Fazit zur Fußball-WM in Kanada: USA im Frauenfußball-Fieber
Guter Fußball, große Begeisterung in den USA: Die WM-Bilanz von Kommentatorin Ariane Hingst fällt positiv aus.
Die US-amerikanische Nationalhymne, vorgetragen von der ehemaligen Nationalspielerin Ariane Hingst, tat weh. Vielen Millionen TV-Zuschauern und wohl auch Ariane Hingst selbst. Dennoch fällt die persönliche WM-Bilanz von Hingst glänzend aus. Sie unterhält mit ihren Analysen ein Millionenpublikum. Bis zu zwölf Millionen Zuschauer in der Spitze verfolgen die Spiele bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Kanada live im TV. Frauenfußball erfährt in diesen Wochen die Aufmerksamkeit, die er in ihren Augen verdient. In den USA jedenfalls ist das der Fall.
Die 35-Jährige arbeitet für den US-Sender Fox Sports als Expertin neben US-Fußballlegenden wie Heather Mitts oder Alexi Lalas. Letzterem hatte sie auch ihre Gesangseinlage zu verdanken. Der wettete im Halbfinale auf einen Sieg der Amerikanerinnen, Hingst setzte auf die Deutschen. Und wenn schon die Mannschaft von Trainerin Silvia Neid den Amerikanerinnen nichts antun konnte, so konnte es doch Hingst ein wenig mit ihrer Version von „The Star-Spangled Banner".
Hingst unterrichtete die Amerikaner mit amerikanischen Selbstbewusstsein darüber, dass die Deutschen Weltmeister würden. Die kecke Art der gebürtigen Berlinerin kam gut an beim TV-Publikum. Warum aber Deutschland am Ende doch nur gegen England um Platz drei spielte, darüber ist in diesen Tagen viel geredet und diskutiert worden. „Ich hatte den Eindruck, dass Plan A nicht aufging, und dann fiel der Mannschaft nichts mehr ein“, sagt Hingst über das Spiel der Deutschen gegen die USA. Hingst sagt aber auch: „Deutschland hat das Halbfinale erreicht. Und das zu schaffen, ist schon einmal gut.“
In Deutschland sehen das nicht alle so. Aber hat Silvia Neid, wie ihr viele vorhalten, im Spiel gegen die USA zu starr am System festgehalten? Hatte sie keinen Plan B? Wer weiß das schon. Es sind Detailfragen. Vermutlich findet man den übergeordneten Grund für das Ausscheiden der Deutschen gegen die USA eben im Studio von Fox Sports.
„Vergleicht man das Medienaufkommen in Deutschland in Sachen Frauenfußball mit dem der USA, dann ist das geradezu lächerlich“, sagt Hingst. Das immense Medienaufkommen ist freilich ein Gradmesser für den Stellenwert des Frauenfußballs in den USA. Und der ist wesentlich höher als in Deutschland, Hingst jedenfalls hatte noch einmal ihren großen Auftritt als TV-Expertin, als die USA im Finale Japan bezwang. Sie sah die Amerikanerinnen vor dem Spiel klar in der Favoritenrolle, weil sie so gut verteidigten. Vor allem aber: „Weil sie so heiß auf den Titel sind.“
Die Turnierbilanz fällt bei Hingst positiv aus. Qualitativ hochwertiger Fußball sei gespielt worden. Auch sei es gut gewesen, das Turnier auf 24 Teams aufzustocken. „In Ländern wie der Elfenbeinküste wird der Frauenfußball durch die WM einen Boom erleben“, glaubt sie. Lediglich die Schiedsrichter hätten enttäuscht. „Sie haben sich im Gegensatz zu den Spielerinnen nicht weiterentwickelt“, sagt Hingst. „Hier ist der Weltverband gefordert.“ Die Fifa und ihr Präsident Joseph Blatter haben allerdings bekanntermaßen im Moment ganz andere Sorgen.