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Europa League Benfica Lissabon - Hertha BSC
© dpa

Hertha nach Lissabon: Überrannt zur Unzeit

Das Spiel in Lissabon war nicht einmal eine Stunde abgepfiffen, da ging es für Hertha nur noch um die Bundesliga und den Klassenerhalt. Die Berliner verabschiedeten sich aus Europa, ohne angemessen Abschied zu nehmen.

An einem Abend voller Minderleistungen konnte wenigstens Friedhelm Funkel auf eine beeindruckende Laufleistung verweisen. Der Trainer von Hertha BSC war immer in Bewegung, von links nach rechts, von rechts nach links, eng an der Kreidemarkierung entlang. Funkel befand sich, soweit es das Reglement erlaubte, stets auf Ballhöhe. Erst in der zweiten Halbzeit erlahmte sein Bewegungsdrang ein wenig. Meistens stand Funkel nun rechts in der Ecke seiner Coaching-Zone, weil sich auch das Spiel vornehmlich in der rechten Hälfte abspielte – in der von Hertha BSC. Funkel erstarrte zunehmend. Kurz vor Schluss rauschte ein Ball an seinem Bein vorbei ins Seitenaus. Nur ein Schritt, und er hätte ihn gehabt. Aber Funkel bewegte sich nicht. Es war, als wäre er in eine Schockstarre gefallen.

Null zu vier gegen Benfica Lissabon, das Aus in der Europa League – da können einem schon sämtliche Lebensgeister flöten gehen. Herthas Mittelfeldspieler Maximilian Nicu musste eingestehen, „dass Benfica uns über den Haufen gerannt hat. Das war ein bisschen ein Debakel für uns.“ Ein bisschen? Das Spiel, das die Portugiesen spielten, war für die Berliner eindeutig zu hoch. Hertha hatte in diesem ungleichen Duell nie eine Chance. Als Benfica in der Schlussphase ein, zwei Bälle etwas zu schlampig verdaddelte, begannen die Zuschauer ernsthaft zu meutern. Sie konnten nicht begreifen, dass sich ihre Mannschaft gegen einen solchen Gegner mit einem 4:0 begnügte.

Benfica spielt in einer anderen Liga

Zu Herthas Ehre sei gesagt, dass der FC Everton in der Gruppenphase an selber Stätte gegen denselben Gegner sogar 0:5 verloren hat und dass Benfica in dieser Europa-League-Saison auch die anderen drei Heimspiele allesamt gewonnen hat. Wie vorhersehbar die Niederlage für Hertha auch gewesen sein mag – sie kommt zur Unzeit.

Manager Michael Preetz hat am Ende der Dienstreise nach Portugal noch einmal daran erinnert, was deren eigentliches Ziel gewesen war: Hertha wollte und sollte sich in Lissabon weiteres Selbstvertrauen erspielen. Die Gelegenheit schien nach dem Erfolg in Freiburg am vergangenen Wochenende durchaus günstig zu sein. Im Estadio da Luz aber war Hertha am Ende doch nicht mehr als der Tabellenletzte der Fußball-Bundesliga. Wie vermessen hören sich im Nachhinein die Aussagen von Friedhelm Funkel an, der vor dem Spiel allen Ernstes vom Weiterkommen gesprochen hatte und darauf hingewiesen hatte, dass seine Mannschaft 90 Minuten Zeit habe, um das eine entscheidende Tor zu erzielen …

Friedhelm Funkel ist eben ein Mann ohne Zweifel: Wir sind stark, alles wird gut. Natürlich ist das nur eine Masche, doch die zieht Funkel gnadenlos durch. Selbst ein Debakel wie das von Lissabon vermag sein Selbstvertrauen – zumindest vordergründig – nicht zu erschüttern. „Warum sollte das einen Knick geben?“, antwortete er auf die nahe liegende Frage, ob sich die Niederlage auf den Abstiegskampf in der Bundesliga auswirken werde. „Das passiert nicht! Das hat mit der Bundesliga überhaupt nichts zu tun“, sagte Funkel.

Ebert ist völlig von der Rolle

Man kann das für naiv halten, andererseits: In Herthas Premium-Wettbewerb Bundesliga wird Funkel vermutlich nicht auf die Idee kommen, Patrick Ebert von Beginn an spielen zu lassen. Der junge Mann mag derzeit mit der drohenden juristischen Auseinandersetzung um die Folgen seiner Geburtstagsfeier andere Sorgen haben, in Kürze aber wird noch eine sehr viel existenziellere hinzukommen. Ebert sollte sich schleunigst Gedanken machen, wie er künftig seinen Lebensunterhalt bestreiten will. Mit Fußball jedenfalls nicht.

Ebert, Janker, Nicu – schon mit der Aufstellung hat Funkel seiner Mannschaft signalisiert, dass nur die Bundesliga wichtig ist. Das Ausscheiden aus dem Europacup war einkalkuliert; fürs eigene Wohlbefinden hätte die Niederlage aber gerne etwas knapper ausfallen dürfen. Dass das 0:4 entscheidend auf die Stimmung schlägt, „das dürfen wir uns nicht einreden lassen“, sagte Kapitän Arne Friedrich. „Wir müssen uns daran erinnern, dass wir zuletzt einen guten Trend gezeigt haben.“

Das Europapokalspiel war nicht einmal eine Stunde abgepfiffen, da ging es nur noch um die Bundesliga und den Klassenerhalt. Hertha verabschiedete sich aus Europa, ohne angemessen Abschied zu nehmen. Realistisch betrachtet dürfte das Spiel im Estadio da Luz für lange Zeit Herthas letzter Europapokalabend gewesen sein. Michael Preetz sagte: „Daran verschwende ich im Moment überhaupt keinen Gedanken.“

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