Sport: Trauer am Tivoli
Aachen steigt ab – mit Trainer Frontzeck?
Aachen - Als Training im engeren Sinne konnte man das Tun der Absteiger kaum bezeichnen, eher schon als betreutes Gehen. 22 Fans waren am Morgen nach dem Remis gegen Wolfsburg zum Aachener Tivoli gekommen, immerhin, 22 Fans, die den tranceartig langsamen Bewegungen der Spieler konzentriert folgten wie einem philosophischen Diskurs. Die Stimmung auf dem Rasen war nicht gedrückt und nicht fröhlich, nicht gelassen und nicht angespannt, irgendwo dazwischen, eine Art Meta-Stimmung. Einige Spieler mögen im Angesicht des Abstiegs aufrichtige Trauer empfunden haben, anderen mag alles egal gewesen sein, das Leben geht ja weiter.
Verbal gesehen war der Aachener Abstiegskampf einer der am schlechtest geführten seit den Zeiten, in denen Friedel Rausch noch Bundesliga-Trainer war. Sportdirektor, Trainerstab und weite Teile der Mannschaft bemühten im Wesentlichen archaische Klischees, die so abgedroschen sind, dass es einem grauste, wenn man in den vergangenen Wochen Interviews las oder hörte. Vielleicht lag das auch daran, dass es für viele der erste Abstiegskampf ihrer Karriere gewesen ist.
Trainer Michael Frontzeck schaute gestern Morgen nur kurz beim Training vorbei, in Jeans und beigefarbenem Wollpullover. Tja, sagte er, es sei viel über die mangelnde Qualität des Kaders gesprochen und geschrieben worden, „aber ich glaube, wir hätten es auch mit dieser Mannschaft schaffen können“. Dann fuhr er nach Essen zur Großmutter, es war ja Muttertag.
Frontzeck hat nie nach Ausreden für sportliche Misserfolge gesucht. Viele haben angesichts der ständigen Diskussionen über Jan Schlaudraff und dessen Suspendierung vergessen, dass der Kopf der Mannschaft, Kapitän Reiner Plaßhenrich, seit Anfang Dezember kein Spiel mehr bestritten hat. Viele haben vergessen, dass Aachen zu keinem Zeitpunkt der Saison mit der Stammformation auflaufen konnte. Trotzdem waren die Erwartungen in Stadt und Aufsichtsrat groß. Teile des Kontrollgremiums, das sich aus fachfremden Ehrenamtlern rekrutiert, haben während der Saison Unruhe in die Mannschaft getragen. Zur Winterpause war man mit dem 13. Tabellenplatz nicht zufrieden, später glaubte man, mit dem Abstiegskampf nichts zu tun haben zu dürfen, am Ende war man nicht mit der Suspendierung von Schlaudraff und Sascha Dum einverstanden.
Gestern Morgen hat Michael Frontzeck gesagt, dass er gern in Aachen bleiben würde, so explizit hatte man das aus seinem Munde bis dahin noch nicht gehört. Viele glauben, dass er dennoch gehen muss.
Marlon Gego
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