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Talent mit Wucht. In seinen ersten Länderspielen für die deutsche Nationalmannschaft der Männer konnte Leon Draisaitl bisher überzeugen.
© Imago

Eishockey-Hoffnung Leon Draisaitl: Sie nennen ihn "German Gretzky"

Der 18-jährige Leon Draisaitl steht vor dem Sprung in die nordamerikanische Eishockey-Profiliga NHL, vorher will er aber bei der Eishockey-WM mit dem deutschen Team glänzen.

Viele Kanadier haben ein übertrieben enges Verhältnis zum Eishockey. Das weiß Leon Draisaitl nach zwei Jahren in der Provinz Saskatchewan. Bei den Prince Albert Raiders wird der Kölner in der Western Hockey League, einer der weltbesten Juniorenligen, als kommender Superstar gehandelt. Mit 18 Jahren.

Er kann einfach schon alles. Wenn der Center am Puck ist, geht das oft schlecht aus für den Gegner. Er seziert das Spiel schneller als andere, zaubert Rückhandpässe – auch schon mal durch die eigenen Beine – wie kaum ein anderer. So hat er sich in Kanada den Spitznamen „The German Gretzky“ erspielt. Nicht ohne, so ein Vergleich mit dem einst weltbesten Eishockeyspieler.

Aber womöglich bremst das „German“ den Druck etwas aus, schließlich kommen ja wenig Weltklassespieler aus Deutschland. Einer davon hat sich nun im Fall Draisaitl zu Wort gemeldet. Marco Sturm, der über 1000 Mal in der National Hockey-League (NHL) im Einsatz war. Er halte den Vergleich mit Wayne Gretzky für „völlig überzogen“ und „einen Gefallen tut man Leo damit nicht“, sagte Sturm.

Wenn sich Marco Sturm da nicht täuscht. Im Juni sichern sich die Klubs aus der NHL im sogenannten Draft die Rechte an den weltbesten Talenten, Draisaitl wird höher gehandelt als alle anderen Deutschen vor ihm. Aber er wirkt unerschüttert, wenn die Sprache auf die enormen Erwartungen an ihn kommt. Sollen sie doch reden, die Kanadier, der Sturm und sonst wer. „Der Hype ist mir egal. Ich weiß, was ich kann. Und ich weiß, was ich nicht kann“, sagt Draisaitl. „Es ist doch einfach: Wenn ich eine Karriere in der NHL machen will, dann gehört es dazu, dass ich mit dem Gerede und den Geschichten klarkomme.“ Was den Draft betreffe, sei er entspannt: „Ich kann nichts beeinflussen.“

Schon bald könnte Leon Draisaitl in der NHL spielen

In der kommenden Saison wird Leon Draisaitl aber wohl in der NHL auflaufen, bei seiner schon jetzt starken Physis – bei 1,89 Meter wiegt er 90 Kilogramm – spricht wenig dagegen. Zumal er derzeit schon im Männerbereich üben kann. Mit der Nationalmannschaft bestreitet er die Vorbereitung auf die WM in Weißrussland im Mai. Am Donnerstagabend stand er in München bei der 2:4-Testspielniederlage gegen die von NHL-Star Alexander Owetschkin angeführten Russen auf dem Eis.

Bei den ersten Testspielen mit den älteren Herren um ihn herum hatte Draisaitl gegen Frankreich und Finnland als Vorlagengeber schon Glanz verbreitet. Auch wenn er selbst sagt, er müsse sich dem Niveau noch anpassen, sind seine WM-Chancen gut. „Aber wenn nicht, dann ist das auch nicht schlimm“, sagt er. „Ich habe ja noch viel Zeit.“

Der Sprung nach Kanada mit nur 16 Jahren ist Draisaitl nicht immer leicht gefallen. „Meine Familie vermisse ich natürlich schon. Aber ich spiele eben sehr, sehr viel Eishockey und habe kaum Zeit, an etwas anderes zu denken.“ Er habe ja seit frühester Kindheit einem „Traum“. Dem stand in seinem Elternhaus, vorsichtig formuliert, nichts im Wege. Natürlich weiß Leon Draisaitl, wer 1992 beim olympischen Viertelfinalspiel der Deutschen gegen Kanada den prominentesten Penaltyfehlschuss des deutschen Eishockeys abgab. Damals musste sogar die Tagesschau warten, bis der Puck exakt auf der Torlinie ausgetrudelt war.

„Ja, den Schützen kenne ich sehr gut“, sagt Leon Draisaitl und lacht. Er könne mitfühlen, wie es in seinem Vater ausgesehen habe. Vater Peter, zuletzt Trainer beim tschechischen Klub HC Budweis, spielte 146 Mal für Deutschland und ist für Leon Draisaitl erster Ansprechpartner, wenn es mal – was kaum vorgekommen ist bis jetzt – auf dem Eis nicht so läuft. „Seine Tipps sind viel wert, er baut mich immer auf.“ Und muss sich trotzdem schon mal was anhören vom Sohn. Wie Kinder halt so sind. Den Vater zu ärgern, sei simpel. „Da erwähne ich einfach den Penalty von 1992“, sagt Leon Draisaitl, der schon mit 18 Jahren ein exzellenter Penaltyschütze ist.

Claus Vetter

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