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Marius Wolf ist im vergangenen Sommer aus Dortmund zu Hertha BSC gewechselt.
© Tom Weller/dpa

Hertha BSC in Isolation: So verbringt Marius Wolf die Quarantäne

Seit einer Woche dürfen Herthas Profis ihre Wohnungen nicht mehr verlassen. Sport macht Marius Wolf trotzdem – zum Leidwesen der Nachbarn nicht nur virtuell.

Altbauwohnungen haben ein paar unschätzbare Vorteile. Wunderbar hohe, lichtdurchflutete Zimmer etwa. Oder Stuck an den Decken. Oder, oder, oder. Aber es gibt eben auch einen nicht zu leugnenden Nachteil. „Sie sind sehr hellhörig, da bildet meine Wohnung keine Ausnahme“, sagt Marius Wolf. „Meine Nachbarn kriegen so ziemlich jede Bewegung mit, die ich mache“, ergänzt der Flügelspieler von Hertha BSC, der sich - genau wie alle anderen Teamkollegen - seit nunmehr acht Tagen in häuslicher Quarantäne befindet. Wie hat es Frank Zander, der Urheber der Hertha-Hymne, kürzlich in seinem umgedichteten Songtext formuliert: Nur nach draußen gehen wir nicht!

Wolf hat sich in dieser Zeit unter anderem angewöhnt, eine Fitnesseinheit pro Tag in den Hausflur, genauer gesagt: in das Treppenhaus zu verlegen. Hoch, runter, hoch, runter, hoch, runter. Felix Magath würde das garantiert gefallen. Zumal von den Nachbarn noch keine offizielle Beschwerde überliefert ist. Offenbar nehmen sie die Sache mit der nötigen Gelassenheit.

Aller Abschottung zum Trotz hat Wolf am Mittwoch zur Mittagszeit in einem Videochat Auskunft darüber erteilt, wie sich die aktuelle Situation für ihn und seine Mitspieler anfühlt. Fällt ihnen auch langsam die Decke auf den Kopf? Wie halten sich die Profis des Berliner Fußball-Bundesligisten aus Charlottenburg fit? Ist es schwer, sich selbst zu motivieren, wo die Mannschaft normalerweise in der Gruppe trainiert? Und wie vertreiben sie sich eigentlich die Zeit?

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„Wir machen natürlich Sport“, erzählt Wolf, „aber in anderer Form als sonst.“ Zu den ersten Amtshandlungen des Tages gehört für den 24-Jährigen eine anständige Fahrradtour, selbstverständlich auf dem Ergometer durch das heimische Wohnzimmer. Motivationsprobleme sind Wolf dabei allerdings fremd. „Ich habe ja viel Energie“, sagt er, „und die muss einfach raus.“ Zudem versorge Athletik-Trainer Henrik Kuchno die Profis regelmäßig mit Übungen zur körperlichen Ertüchtigung. Für den Fall der Fälle, dass es irgendwann gar nicht mehr auszuhalten ist, hat sich Wolf einen Stoffball zugelegt, den man selbst gegen Altbauwände schießen kann.

„Grundsätzlich habe ich einen sehr geregelten Tagesablauf“, sagt Wolf und lacht. Abgesehen von Kurzausflügen nach Balkonien hat er die eigenen vier Wände seit gut einer Woche nicht verlassen. „Das habe ich in dieser Form auch noch nicht erlebt.“ Freunde haben die Einkäufe erledigt, erzählt der Hertha-Profi, und bei den Nachbarn aus Dankbarkeit für ihre Rücksicht ein paar Tafeln Schokolade als Dankeschön verteilt.

Wolf vertreibt sich die Zeit an der Spielkonsole

Womöglich haben die Anwohner auch schon ein Geräusch vernommen, das nicht direkt zweifelsfrei zu identifizieren war: wenn etwa der Controller einer Spielkonsole durch den Raum respektive auf den Boden fliegt, weil die verdammten Figuren mal wieder nicht das machen, was ihnen Daumen und Zeigefinger befohlen haben. Leidenschaftliche „Gamer“ neigen bekanntlich zu solchen Ausbrüchen. Und Wolf ist leidenschaftlicher Gamer, er bevorzugt wenig überraschend die weltweit populärste Fußballsimulation. „Ich weiß mittlerweile ganz genau, wann meine Jungs online sind und wann wir gegeneinander antreten können“, sagt Wolf. So weit zum spaßigen Teil.

Allerdings gibt es in diesen Tagen auch sehr viel seriösere, wichtigere Fragen. Fußballprofis wie Wolf hören zum Beispiel immer wieder die Frage, ob sie aus Solidarität auf Teile ihres Gehalts verzichten oder anderweitig karitativ tätig würden. „Das ist natürlich auch innerhalb der Mannschaft ein Thema“, sagt Wolf, „ich denke, dass wir eine vernünftige Regelung finden werden, mit der wir Spieler helfen können.“

Schließlich fehlen den Klubs in Zeiten der Krise nicht nur fest eingeplante TV-Gelder, sondern auch die Einnahmen aus ihren Heimspielen. Trotzdem deutet im Moment einiges daraufhin, dass die Saison wenn überhaupt nur unter einer Bedingung zu Ende gebracht werden kann: dass es zahlreiche Geisterspiele gibt. „Das ist wohl unumgänglich, weil viele darauf warten, dass es wieder losgeht“, sagt Wolf und ergänzt: „Bevor die Fans gar keinen Fußball sehen können, schauen sie sich die Spiele lieber im Fernsehen an. So würde es mir jedenfalls gehen.“

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