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Irmgard Bensusan (Mitte) wird von ihren Teamkollegen „Tante Irmie“ genannt.
© Imago

Para-Leichtathletin Bensusan: Tollpatsch mit Weltrekord

Die Sprinterin Irmgard Bensusan will bei der WM der Para-Leichtathleten ihre starke Form bestätigen. Angefangen hat alles mit dem Umzug ins Rheinland.

Bevor Irmgard Bensusan bei den Weltmeisterschaften der Para-Leichtathleten in Dubai an den Start geht, freute sie sich am Samstag noch über den Finalsieg der Südafrikaner bei der Rugby-WM. „Rugby ist knallhart, sie laufen hier rein, sie laufen da rein, stehen auf und machen weiter, es gibt kein Drama. Damit bin ich aufgewachsen“, sagt die südafrikanische Sprinterin, die in Dubai von diesem Mittwoch an für Deutschland laufen wird.

„Wenn ich an meine Heimat denke, denke ich an meine Familie, Afrikaans, Bushveld, Gewitter, den Geruch von Regen auf der Straße, an Kinder, die barfuß laufen, an Rusks mit Kaffee an einem Samstagmorgen mit meiner Familie“, hat Bensusan einmal gesagt. Das Herz der 28-Jährigen schlägt entgegen mancher Medienberichte weiter südafrikanisch – auch wenn ihre Mentalität nach fünf Jahren in Leverkusen deutsch ist.

Pünktlichkeit, harte Arbeit, alles geben für das, wovon man träumt: Das zeichnet Irmgard Bensusan aus. Auch in der Leichtathletik. Bereits mit drei Jahren war sie in Pretoria erstmals auf einer Tartanbahn unterwegs. In der Jugend wurde sie Südafrikanische Meisterin im Hürdensprint und startete auch international für ihr Geburtsland – bis sie sich 2009 schwer verletzte.

Bei den nationalen Meisterschaften blieb die damals 18-Jährige an einer Hürde hängen. „Ich habe mein Bein angeschaut und konnte nur noch schreien.“ Der rechte Unterschenkel blieb teilweise gelähmt mit einem Nervenschaden. Ihren Fuß kann sie nicht mehr aus eigener Kraft nach oben ziehen, „Schluffi“ nennt sie ihn heute oft. Bis sie so humorvoll damit umgehen konnte, war es ein langer Weg.

Die Mutter, die aus Hannover kommt und vor der Geburt ihrer Tochter nach Südafrika ausgewandert war, erzählt ihr vom Behindertensport. Doch in Südafrika wird ihre Behinderung nicht anerkannt, sie wird nicht klassifiziert. Doch Bensusan besitzt auch die deutsche Staatsbürgerschaft, ihre Mutter kontaktiert Bayer Leverkusen. 2014 wird Bensusan schließlich klassifiziert, mit dem Umzug ins Rheinland beginnt ihre Erfolgsgeschichte als Para-Leichtathletin.

Bei den Paralympics 2016 in Rio de Janeiro gewinnt sie drei Mal Silber für das deutsche Team, in London wird sie 2017 Weltmeisterin. Für die Weltrekordhalterin über 100 und 200 Meter soll der Vergleich in Dubai nun vor allem ein letztes Etappenziel sein auf dem Weg zu den Paralympics nächstes Jahr in Tokio. Wenn sie dort die Goldmedaille gewinnen würde, könnte sie die Geschichte aus ihrer Instagram-Beschreibung krönen: Die Geschichte vom „tollpatschigen Mädchen, das über eine Hürde fiel und zur Para-Athletin wurde“.

Nico Feißt

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