadion ein so genanntes Heimspiel von Hertha BSC. Diese Begegnung, in der keine Tore fielen, war so was von XXXXXXX (Begriff der Redaktion bekannt), dass ich ungewohnte Verhaltensweisen an mir beobachtete.

Ich musste stark mit mir kämpfen, nicht Verbalinjurien ins weite Rund zu schleudern, die in der aktuellen Jugendsprache ihre Berechtigung besitzen. Und dann kam mir ein Gedanke, den ich schon öfters hatte. Mir wäre es lieber, dachte ich, Hertha verliert, aber bietet uns Zuschauern zumindest ein attraktives Spiel mit vielen tollen Szenen, als ein Unentschieden mit Qualitätsmerkmalen aus der Bezirksliga.

Ich fand insgeheim, dieser Gedanke verleiht meinem Fandasein eine gewisse individuelle Note. An diesem Wochenende nun wurde mein Gedankenkonstrukt einem Praxistest unterzogen. Denn Hertha bot ein richtig gutes Auswärtsspiel. Man kombinierte, teilweise wurden die Bälle mit einem (!) Kontakt weitergeleitet. Es wurden prima Torszenen herausgearbeitet, man war das deutlich bessere Team und am Schluss hatte man 1:2 verloren.

Nach meiner Theorie hätte ich sehr zufrieden sein müssen. Aber was war? Tatsächlich habe ich mich noch mehr geärgert. Ich bekam sogar richtig schlechte Laune. Wie konnte man gottverdammtnochmal dieses Spiel nur verlieren?! Das ist doch absolute YYYYYYYY (auch dieser Begriff der Redaktion bekannt)!

Nun fragte ich mich: Bin ich möglicherweise doch ein verkappter Verfechter des ergebnisorientierten Grottenkicks? Liebe ich das Ergebnis mehr als das Spiel selbst?

Von der Meisterschaft nimmt niemand Notiz

Ach ja, die Bayern sind Deutscher Meister geworden. Sie sind enttäuscht, weil es wieder mal erst nach Ostern geklappt hat. Von der Meisterschaft nimmt niemand Notiz. Die Bayern nicht, weil sie größere Ziele haben und alle anderen, weil sowieso alles klar ist. Die Bundesliga ist für Bayern München das, was für Hertha ein Trainingslager in Bad Saarow bedeutet. Eine Vorbereitung auf etwas Anderes, Wichtiges. Und in diesem Bereich der Vorbereitung, des noch nicht Wichtigem, bewegt sich Hertha BSC in der Sphäre des Durchschnitts. Für oben zu schlecht, für unten zu gut.

Nach solchen Wochenenden ertappe ich mich manchmal bei einer Übersprungshandlung. Obwohl ich mich für diese Sportarten weniger interessiere, schaue ich mir dann andere Bundesligatabellen an und suche gezielt nach den Berliner Vertretern: Eishockey, Wasserball, Hand- und Basketball. Was ist nur mit mir los, frage ich mich? Und dann fand ich einen Begriff, der meinen Zustand ganz gut beschreibt. Er lautet: Ungeduld.

Der Berliner Kabarettist Frank Lüdecke schreibt hier montags über die Fußball-Bundesliga. Mit seinem aktuellen Programm „Über die Verhältnisse“ ist er am 14. April bei den „Wühlmäusen“ und am 15. April in der „Distel“ zu sehen.

Frank Lüdecke

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