zum Hauptinhalt
Bald Team-Kollegen? Timo Werner (r.) könnte im Sommer zum FC Bayern und Niklas Süle wechseln.
© dpa

Leipzigs Timo Werner: Unberechenbarkeit hat ihren Preis

Die Bayern werden schon seit Monaten als künftiger Arbeitgeber von Leipzigs Nationalstürmer Timo Werner gehandelt – doch wie ernst ist ihr Interesse?

Es ist gar nicht schlecht für einen Fußballstürmer, wenn sein Gegner nicht weiß, was er als nächstes vorhat, welchen Haken er schlägt, ob er sich links- oder rechtsherum davonmachen will. Timo Werner hat auf diese Weise schon so manchen Gegner vernascht oder zur Weißglut getrieben. Der 23 Jahre alte Nationalstürmer von RB Leipzig lebt zwar auch von Automatismen, wie es so schön heißt, von einstudierten Lauf- und Passwegen. Doch ein Stürmer braucht nicht zuletzt seine Instinkte, seine Intuition, seine Unberechenbarkeit.

Zu begutachten wird das alles am Samstagabend sein, wenn sich im Berliner Olympiastadion Werners Team aus Leipzig und Bayern München im Pokalfinale gegenüberstehen. Gerade für Werner hat dieses Duell eine gewisse Pikanterie. Trägt er im Endspiel vielleicht zum letzten Mal das Trikot der Leipziger? Und wechselt er im Anschluss direkt zum Finalgegner? Die Konstellation birgt Zündstoff. Vielleicht ist das der Grund, weshalb Werner und der FC Bayern sich dazu noch nicht geäußert haben.

Gefühlt seit Monaten gilt es als ausgemacht, dass Werner zum FC Bayern wechseln wird. Aller Voraussicht nach in diesem Sommer und nicht erst im kommenden, wenn sein Vertrag mit den Leipzigern ausläuft. Aber genau da liegt der Knackpunkt. In einem Jahr wäre Werner, dessen Marktwert auf rund 65 Millionen Euro taxiert wird, ablösefrei. In diesem Sommer könnte RB Leipzig also noch Geld für ihn kassieren.

Nur weiß derzeit niemand so recht, was genau Timo Werner plant – und was der FC Bayern. Noch hat sich niemand vom Rekordmeister bei den Sachsen gemeldet. Der Stürmer selbst äußert sich zu diesem Thema seit Wochen nicht mehr. Das Einzige war, dass er seinem bisherigen Arbeitgeber vor geraumer Zeit hat wissen lassen, dass er das ihm unterbreitete Angebot zur Vertragsverlängerung nicht annehmen wolle. Das wiederum hat intern einigen Knatsch in Leipzig ausgelöst. „Unsere Position ist die, dass er wechseln soll, wenn er den Vertrag nicht verlängert“, hat gerade eben erst Leipzigs Sportdirektor und Noch-Trainer Ralf Rangnick gesagt. Soll heißen: Wenn er nicht bei uns verlängert, soll er – bitteschön – doch jetzt wechseln, wenn er noch Geld einbringt.

Werner erzielte in 93 Ligaspielen 50 Tore für RB

Auch der künftige Leipziger Trainer Julian Nagelsmann hat sich in der Werner-Frage bereits zu Wort gemeldet: Dieser sei ein sehr guter Stürmer, „den man gerne behält, aber die Vertragssituation ist ja klar“. Vor allem aber sei Werner ein Spieler, „der grundsätzlich nicht ablösefrei gehen sollte“.

Sicher ist, dass der Nationalspieler ein gefragter Stürmer ist, mutmaßlich der derzeit beste deutsche. Allein in dieser Spielzeit hat er in Bundesliga und Pokal 19 Tore erzielt und weitere acht vorbereitet. Insgesamt sind ihm für RB in 93 Ligaspielen 50 Tore gelungen, 26 hat er vorbereitet. Mit der deutschen Nationalmannschaft gewann er 2017 den Confed-Cup, in bisher 24 Länderspielen traf er neun Mal. „Timo hat eine fantastische Entwicklung genommen“, sagte Rangnick, „er ist den Weg gegangen, aber wir haben auch unseren Anteil daran. Bei uns ist er Nationalspieler geworden.“

Vor drei Jahren war Werner vom damaligen Absteiger VfB Stuttgart zu RB Leipzig gewechselt. In seiner ersten Spielzeit erzielte er für den Bundesliganeuling 21 Tore, womit er großen Anteil an der Vizemeisterschaft und der direkten Champions-League-Qualifikation hatte.

Trotzdem haben die Leipziger für Werner nun die Tür geöffnet. Man sei bereit, ihn für eine „marktübliche Ablöse“ ziehen zu lassen. Doch dazu braucht es einen aufnehmenden Verein. Die Frage ist, ob die Bayern ihn schon jetzt holen wollen, vermutlich zu Konditionen, die ihnen wohl kaum gefallen dürften, wenn ihnen der Spieler im kommenden Sommer ablösefrei zufallen würde. Angeblich soll er mit den Bayern grundsätzlich übereingekommen sein. „Wenn man in Deutschland bei RB Leipzig spielt und in Deutschland bleiben will, gibt es nur einen Verein, zu dem man wechseln kann“, hatte Werner bereits um den Jahreswechsel vielsagend angedeutet.

Die Bayern haben bereits einen dreistelligen Millionenbetrag Zugänge ausgegeben

Wie zu hören ist, kommt für den gebürtigen Stuttgarter ein Wechsel ins Ausland noch nicht in Frage. So soll es für ihn Anfragen aus England (unter anderem Liverpool) und ziemlich konkret von Atletico Madrid gegeben haben. Bleibt die Frage, wie ernst es die Bayern meinen, denen gerade ein heiliges Interesse an Leroy Sané nachgesagt wird. Der 23 Jahre alte Offensivspieler von Manchester City würde perfekt in das Beuteschema der Bayern passen. Allerdings ist schwer vorstellbar, dass die Bayern bereit sind, jene 100 Millionen Euro zu zahlen, die für Sané derzeit aufgerufen werden. Der frühere Schalker hat auch in der abgelaufenen Spielzeit überzeugt und in 47 Spielen für Englands Meister 16 Tore erzielt und 18 direkt vorbereitet. Sein Vertrag läuft noch bis 2021. Zudem möchte Citys Trainer Pep Guardiola den Vertrag mit dem früheren Schalker liebend gern verlängern.

Die Bayern haben bereits einen dreistelligen Millionenbetrag für die Zugänge Lucas Hernandez (80 Millionen) und Benjamin Pavard (35) investiert. Klar ist nur, dass sie noch etwas machen werden und auf dem Transfermarkt zuschlagen. Aber das alles ist für die Zeit nach dem Pokalfinale vorgesehen.

Zur Startseite