Confed-Cup: Timo Werner: Applaus statt Pfiffe
Gegen Kamerun erzielt der Stürmer von RB Leipzig seine ersten Länderspieltore. Beim Confed-Cup in Russland wird Werner deutlich freundlicher empfangen als in der Bundesliga.
Ach, Sotschi… So weit weg von der Heimat und doch viel heimeliger. Timo Werner hat sich am Sonntag an der russischen Schwarzmeerküste sehr viel wohler gefühlt als im Alltag zwischen Elbe und Isar. Das lag natürlich auch am 3:1-Sieg der deutschen Fußball-Nationalmannschaft über Kamerun, der damit verbundenen Qualifikation für das Halbfinale im Confed-Cup und den beiden Toren, die er dabei geschossen hatte. Vor allem aber freute sich Werner über die Reaktion des Publikums. Nein, es gab keinen Jubel-Orkan. Aber die 30.000 Zuschauer im Olympiastadion bedachten die Darbietungen des Leipziger Stürmers mit warmem Applaus, und darin steckte sehr viel mehr Liebenswürdigkeit, als es Timo Werner gewohnt ist.
Mit seinen 21 Jahren arbeitet er Woche für Woche an der Stabilisierung seines Nervenkostüms. Seit Anfang Dezember, seit seiner Schwalbe beim 2:1-Sieg über Schalke 04, wird Werner in allen Bundesliga-Stadien jenseits von Leipzig mit Pfiffen empfangen. Die Ablehnung ist klubübergreifend und macht auch vor der Nationalmannschaft nicht halt. Bei seiner Länderspielpremiere, dem Abschiedsspiel für Lukas Podolski in Dortmund gegen England, wurde er ebenso niedergepfiffen wie vor ein paar Wochen beim WM-Qualifikationsspiel gegen San Marino. Nur die Russen gehen ganz unbefangen mit ihm um . Das war zum Turnierauftakt gegen Australien nicht anders als beim Vorrundenausklang gegen Kamerun.
"Confed-Cup ist eine Riesen-Erfahrung"
Die ungewohnt behagliche Atmosphäre inspirierte Werner zu zwei Toren, es waren seine ersten beiden überhaupt im Trikot der Nationalmannschaft. „Natürlich freue ich mich riesig“, sprach der Sachse aus Schwaben und merkte doch selbstkritisch an, dass „ich schon einen kleinen Anlauf gebraucht habe. Ich habe mich auch ein bisschen geärgert, denn bei den zwei Chancen vorher lief es nicht so, wie ich mir das vorgestellt habe.“ Der in der Heimat eher beiläufig zur Kenntnis genommene Confed-Cup sei „gerade für uns junge Spieler eine Riesen-Erfahrung. Wir lernen hier ein bisschen kennen, wie es bei einem großen Turnier wie einer Weltmeisterschaft läuft. Wir spielen hier gegen Mannschaften von allen Kontinenten und lernen, was gegen sie wichtig ist.“
Für die deutsche Mannschaft ist das Turnier der Erdteilmeister vor allem ein Experiment. Ein Jahr vor der Weltmeisterschaft geht es darum, die zweite Reihe zu testen. Das hat dem Bundestrainer in Russland die gar nicht so diskret geäußerte Kritik eingebracht, er nehme den Confed-Cup nicht ernst und speise die Fans des Gastgebers mit einer besseren Reservemannschaft ab. Die bessere Reservemannschaft ist aber immer noch gut genug, ohne Probleme das Halbfinale zu erreichen, und das auch noch als Gruppensieger. Das hätten die Russen von ihrer Stammbesetzung auch gern behauptet. Entsprechend zufrieden ist der Bundestrainer mit dem, was er zu sehen bekommt, auch und natürlich im besonderen Fall von Timo Werner. „Timo hat seine Gefährlichkeit und seinen Torinstinkt bewiesen“, befand Joachim Löw. „Beide Tore macht er sehr schön, sehr überlegt. Er hat wahnsinnig viel gearbeitet und sich diese beiden Tore verdient.“
Der ungefährdete Sieg über den Afrika-Meister bringt die deutsche Mannschaft in die komfortable Situation eines Verweilens am Schwarzen Meer. Auch das Halbfinale am Donnerstag gegen Mexiko wird in Sotschi ausgespielt, das Finale dann in St. Petersburg – an das Spiel um Platz drei in Moskau verschwendet auf deutscher Seite niemand einen Gedanken. „Wir sind nicht hier, um zu sagen: Zweiter, Dritter oder Vierter zu werden, das reicht uns aus“, sagt Timo Werner. „Wir wollen jetzt das Halbfinale gewinnen und danach nach Möglichkeit auch das Finale.“ (mit dpa)