Bundesliga-Geisterspiel Gladbach - Köln: So „macht es überhaupt keinen Spaß“
Geisterspiele im Fußball sind wie Schwimmen ohne Wasser. Das hat das Derby Mönchengladbach gegen Köln am Mittwoch gezeigt.
Das bizarre Rheinland-Derby vor leeren Rängen hatte Gladbachs Fußballer körperlich und mental schon jede Menge Kraft gekostet, die Extraschicht nach Spielschluss schoben sie aber gerne hinterher. Gemeinsam stiegen Borussias Kicker nach ihrem 2:1 über Köln also die steilen Stufen in der Nordkurve empor – um vom Zuschauer-Umlauf aus mit ihren Anhängern unten vor dem Stadion zu feiern. Rund 500 Fans veranstalten dort ein abendliches Spektakel, Leuchtraketen inklusive. „Unglaublich, da bekomme ich Gänsehaut“, kommentierte Christoph Kramer, der Weltmeister von 2014.
Die vorangegangenen 90 Minuten auf dem Rasen erlebte der 29-Jährige dagegen als überaus gruselig – und verwirrend. „Man hatte das Gefühl, es ist ein Trainingsspiel“, sagte Kramer beim Gedanken an die triste Atmosphäre rundherum. Andererseits erklärte er jedoch: „Auf dem Feld fühlte es sich ein bisschen anstrengender an als ein normales Spiel.“ Die fehlenden Gesänge, Jubel- oder Entsetzensschreie der Fans vermiesten auch Markus Gisdol den Abend. „Alle waren ein bisschen gereizter als sonst, weil man von der gegnerischen Bank und von der Schiedsrichter-Kommunikation alles mitbekommen hat“, berichtete Kölns Trainer und fügte hinzu: „Darauf kann ich gerne verzichten.“
So attraktiv wie Schwimmen ohne Wasser
Das erste Geisterspiel in der Geschichte der (ersten) Bundesliga hat allen Beteiligten offenbart, dass ein Fußballspiel ohne Zuschauer genauso attraktiv ist wie etwa Schwimmen ohne Wasser. „Wir wissen jetzt noch besser als vorher, wie wichtig Fans für den Fußball sind. Sie pushen, bringen eine Dynamik ins Stadion und ins Spiel“, betonte Marco Rose. So wie am Mittwochabend im Borussia-Park mache es „überhaupt gar keinen Spaß“, räumte Gladbachs Coach entsprechend ein. Zugleich strich er unter Verweis auf Ab- und Aufstiegskampf oder das Rennen um die internationalen Plätze aber auch die Verantwortung der Entscheidungsträger heraus.
Der angemessene Umgang mit dem grassierenden Coronavirus sei, so Rose, „ein Riesenthema für die gesamte Gesellschaft“. Und der Sparte Fußball legte der gebürtige Leipziger dabei diese Haltung nahe: „Solange niemand sagt, wir müssen jetzt zumachen, sollten wir versuchen, den Wettbewerb, den wir spielen, die Normalität, die wir haben, durchzuziehen. Auch wenn es nicht normal ist, dass man ohne Fans spielt.“
Leiter des ersten Bundesligaspiels vor Geisterkulisse war Deniz Aytekin. „Ich kann nur hoffen, dass sich so etwas langfristig nicht durchsetzt“, erklärte der Referee aus dem mittelfränkischen Oberasbach sehr direkt. Am kommenden Montag treffen sich der DFB-Ausschuss und die Vereine zu einer außerordentlichen Versammlung, um das weitere Vorgehen abzusprechen. Wobei manche Vereinslenker die Debatte längst nicht mehr auf Deutschland beschränken wollen.
„Natürlich müssen die nationalen Verbände Entscheidungen treffen. Aber auch die Uefa muss mal klare Kante zeigen und erklären, wie es weitergehen soll. Was passiert zum Beispiel mit den nächsten Runden in der Europa League, wo jetzt schon Spiele ausfallen – und was mit der EM? So kann es jedenfalls nicht funktionieren“, zürnte Leverkusen Sport-Geschäftsführer Rudi Völler – ganz im Sinne seines Kölner Kollegen Horst Heldt. Die für Ende März geplanten Länderspiele etwa kanzelte der Sportvorstand des Geißbockklubs in Mönchengladbach als „Wahnsinn“ ab. Und für das anstehende Sommer-Turnier schlug Heldt schon mal vor: „Vielleicht spielen wir die EM einfach im nächsten Jahr. Das würde uns allen Luft verschaffen.“
Am Donnerstag schickte Real Madrid dann sein gesamtes Fußballteam in Quarantäne, zuvor war ein Basketballer der Klubs positiv auf das Corona-Virus getestet worden. Und nun folgte auch die ersehnte Reaktion des europäischen Dachverbands: Für nächsten Dienstag hat die Uefa eine Krisensitzung einberufen.