Kolumne Berliner Fußball: Tasmania im Aufwind
In der Berlin-Liga scheint der Aufstiegsplatz bereits an Hertha 03 Zehlendorf vergeben, doch dahinter sorgt ein weiterer klangvoller Name für Furore: Der SV Tasmania brüstet sich mit einem gesunden Umfeld und klangvollen Neuverpflichtungen und will spätestens im nächsten Jahr zurück in den überregionalen Fußball.
Am 20.09 vergangenen Jahres unternahm der Traditionsklub und heutige Sechstligist SV Tasmania Berlin die lange Reise von Neukölln nach Mahlsdorf. (Gut, jede Reise nach Mahlsdorf ist lang, egal wo man herkommt.) Mahlsdorf war noch ungeschlagen und stand an der Spitze der Berlin-Liga. In der abgelaufenen Saison hatte sich Tasmania erst am letzten Spieltag mit einem 1:1 gegen Gatow Dank der Tordifferenz vor dem Abstieg gerettet. Die neue Saison hatte nicht viel besser angefangen und deswegen war es eine große Überraschung, dass die Mannschaft mit allen drei Punkten und einem 2:0-Sieg aus Mahlsdorf zurückkehrte.
Tasmanias Trainer Abu Njie erinnert sich an dieses Spiel. „Ich glaube wir hatten nur fünf Chancen. Mahlsdorf hatte sehr viele, aber unser Torwart war hervorragend.”
Seit diesem Tag holte Tasmania 31 von 36 möglichen Punkten. War das Hinspiel gegen Mahlsdorf also der Wendepunkt für Njies Mannschaft? “Nein, wir haben danach nochmal gegen den Köpenicker SC mit 1:2 verloren und ab da ging‘s eigentlich los. Die Jungs haben gemerkt, da ist eigentlich eine Menge drin, solange wir Konstanz in unser Spiel reinbringen.“ Es hat wunderbar geklappt. Seit dem 13.11 hat Tasmania alle Spiele – Liga und Pokal – gewonnen.
Aber diese lange Siegesserie der Neuköllner hat auch noch andere Gründe: In der Winterpause gab es ein paar sensationelle Neuverpflichtungen. Salvatore Rogoli (33), der schon viel Regional- und Oberligaerfahrung unter anderem beim 1.FC Union gesammelt hat, kam vom Regionalliga-Spitzenreiter TSG Neustrelitz. Und auch Safa Sentürk, der zu Ruhm gelangte, als er in Diensten des BSV Hürtürkel 16 Tore in einem Spiel schoss, spielt jetzt für Tasmania - trotz vieler Interessenten aus höheren Ligen.
Wie überzeugt man solch namhafte Spieler, dass eine Mannschaft, die noch im Sommer nur knapp den Klassenerhalt schaffte, die richtige Wahl ist? „Über Perspektive, über ein Konzept, über Ziele“, erklärt Abou Njie, „und damit, dass wir im Aufbruch sind. Wir haben hier einen Verein zu bieten, der völlig Gesund ist, der eine gute Jugendabteilung, ein gutes Umfeld, Stadion, Trainingsplätze und so weiter hat. Und unser Ziel ist es, in die Oberliga aufzusteigen.“
Angesichts der schweren Vorsaison war dies nicht von Beginn an das Ziel, doch „durch die positive Entwicklung ändert sich auch die Zielstellung“ sagt Njie. Dass der Aufstieg angesichts der zehn Punkte Vorsprung von Hertha Zehlendorf aber weiterhin sehr unrealistisch ist, erkennt er auch. „Im nächsten Jahr wollen wir dann von Anfang an oben mitspielen“.
Tasmania scheint auf dem richtigen Weg zu sein, und Trainer Njie hat seine eigene Philosophie: „Ich will flexibel sein“, sagt der Deutsch-Guineaner, „ich will, dass der Gegner sich nicht auf uns einstellen kann.“ Berechenbar ist Tasmania tatsächlich nicht. Ihre Konkurrenten an der Tabellenspitze sind auf die Tore von Michael Fuß (Tennis Borussia), Rene Robben (Hertha Zehlendorf) und Christoph Zorn (Eintracht Mahlsdorf) angewiesen - Tasmania dagegen hat trotz torreicher Spiele keinen alleinigen Torjäger. Emre Demir, Kevin Gempf und Vahit Engin sind alle unter den besten 15 Schützen der Liga.
Und was ist mit Mahlsdorf seit der überraschenden Niederlage gegen Tasmania in September passiert? Naja, fast genau das Gegenteil. Es folgten sieben weitere sieglose Spiele. Jetzt, im März, ist der der einstige Aufstiegskandidat allerdings wieder zurück in der Erfolgsspur, und wie: Vier Siege aus den letzten vier Spielen, Torverhältnis von 16:2.
Es scheint fast, als ob sich Mahlsdorf für eine bittere Rache gegen die Tasmanen warmschießt, denn am Sonntagnachmittag treffen sich die beiden in der charmanten Werner-Seelenbinder-Sportanlage an der Oderstraße in Neukölln zum Rückspiel. Es wird sonnig. Es wird schön. Und das einzige berechenbare an der Tasmania-Mannschaft von Abou Njie ist, dass es Tore geben wird.
Stephen Glennon
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