1. FC Union nach 0:3 bei RB Leipzig: Überforderung hier, Pflichtübung da
Der 1. FC Union stößt bei der 0:3-Niederlage in Leipzig an seine Grenzen. Gegner RB hingegen steht erst am Anfang seiner Möglichkeiten.
In der Leipziger Arena kam noch einmal Jubel auf, da waren die Spieler längst schon verschwunden. Auf der Anzeigetafel wurde die Tabelle der Zweiten Liga eingeblendet, die sorgte unter den Fans der Gastgeber für emotionale Hochgefühle. Nach dem souveränen 3:0-Sieg gegen den 1. FC Union Berlin liegt RB Leipzig neun Punkte vor dem Zweiten Freiburg. Der Abstand zum Dritten Nürnberg beträgt sogar zehn Zähler. Der Aufstieg in die Bundesliga dürfte den Leipzigern unter normalen Umständen nicht mehr zu nehmen sein. Unions Spieler waren sich nach der Lehrvorführung jedenfalls sicher, dass der Gegner in der Zweiten Liga nichts mehr zu suchen hat. „Die sind viel zu gut für diese Spielklasse“, sagte Benjamin Kessel.
Die Äußerung seines Kapitäns löste bei Trainer Sascha Lewandowski wenig Begeisterung aus, am Ende blieb ihm aber auch nichts anderes übrig, als zuzustimmen. „Sie bringen schon enorm viel Qualität auf den Platz“, sagte Lewandowski. Der Kader ist jetzt schon bundesligatauglich, die Zuschauerzahlen sind es mittlerweile auch. Knapp über 30 000 Fans kamen am Freitagabend ins Stadion, um die Abschiedstournee ihrer Mannschaft aus der Zweiten Liga beizuwohnen. Sie bekamen einen Klassenunterschied zu sehen. Im Gegensatz zum 1. FC Union kann RB Ausfälle problemlos kompensieren. Das hängt natürlich auch mit den finanziellen Möglichkeiten zusammen. Vor der Saison gaben die Mannschaften der Zweiten Liga 26 Millionen Euro für Neuzugänge aus – 16 Millionen davon hatte RB Leipzig zu verantworten. „Trotzdem muss man das vorhandene Potenzial erst einmal zusammenfügen“, sagte Lewandowski.
Zum Gesicht der Leipziger Möglichkeiten wurde an diesem Freitagabend Davie Selke. Eine Stunde lang musste der Angreifer von der Bank aus zusehen, wie seine Kollegen und internen Konkurrenten Yussuf Poulsen und Emil Forsberg die Berliner Abwehr durcheinander wirbelten, ehe er endlich auch ran durfte. Selke war vor der Saison vom Bundesligisten Werder Bremen nach Leipzig gekommen, die Ablöse betrug rund acht Millionen Euro. Kein anderer Zweitligist kann sich einen Transfer dieser Größenordnung leisten. Und erst recht nicht, einen wie Selke auf der Bank zu lassen. „Leipzig war uns individuell deutlich überlegen“, sagte Lewandowski.
RB Leipzig konnte es sich sogar leisten, Acht-Millionen-Einkauf Davie Selke zunächst auf der Bank zu lassen
Leipzigs Trainer Ralf Rangnick nahm die Komplimente gern entgegen. Mit dem Auftritt seiner Mannschaft zeigte er sich hoch zufrieden. „In den ersten 60 Minuten waren wir on fire. Man hatte von draußen das Gefühl, wenn man einen berührt, explodiert der .“ Aggressiver, gedankenschneller und vor allem besser organisiert waren die Gastgeber. „Was wir gegen den Ball gespielt haben, war aus dem obersten Segment“, sagte Rangnick. Seit er im Sommer in Ermangelung von Alternativen als Trainer übernahm, hat sich die Mannschaft zur dominierenden Kraft der Liga entwickelt. „Das ist einfach guter Erstligafußball“, sagte Lewandowski, der glaubt, dass RB mit dem aktuellen Kader auch eine Klasse höher bestehen würde.
Das mag gut sein, verlassen möchte sich darauf aber niemand bei RB. Die Planungen für die Bundesliga laufen, der Klub soll sich dort möglichst schnell etablieren und in die Spitzengruppe vordringen. So sieht es der Plan von Geldgeber Dietrich Mateschitz vor. Der österreichische Unternehmer wird dafür die finanziellen Mittel bereitstellen, zuerst einmal aber gilt es, einen Trainer zu finden. Rangnick, der eigentlich als Sportdirektor angestellt ist, möchte kein weiteres Jahr auf der Bank bleiben. Markus Weinzierl, Trainer des FC Augsburg, soll Rangnicks Wunschkandidat sein. Auf wen die Wahl am Ende auch fällt, der Neue wird eine eingespielte Mannschaft vorfinden. Leistungsträger wie Willi Orban, Rani Khedira, Dominik Kaiser, Yussuf Poulsen oder Emil Forsberg sind noch jung und größtenteils langfristig an den Klub gefunden. Die Zukunft hat in Leipzig längst begonnen, Spiele wie gegen Union Berlin sind mittlerweile nicht mehr als reine Pflichterfüllung.