Primera División: Spanische Spannung
In der Primera División kämpfen längst mehr Klubs als nur Real Madrid und der FC Barcelona um den Titel.
Von Jordi Alba ist bekannt, dass er eher selten Tore schießt. Drei waren es seit seinem Wechsel aus Valencia nach Barcelona vor bald drei Jahren, da wurde es zum Start ins Fußballjahr 2015 langsam Zeit für ein viertes. Also warf sich Alba in eine Flanke von Sergio Canales, er traf den Ball perfekt mit der Stirn, auf dass alle anderen nur noch hinterher schauen konnten bei dieser frühen Entscheidung am späten Sonntagabend. Jordi Albas spektakuläres Tor nach gerade 82 Sekunden blieb das einzige im Estadio Anoeta zu San Sebastian. Mit dem nicht ganz unwesentlichen Makel, dass es sich dabei um eines handelte, das sie in Spanien autogol nennen: Eigentor.
Albas Missgeschick bescherte Barcelona eine 0:1-Niederlage bei Real Sociedad. Es verhinderte die Rückkehr auf Platz eins der Primera División und es erfreute die ebenfalls unterlegene madrilenische Konkurrenz von Real (1:2 in Valencia) und das siegreiche Atlético (3:1 gegen Levante) und alle jene, die vor ein paar Jahren noch gestöhnt hatten über die spanischen Verhältnisse einer von Real und Barça dominierten Liga. Nach dem Start ins Fußballjahr 2015 liegen die drei Spitzenklubs nur einen Punkt auseinander, wobei zu berücksichtigen ist, dass Spitzenreiter Real Madrid (39) ein Spiel weniger absolviert hat als die Verfolger Barcelona und Atlético (beide 38). Diese drei hatten schon vergangenes Jahr bis in die finalen Spieltage hinein um den Titel gestritten.
In dieser Saison nun mischen auch noch die Außenseiter FC Valencia (34) und FC Sevilla mit – mit ein bisschen Glück sogar im Kampf um die Meisterschaft und allemal um den Einzug in die Champions League. Das Fachblatt „Marca“ feiert bereits die „spannendste Liga seit 13 Jahren“, als Valencia und La Coruña ganz vorn landeten. Solche spanischen Verhältnisse hätten sie auch in Dortmund, Leverkusen oder Mönchengladbach ganz gern.
Barças Trainer Luis Enrique hatte später einiges zu erklären. Wo hat Andres Iniesta seine Form gelassen? Warum stand Luis Suárez vorn ganz allein neben dem Nachwuchsstürmer Munir? Und wo waren Neymar und Lionel Messi? Die kreativen Geister waren erst zwei Tage zuvor aus den Ferien in Südamerika zurückgekehrt. „Da war mir das Risiko zu groß“, sagte Enrique. Weil Messi zudem noch eine Magen-Darm-Grippe mitgebracht hatte, durfte er erst zur zweiten Halbzeit auf den Platz, Neymar kam nach einer knappen Stunde. Es ist ungemütlich geworden in Barcelona. Sportdirektor Andoni Zubizarreta musste am Montag seinen Posten räumen, auch Carles Puyol verkündete seinen Abschied. Enrique’s Taktik gegen San Sebastian geißelte „Marca“ als „Selbstmord“.
Auch Carlo Ancelotti hat schon angenehmere Abende erlebt als den am Sonntag in Valencia. Reals Trainer sprach von einer „unverdienten Niederlage“ nach „guter Arbeit“ und verschwieg dabei dezent, dass seine Spieler so wenig gelaufen waren wie noch nie in dieser Saison. Real kam auf 98,5 Kilometer, fast zehn weniger als der Gegner. Schon werden Stimmen laut, Ancelotti habe sein Personal im vergangenen Jahr verheizt.
Der enge Spielplan gönnt den müden Madrilenen keine Pause. Schon am Mittwoch geht es im Pokal gegen die stadtinterne Konkurrenz von Atlético. Das derbi madrileño ist immer ein ganz besonderes Spiel und diesmal noch ein bisschen besonderer. Atlético bietet im Hinspiel des Achtelfinales zum ersten Mal den nach siebeneinhalb Jahren im Ausland heimgekehrten Fernando Torres auf. Zur Vorstellung des Stürmers am Sonntag kamen schon mal 50.000 Zuschauer ins Estadio Vicente Calderón.