Der Sport hat das Zeug zur Virusschleuder: Sogar die Sponsoren schämen sich für Olympia
Viel Ablehnung, keine Zuschauer, keine Stimmung: Olympia in Tokio ist eine Farce und hätte niemals angesetzt werden dürfen. Ein Kommentar.
Die Party ist angerichtet. Milliarden sind investiert, keine Mühen gescheut worden. Die Olympischen Spiele, das größte Sportfest der Welt, können beginnen. Am Freitag um 13 Uhr deutscher Zeit wurden sie in Tokio eröffnet. Das Dumme ist nur: Es waren keine Zuschauer eingeladen. Das Pandemiegeschehen in Japan ließ dies nicht zu.
Noch blöder aber ist, dass an der Party ohnehin kaum jemand teilnehmen wollte. Fast 80 Prozent der Japaner stehen diesen Spielen gleichgültig oder ablehnend gegenüber. Und das schon seit Monaten. Die Ausrichter, das Internationale Olympische Komitee sowie die japanische Regierung, drückten das bis zum 8. August andauernde Event trotzdem durch.
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Keine zwei Wochen nach der Fußball-Europameisterschaft steht die nächste Massenansammlung von Menschen im Sport während der Coronavirus-Pandemie an. Dieses Mal sind immerhin keine Zuschauer zugelassen. Aber die Zahl der unmittelbar an den Spielen in Tokio beteiligten Personen beträgt um die 70.000. Allein im Olympischen Dorf werden sich rund 18.000 Menschen befinden. Und bereits in den vergangenen Tagen sind einige Coronafälle aus dem Dorf gemeldet worden. Jeder neue positive Test bestätigt die vielen Olympiagegner.
Die Abneigung geht inzwischen so weit, dass sich sogar die eigenen Sponsoren für die Spiele schämen. Der Autobauer Toyota will in Japan keine Spots mehr ausstrahlen, in denen die eigenen Produkte mit Olympia verknüpft sind. Den Besuch der Eröffnungsfeier haben die CEOs sämtlicher Olympiasponsoren abgesagt. Es ist eine Party, auf der sie tunlichst nicht gesehen werden wollen. Wäre ganz schön peinlich.
Von wegen Ethik des Sports. Es geht um den Zaster
Das Image der Olympischen Spiele ist mal wieder im Keller. Von den großen Leitbildern des Olympiabegründers Pierre de Coubertin ist schon lange nichts mehr übrig geblieben. Von wegen Ethik des Sports. Es geht um den Zaster. Wären die Spiele in Tokio abgesagt worden, hätten das IOC und das Ausrichterland viele Milliarden verloren. Das ist der Grund, warum Olympia stattfindet. Keine noch so pathetische Botschaft am Freitag kann diese Tatsache kaschieren.
Es wäre schön gewesen, hätte die ein oder andere Nation ein Zeichen gesetzt und die Spiele boykottiert. Warum eigentlich nicht Deutschland?! Dieser Zirkus hätte gerne in kleinerem Rahmen stattfinden dürfen. Viele Japanerinnen und Japaner hätten sich darüber gefreut.
Sicher, es gibt auch eine andere Sicht der Dinge. Was ist mit den knapp 12.000 Athletinnen und Athleten? Für viele von ihnen sind die Wettkämpfe in Tokio ein Lebensziel. Und was ist mit den Milliarden Zuschauerinnen und Zuschauern vor den Bildschirmen, denen Olympia Freude und Unterhaltung schenkt? Und natürlich darf gefragt werden, ob das gesundheitliche Risiko, das von den Spielen ausgeht, wirklich so groß ist. Die Maßnahmen zum Infektionsschutz rund um die Spiele in Tokio sind gewaltig.
Doch im Moment kann niemand sagen, ob die strengen Vorkehrungen helfen. Der Sport hat das Zeug zur Virusschleuder. Das hat die Fußball-Europameisterschaft erst vor wenigen Wochen gezeigt. Hinzu kommt, dass in Tokio Menschen aus rund 200 Nationen zusammenkommen. Wenn es einen günstigen Nährboden für neue Mutationen gibt, dann bei Olympia.
Die Angst der Japaner vor den Spielen ist daher begründet, und die Wut, die den Veranstaltern von vielen Bürgerinnen und Bürgern entgegenschlägt, ist berechtigt. Das Sportfest wird an einem Ort ausgerichtet, dessen Bewohner ihre Ruhe haben wollen. Gerade in Pandemiezeiten.
Den Athletinnen und Athleten kann man dagegen kaum etwas vorwerfen. Für viele von ihnen ist Olympia die einzige Chance, sich auf großer Bühne zu zeigen. Die Spiele sichern ihre sportliche Existenz. Sie verdienen es nun, wie Olympia durchgepresst worden ist, dass ihnen Beachtung geschenkt und über sie berichtet wird. Auch wenn die Party in Tokio wohl trist sein wird.