1. FC Union spielt gegen die Zweifel: Trainer Urs Fischer hält weitere Neuzugänge für möglich
Der 1. FC Union ringt nach dem 0:4 gegen Leipzig um Normalität. Und will es im Duell mit Augsburg nun unbedingt besser machen.
Berlin - Der Händedruck fiel kräftig aus am Montagmittag, das Gesicht sah frisch aus und die Sätze kamen gewohnt kantig. Urs Fischer wirkte nicht wie ein Fußballtrainer, dessen Team am Abend zuvor eine 0:4-Niederlage erlitten hatte. Gut geschlafen habe er auch, nur ab wann, sagte der Trainer des 1. FC Union nicht. Jedenfalls habe er nach dem Spiel gegen Leipzig „nichts Außergewöhnliches“ unternommen. Alles sei seinen „gewohnten Ablauf“ gegangen, fügte Fischer an. Das durfte nach diesem ungewohnten Erlebnis am Vorabend doch ein bisschen erstaunen. Gegen einen dominierenden Gast aus Leipzig hatten die Berliner im heimischen Stadion An der Alten Försterei immerhin 0:4 verloren. Es war eine Niederlage, die Zweifel an der Qualität des Berliner Kaders säte und die nach Erklärungen verlangte.
Urs Fischer erklärte am Montag über eine halbe Stunde lang viel, allerdings auch, dass er keine Erklärung habe. „Es wäre einfach, wenn man immer auf alles eine Erklärung hätte“, sagte er. „Auch die Jungs wollten das Bestmögliche. Es ging aber einfach nicht am Sonntag.“ Stattdessen mühte er sich, die Niederlage als Einzelfall abzustempeln, Normalität herzustellen. „Ich habe mal als Spieler 1:6 und 1:9 verloren“, sagte er. An ein 2:7 („gegen Servette Genf mit Rummenigge“) erinnerte er sich später schmunzelnd auch noch. „Solche Resultate vergisst du nicht so schnell“, sagte Fischer, der das Thema Leipzig aber nicht höher hängen wollte, als es seiner Meinung nach sei. „Ich würde einfach nicht übertreiben“, bekräftigte er und ergänzte, dass sein Team eben Erfahrungen sammeln müsse. Hohe Niederlagen kommen nun mal vor, sollte das auch heißen. „Wichtiger ist, dass wir es einsehen, dass es so nicht geht.“
Warum es so wie gegen Leipzig nicht gehen kann, führte Fischer umfangreich aus. Von „Basics“, die sein Team nicht abrufen konnte, sprach er, von einem naiven und unvorsichtigen Spielaufbau. „Das nagt am Selbstvertrauen. Du verlierst Selbstvertrauen“, sagte Fischer. Mit der auf etwas mehr Defensive bedachten Taktik oder den personellen Entscheidungen habe dies nichts zu tun gehabt.
Dabei kam insbesondere Robert Andrich im defensiven Mittelfeld kaum mit der Leipziger Tempohärte zurecht. Andere vermeintliche Stützen wie Christian Gentner brachen weg, als sie gebraucht wurden. Und dass die Abstimmung nicht stimmte, offenbarte nicht nur das 0:2, das Torwart Rafal Gikiewicz mit einem ungenauen Abwurf auf Kapitän Christopher Trimmel eingeleitet hatte. Es waren in der Summe viele kleinere und größere Details, die nicht passten, die Fischer aber nicht in den Vordergrund stellen wollte. „Wir konnten es einfach nicht abrufen“, sagte er. Das habe Trainer wie Spieler am meisten enttäuscht.
Innenverteidiger Marvin Friedrich bestätigte Fischers Eindrücke: „Das war deutlich zu wenig von uns“, sagte er und erwähnte das, was gefehlt hätte: Kompaktheit, Zweikampfstärke, „der Wille, Zweikämpfe zu gewinnen“. Ein Tag zum Vergessen eben.
Am Gegner, das fand tags zuvor auch Mittelfeldspieler Grischa Prömel, habe es weniger gelegen. Den fanden zwar alle Unioner wahlweise stark, sehr stark oder wie Prömel „eiskalt“, aber die eigenen Versäumnisse gewichteten sie in ihren Begründungen für das Debakel höher. „Du bekommst drei Tore, die nicht zwingend sind“, fand Fischer. „Das ist nicht kombiniert, das ist nicht herausgespielt. Aber es steht 0:3 zur Pause. Das irgendwie gutzumachen, wird dann halt schwierig.“ Ähnlich hatte auch Prömel geklungen: „Wenn du nicht am Mann bist und die Leipziger Raum und Platz haben, ist es natürlich schwer“, sagte er. „Wir sind sicher nicht in die Bundesliga gekommen, um uns jede Woche abschlachten zu lassen.“ Entsprechend sehen sie sich in Köpenick längst noch nicht am Limit.
„Wir müssen das akzeptieren und versuchen, es das nächste Mal besser zu machen“, sagte Fischer, der von der Qualität seines Teams generell überzeugt ist. „Es war jedem bewusst: Das können wir besser, das müssen wir besser machen“, sagte er. „Da musst du nicht Psychologe sein.“
Ob die Niederlage Auswirkungen auf den Kader hat, ließ Fischer offen. Dass bis zum 2. September noch ein zwölfter oder 13. Neuzugang nach Köpenick wechselt, scheint nicht ausgeschlossen. „Im Fußball ist vieles möglich“, sagte Fischer. Ob weitere Verstärkungen auch nötig sind, könnte schon der kommende Samstag zeigen. Dann tritt der 1. FC Union als Tabellenletzter beim Vorletzten FC Augsburg an.