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Ausschreitungen auf der Tribüne beim Spiel England gegen Russland.
© imago/Sportimage
Update

Hooligans bei der EM 2016: Turnierausschluss auf Bewährung für Russland

Die Furcht vor neuen Ausschreitungen überlagert die Debatten vor dem zweiten EM-Auftritt Russlands. Die Polizei nimmt 43 Personen vorläufig fest.

Mit einem Sieg gegen den EM-Debütanten Slowakei wäre das Achtelfinale ganz nah, doch die Angst vor Krawallen und einem drohenden Ausschluss überschattet den zweiten Turnier-Auftritt von Russland. Die Disziplinarkommission der UEFA bestrafte die Russen hart für die Fanausschreitungen im Stadion von Marseille. Im Wiederholungsfall werde die Mannschaft sofort von dem Turnier ausgeschlossen, teilte die Europäische Fußball-Union am Dienstag mit und verhängte zudem eine Geldstrafe von 150.000 Euro.

Nach dem 1:1 zum Auftakt gegen England könnte die diesmal favorisierte Sbornaja mit einem Erfolg am Mittwoch in Lille (15.00 Uhr/ARD) einen großen Schritt Richtung K.o.-Runde vollziehen. Allerdings fürchtet die Elf von Trainer Leonid Sluzki das Verhalten der eigenen Fans auf der Tribüne mehr als den sportlichen Gegner auf dem Rasen. Sogar die politische Führung des Landes sah sich zu einem Aufruf an die Fans gezwungen. Die Ausschreitungen seien „völlig inakzeptabel“, hieß es. Kremlsprecher Dmitri Peskow rief die russischen Fans auf, sich strikt an geltende Gesetze zu halten.

Die Sicherheitslage ist erneut angespannt

"Man kann auch nur an unsere Fans appellieren, nicht auf Provokationen zu reagieren", sagte er am Dienstag in Moskau der Agentur Interfax zufolge. Auch die russischen Sportfunktionäre sollten mäßigend auf die Fans einwirken, forderte er.

Zumal die Sicherheitslage erneut angespannt ist. Am Dienstag stoppte die französische Polizei bei Cannes einen Bus mit russischen Fans, denen die Ausweisung droht. Einen Tag nach dem Duell zwischen Russland und der Slowakei kommt es im nahegelegenen Lens zum Gruppenspiel England gegen Wales. Im Norden Frankreichs könnte es also rund um die beiden Risikospiele den nächsten brenzligen Zusammenstoß englischer und russischer Hooligans geben.

Auch bekannte Neonazis sollen dabei sein

Die Sorgen sind berechtigt: Englische Medien berichten, dass sich unter den 150 Fans, die laut Staatsanwaltschaft die Randale in Marseille angezettelt hatten, auch bekannte Neonazis befinden. Zudem soll Alexander Schprygin, Präsident der Allrussischen Fan-Vereinigung und Mitglied der rechten Szene in Russland, mit einer offiziellen UEFA-Akkreditierung als Teil der russischen Delegation in Frankreich sein. Der nationale Verband RFS erklärte jedoch, Schprygin habe weder mit dem Verband noch mit der offiziellen EM-Delegation etwas zu tun.

Am Dienstag nahm die französische Polizei 43 russische Fans fest. Sie waren in einem Bus unterwegs, der bei Mandelieu-la-Napoule nahe Cannes gestoppt wurde, wie der Sender France 3 berichtete. Der Bus sei nach Marseille gelenkt und die mutmaßlichen Hooligans festgenommen worden. Ihnen droht nun nach übereinstimmenden Berichten die Ausweisung oder ein Verfahren. Die russische Botschaft in Paris bestätigte die Angaben. Die Russen hätten ihre Dokumente nicht zeigen und auch den Bus nicht verlassen wollen, hieß es. Der Vorsitzende des Allrussischen Fanverbandes, Alexander Schprygin, schrieb auf Twitter, schwer bewaffnete Polizisten hätten den Bus nur deswegen nicht gestürmt, weil ein russischer Konsul gekommen sei.
„Klar, es ist Europameisterschaft, jeder ist verrückt nach Fußball und die Emotionen kochen hoch. Aber warum schlagen sich die Menschen dafür die Köpfe ein?“, schrieb der Schalker Roman Neustädter in einer Internet-Kolumne. Ansonsten blocken Spieler und Betreuer des WM-Gastgebers von 2018 Fragen zu nicht-sportlichen Themen meist ab.

Ob Neustädter wie gegen die Engländer erneut von Beginn an auf der Sechser-Position auflaufen darf, ist noch offen. Gut möglich, dass der zuletzt leicht angeschlagene und gegen die Three Lions erst spät eingewechselte Denis Gluschakow diesmal Neustädter aus der Startelf verdrängt. Auch wenn die Russen zum Turnierauftakt mit ihrem biederen Auftritt nicht gerade glänzen konnten und nur mit sehr viel Glück zum Punktgewinn kamen, gelten sie gegen die Slowaken als Favorit. „Auf dem Papier ist Russland vielleicht stärker als wir, aber das ist Theorie“, sagte der Noch-Kölner Dusan Svento. (dpa)

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