Berlin-Marathon: Sieger Kenenisa Bekele verpasst Weltrekord nur um sechs Sekunden
In 2:03:03 Stunden hat Kenenisa Bekele aus Äthiopien den Berlin-Marathon gewonnen. Es ist die zweitschnellste jemals gelaufene Zeit.
Am Ende war es ein Sprintrennen über eineinhalb Kilometer, mit einem fast 40 Kilometer langen Anlauf. Die beiden Favoriten, Kenenisa Bekele und Wilson Kipsang, liefen nebeneinander in den letzten Abschnitt des Berlin-Marathons, alle anderen Konkurrenten hatten sie bereits abgeschüttelt. Doch Bekele wollte nicht lange neben Kipsang laufen. Und schließlich ist der Schlussspurt nach langem Anlauf Bekeles Metier, darin kennt sich der Äthiopier als Olympiasieger über 5000 und 10000 Meter aus.
So zog Bekele kurz vor Kilometer 40 das Tempo entscheidend an. Der Kenianer Kipsang, der bis dahin das rasend schnelle Duell bestimmt hatte, konnte ihm nicht folgen. Bekele mobilisierte all seine Kräfte, sprintete durch das Brandenburger Tor und kurz danach auch als Erster über die Ziellinie. Der 34-Jährige gewann am Sonntag den 43.Berlin-Marathon – und zeigte bei seinem ersten Start in Berlin eine beeindruckende Leistung. Er siegte in 2:03:03 Stunden, der zweitschnellsten jemals gelaufenen Zeit über die Strecke von 42,195 Kilometern. Damit war er nur sechs Sekunden langsamer als der Weltrekord des Kenianers Dennis Kimetto. Kipsang kam in der viertschnellsten je gelaufenen Zeit ins Ziel (2:03:13 Stunden).
Zunächst haderte Bekele sogar mit seiner überragenden Zeit. Um sechs Sekunden den Weltrekord zu verpassen, sei doch etwas enttäuschend, sagte er. Allerdings betonte er kurz darauf glücklich: „Wahrscheinlich kann man sagen, dass meine Marathon-Zukunft in Berlin begonnen hat.“ Großer Druck hatte vor dem Rennen auf ihm gelastet. Denn seitdem der dreimalige Olympiasieger und fünfmalige Weltmeister 2014 von der Bahn auf die Marathonstrecke gewechselt war, erwarteten alle neue Fabelzeiten von ihm. Doch diese konnte er bislang nicht zeigen. Bis zum Sonntag in Berlin.
Dabei profitierte Bekele davon, dass das Rennen absolut auf einen Weltrekord ausgerichtet war. Bei besten Bedingungen – Temperaturen um 18 Grad, Sonnenschein und wenig Wind – hatte Wilson Kipsang Tempomacher um sich geschart, die mit hoher Geschwindigkeit loslegten. Die Gruppe der Favoriten ging das Rennen unglaublich rasant an. Bis Kilometer 30 waren sie auf dem Kurs einer neuen Weltrekordzeit. Und an dieser Marke setzte Kipsang dann seine erste Attacke, er preschte vor und distanzierte auch Bekele.
In diesen Momenten wirkte der Äthiopier angeschlagen. „Ich hatte ein Problem, das ich so nicht erwartet hatte“, sagte er später. Kleine Krämpfe plagten ihn. Bekele versuchte sie mit Lockerungen zu beheben, die aussahen, als würde er mit seinen Händen ins Publikum winken. In Wirklichkeit wollte er seine Verspannungen lösen. „Ich hatte Angst, dass mein Problem größer wird und ich Kipsang nicht mehr folgen kann“, sagte er. Sollte sein Körper ihn also erneut stoppen? Zuletzt musste er fast ein Jahr wegen einer Achillessehnenverletzung aussetzen.
Doch Bekele konnte sich wieder berappeln. Er fiel nur kurz zurück. Als er wieder aufgeschlossen hatte, attackierte Kipsang erneut. Das Rennen schaukelte sich zu einem spannenden Zweikampf hoch. Wieder kam Bekele zurück und setzte sich kurz darauf entscheidend von Kipsang ab. „Ab Kilometer 39 bekam ich neue Energie, und da wusste ich, dass ich gewinnen werde“, sagte er. Schließlich musste er in diesem Jahr schon einen großen Rückschlag hinnehmen. Der äthiopische Leichtathletik-Verband nominierte ihn nicht für die Olympischen Spiele in Rio, offenbar auch aus politischen Gründen, genauer wollte sich Bekele dazu nicht äußern. Seiner Landsfrau Aberu Kebede gelang ebenfalls eine persönliche Wiedergutmachung. Auch die 27-Jährige war nicht für Olympia nominiert worden, in Berlin gewann sie zum dritten Mal bei den Frauen – in 2:20:45 Stunden. Beste Deutsche wurde Katharina Heinig als Fünfte, die Frankfurterin erreichte nach einer überzeugenden Leistung in 2:28:34 Stunden das Ziel. „Es rollte super für mich. Es war bombastisch“, sagte die 27-Jährige. Ganz so euphorisch war der beste Deutsche bei den Männern, Steffen Uliczka, nach dem Rennen nicht. Er wurde zwar 16. mit der starken Zeit von 2:15:02 Stunden, eigentlich wollte der 32-Jährige aber unbedingt unter 2:15 Stunden bleiben. „Der Marathon ist einfach ein ultimatives, krasses Erlebnis“, sagte der ehemalige Hindernisläufer. „Ich muss mein Gefühl für den Marathon weiter finden, um in Zukunft noch besser damit klarzukommen.“ Auch Kenenisa Bekele richtete nur wenige Stunden nach seinem Zieleinlauf den Blick in die Zukunft. Natürlich könne er noch schneller laufen, sagte er. „Dieses Mal konnte ich mich ja wegen meiner kleinen Krämpfe nicht mehr voll auf den Weltrekord fokussieren.“ Das Ziel für seinen nächsten Berlin-Marathon steht also.