Aus dem Tagesspiegel-Archiv: Uwe Krupp im Interview vom 30. Januar 2000
Im Jahr 2000 gab Uwe Krupp dem Tagesspiegel ein ausführliches Interview. Damals konnte er sich noch nicht vorstellen, einmal Trainer zu werden. Wie sich die Zeiten ändern. Lesen Sie hier noch mal das Gespräch mit Eisbären-Reporter Claus Vetter im Wortlaut nach.
Am vergangenen Wochenende wurde der Eishockeyspieler neben Udo Kießling(34) zum besten deutschen Verteidiger des vergangenen Jahrhunderts gekürt. Der gebürtige Kölner spielt seit 14 Jahren in der nordamerikanischen Profiliga NHL. 1996 gewann er als bislang einziger Deutscher den Stanley-Cup. Zur Zeit befindet er sich mit den Detroit Red Wings in einem Rechtsstreit. Mit Uwe Krupp sprach Claus Vetter.
Sie haben nach fünf Jahren erstmals wieder Spiele der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) gesehen. Was hat sich seit Ihrem kurzen Gastspiel in Landshut 1994 in der DEL verändert?
Das ist ein ganz anderes Spiel geworden. Es gibt den klassischen Verteidiger nicht mehr, weil das Zwei-Linien-Abseits abgeschafft ist. Als ich während des Lock-outs hier gespielt habe, galten noch die alten Regeln. Und natürlich gab es das Bosman-Urteil nicht. Ich denke, dass die DEL inzwischen nach der NHL die beste Liga ist, obwohl Vergleiche schwer sind.
Wie sieht es mit Ihrer Verletzung aus, werden Sie noch einmal für Detroit spielen können?
Meine Situation bei den Red Wings ist vage, ich kann nicht viel dazu sagen. Wir sind momentan vor dem Schiedsgericht. Ich habe einen Vier-Jahres-Vertrag, bin aber darin nicht gegen Berufsunfähigkeit versichert. Also ist das eine finanzielle Angelegenheit. Aber wenn ich dieses Jahr nicht mehr fit werde, dann ist es wohl vorbei.
Sie haben sich einmal dahingehend geäußert, dass es für Sie nicht in Frage käme, die Karriere in Deutschland ausklingen zu lassen. Bleibt es dabei?
Man soll nie nie sagen. Wenn meine Karriere in Nordamerika vorbei ist, heißt das nicht, dass ich vom Eishockey genug habe. Da wäre schon die Möglichkeit, noch ein Jahr in Deutschland dranzuhängen. Aber wenn ich Sportinvalide werde, geht das natürlich nicht.
Dem deutschen Eishockey mangelt es an Stars. Könnten Sie nicht ein wenig Entwicklungshilfe leisten?
Das stimmt, hier gibt es zur Zeit keine großen Stars, aber das liegt nicht an mir. Der Udo Kießling, der ist hier doch viel bekannter als ich. Nein, ich glaube in Deutschland sind nicht die Spieler die Stars, sondern die Journalisten. Die entscheiden darüber, wer populär wird. Und leider ist da vieles zu negativ. Am Freitag habe ich das 5:1 der Rosenheimer gegen Köln gesehen. Und als ich am nächsten Tag die Zeitung aufschlug, da lese ich in der Überschrift nichts darüber, dass Rosenheim sensationell den Tabellenführer geschlagen hat, sondern da wird kritisiert. Und wenn ein Unternehmen wie die Anschütz-Gruppe die Eisbären kauft, dann machen die das nicht, weil Eishockey ihr Hobby ist. Die wollen Geld verdienen, also den Verein und damit den Sport erfolgreich machen.
Sie schließen aber eine Rückkehr in die alte Heimat nicht aus?
Nein, obwohl ich schon denke, dass ich nach meiner Karriere in Nordamerika bleiben möchte. Was mich reizen würde, wäre die Arbeit mit dem Nachwuchs. Ich war schon einmal während des Sommers in Füssen und habe dort beim Deutschen Eishockey Bund beim Nachwuchstraining reingeschnuppert. So etwas ist doch interessanter, als einem 25-jährigen Millionär zu erklären, wie er den Schläger zu halten hat. Ein gestandener Eishockey-Profi lernt nichts mehr dazu. Da bist als Coach kein Ausbilder, sondern nur Motivator. So etwas interessiert mich nicht.
Würden Sie jungen Talenten empfehlen, ihr Glück in Nordamerika zu versuchen?
Ich habe mich damals durchgebissen. Die Zeit im Farmteam war sehr lehrreich. Ob ich aber talentierten Jugendlichen raten würde, nach Amerika zu gehen, weiß ich nicht. Wenn du in der Juniorenliga spielst, kassierst du 40 Dollar die Woche, wohnst bei einer Gastfamilie und sitzt die Hälfte der Zeit im Bus. Das ist hart. Härter, als in der DEL auf der Bank zu sitzen und ein Vielfaches zu verdienen. Andererseits durchläufst du als junger Spieler eine sehr gute Schule.
In der NHL gibt es keine Ausländerbeschränkung, dort interessiert es doch keinen, ob man den Stanley-Cup mit fünf Russen gewinnt oder nicht.
Das stimmt, aber dort ist die Situation anders. Die Nachwuchsarbeit ist so gut, dass immer Spieler nachkommen, besonders in Kanada. Als ich zum Beispiel in Quebec spielte, drehte sich alles um Eishockey. Jedes Kind, ob Junge oder Mädchen, spielt da Eishockey. So etwas gibt es in Deutschland nicht. Und wenn die Quantität schon nicht da ist, dann muss man sich wenigstens darum bemühen, die Qualität zu fördern. Ich meine, dass in der DEL zu viele Ausländer spielen, man sollte mehr jungen Deutschen eine Chance geben.