"Natürlich freue ich mich": Thomas Doll startet bei Hannover 96
Ex-Nationalspieler Thomas Doll startet in seine dritte Bundesliga-Station. Viel Zeit zur Eingewöhnung hat er bis zum Freitagabendspiel nicht.
Der Empfang war etwas herablassend. Kaum hatte Hannover 96 das HSV-Idol Thomas Doll als neuen Trainer verpflichtet, wanderten im Internet die üblichen Namensspielchen („FC Dollywood“) und Erinnerungen an seine denkwürdige Pressekonferenz in Dortmund („Da lach ich mir doch den Arsch ab“) durchs Internet. Ganz so, als habe der Tabellenvorletzte der Fußball-Bundesliga einen Entertainer für den Abstiegskampf engagiert, und nicht einen früheren Nationalspieler, der in seiner Karriere schon den Hamburger SV in die Champions League und Borussia Dortmund ins Pokalfinale geführt hat.
Doll trat seine neue Stelle am Montag mit Demut an. „Natürlich freue ich mich. Das ist eine der besten Ligen der Welt“, sagte der 52-Jährige am Montag bei seiner Präsentation . Er sei Manager Horst Heldt und Präsident Martin Kind „sehr dankbar, dass sie mir diese Chance geben“, worüber sich die beiden Entscheider bei Hannover 96 wohl ziemlich uneins waren. Der „Kicker“ veröffentlichte am Montag ein interessantes Detail veröffentlicht. Demnach war Doll die erste Wahl des angeschlagenen Managers Heldt. Klubchef Kind habe eher zu einer Rückkehr des früheren 96-Trainers Mirko Slomka tendiert.
Thomas Doll kann seine Spieler begeistern und ein Umfeld mitreißen
Sollte das stimmen, dürften Trainer und Manager in Hannover eine Art Schicksalsgemeinschaft bilden. Doll bekommt mit dieser schweren Aufgabe die Chance, sich nach fast elf Jahren in der Bundesliga ein neues Image als Retter aufzubauen. Und auch Heldt könnte im Erfolgsfall einige Fehlentscheidungen des vergangenen Sommers überlagern. Denn die Zusammenstellung eines kaum erstliga-tauglichen und durch großes Verletzungspech zusätzlich geschwächten Kaders hängt allein dem Sportchef und dem am Sonntag freigestellten Trainer André Breitenreiter an. Das hat Präsident Kind sogar öffentlich betont.
Dass Dolls Rückkehr viele überraschen mag, hat aber nicht nur etwas mit seiner Person zu tun. In Zeiten der „Generation Laptoptrainer“ um so junge wie exzellent ausgebildete Fußballlehrer wie Julian Nagelsmann und Domenico Tedesco kommt es nur noch selten vor, dass jemand fast elf Jahre nach seinem Bundesliga-Abschied noch einmal eine Chance in der höchsten deutschen Spielklasse erhält. Thomas von Heesen, Frank Pagelsdorf oder Michael Skibbe: So hießen in der Saison 2007/08 die Trainerkollegen von Thomas Doll. Auf einen Anruf wie den von Horst Heldt warten sie bislang vergeblich.
Doll selbst erging es jahrelang genauso. „Immer, wenn ich irgendwo im Internet las, dass mein Name bei einem Bundesliga-Klub oder Zweitligisten im Gespräch war, saß ich auf gepackten Koffern“, sagte er 2015 in einem „Kicker“-Interview. Erst seine mit drei Pokalsiegen und einer Meisterschaft gekrönte Fünfjahres-Station bei Ferencvaros Budapest habe ihn wieder zu einem „glücklichen Trainer“ gemacht.
Was ihm bislang bei jeder Station geholfen hat, ist seine Fähigkeit, Spieler begeistern und ein Umfeld mitreißen zu können. Und vielleicht braucht Hannover 96 in seiner schwierigen und teilweise ineinander verkeilten Situation nichts mehr als positive Energie. Denn gefühlt streitet in diesem Verein jeder mit jedem: Der Präsident mit einer Oppositionsgruppe über die geplante Übernahme der ausgegliederten Profi-Gesellschaft. Die sportliche Leitung mit dem Präsidenten über die Verpflichtung neuer Spieler. Die Mannschaft selbst bildet auch keine Einheit, wie Dolls Vorgänger Breitenreiter erst im Dezember öffentlich gemacht hat. Die Eigenschaften des neuen Trainers und die Erfordernisse des Vereins - das könnte in diesem Fall zusammenpassen.
„Er kann gut mit den Spielern und seine positive Art ist ansteckend“, sagte Dolls Co-Trainer Ralf Zumdick in einem „11Freunde“-Interview. „Wer ihn aber darauf reduziert, der verkennt ihn.“ (dpa)