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Da geht’s lang. Als Spieler lief Pal Dardai jahrelang für Hertha auf, jetzt soll er den Klub als Trainer in der Bundesliga halten.
© City-Press GbR

Pal Dardai neuer Trainer: Seltsame Kontinuität bei Hertha BSC

Hertha BSC übergibt die Mannschaft zwei alten Bekannten: Pal Dardai und Rainer Widmayer. Doch wie wollen sie das verunsicherte Team aufrichten?

Sein Blut fließt herthablau und das Herz leuchtet in ungarischem Grün-Rot. Das ergibt eine lustige Mischung, wie Pal Dardai ohnehin viele lustige Sachen erzählt hat nach seinem Amtsantritt als... ja, als was eigentlich? Offiziell gibt er den Chef und dann wieder doch nicht, weil die Lizenz fehlt, auf dass Hertha BSC am Tag der Trennung von Jos Luhukay noch einen weiteren alten Bekannten aktivieren musste. Es handelt sich dabei um Rainer Widmayer, den ehemaligen Assistenten des ehemaligen Hertha-Trainers Markus Babbel. Nachdem dieser im Dezember 2011 gehen musste, sprang Widmayer für ein Spiel als Chef ein und bescherte Hertha mit einem Sieg über den 1. FC Kaiserslautern den Einzug ins Viertelfinale des DFB-Pokals.

Widmayer galt damals als Babbels taktisches Mastermind und wird sich wohl kaum von einem Berufsanfänger zum Aufstellen der Hütchen degradieren lassen. Zwar arbeitet Dardai seit längerem in Herthas Jugendbeteiligung und seit ein paar Monaten auch als ungarischer Nationaltrainer. Beide Jobs aber sind in ihrer Belastung kein Äquivalent zur täglichen Belastung in der Bundesliga. Auf Widmayers Frage, wie viel Bedenkzeit ihm bleibe, hat Herthas Manager Michael Preetz geantwortet: zehn Minuten. „Er wollte lieber eine Stunde“, sagte Preetz, „aber dann hat er mich nach fünf Minuten zurückgerufen und zugesagt.“

Hertha hat den richtigen Zeitpunkt für einen Wechsel auf der Trainerposition

So stand der Tag, an dem bei Hertha alles anders wurde, doch im Zeichen einer seltsamen Kontinuität. Zwei Ehemalige sollen die Zukunft freundlicher gestalten, als es die Gegenwart nach dem deprimierenden 0:1 am Mittwoch gegen Bayer Leverkusen und dem Absturz auf den vorletzten Tabellenplatz ist. Eine Nacht lang hatten die Entscheidungsträger aus Geschäftsführung und Präsidium nachgedacht und am folgenden Vormittag die Köpfe zusammengesteckt. Nach Rücksprache mit dem glücklosen Jos Luhukay wurde der Neuanfang beschlossen. Im offiziellen Pressemitteilungsdeutsch las sich das so: „Hertha BSC trennt sich mit sofortiger Wirkung von Cheftrainer Jos Luhukay. Nach eingehender Analyse der momentanen Situation hat sich der Verein heute dazu entschieden, darüber hinaus auch die Zusammenarbeit mit dessen Assistenten Markus Gellhaus und Rob Reekers zu beenden. Hertha BSC bedankt sich ausdrücklich bei Jos Luhukay und seinen Assistenten Markus Gellhaus und Rob Reekers für die sehr erfolgreiche Zusammenarbeit in den letzten Jahren.“

Eine gewisse Logik ist der damit einhergehenden Neubesetzung nicht abzusprechen. Natürlich hat Hertha den richtigen Zeitpunkt für einen Wechsel auf der Position des Trainers verpasst. Aber die Wahl des alten Haudegens Pal Dardai könnte immerhin dabei helfen, ein wenig Kredit zu erhalten bei den Fans, die sich den stetigen Leistungsabfall zuletzt in immer geringerer Zahl antun wollten. „Ich werde die Fans hinter mir haben“, sprach Dardai. „Sie wissen, dass ich immer für den Verein gearbeitet habe.“

Das Wohlbefinden des Publikums ist eine nicht zu unterschätzende Angelegenheit. „Wir haben Verständnis für den Unmut unserer Fans“, sagte Michael Preetz. „Wir haben sie nicht gerade verwöhnt mit guten Spiele und guten Ergebnissen. Nicht unsere Fans sind in der Bringschuld, wir sind in der Bringschuld.“

Das bislang letzte von Hertha erzielte Bundesligator fiel am 17. Dezember

Dardai und Widmayer stehen vor der anspruchsvollen Doppelaufgabe, einer verunsicherten Mannschaft neues Selbstwertgefühl zu vermitteln und darüber hinaus ganz banale Fertigkeiten, wie sie zur erfolgreichen Gestaltung eines Fußballspiels nötig sind. Zuletzt war Hertha BSC zuverlässig für allerlei Gegentore gut, zwölf waren es in den jüngsten vier Spielen. Nach vorn passierte dagegen so gut wie gar nichts. Das bislang letzte von Hertha erzielte Bundesligator fiel am 17. Dezember in Frankfurt. Was folgte, waren drei Spiele ohne jedes Erfolgserlebnis.

Die beiden neuen Alten sind von Anfang an gefordert. Am Samstag geht es in Mainz um drei Bundesligapunkte, aber schon vorher nutzte Michael Preetz die erstbeste Gelegenheit, sich von der neuen Lage ein Bild zu machen. Dardais erste Einheit verfolgte der Manager von der ersten bis zur letzten Minute am Rand des Trainingsplatzes. Das ist in der Vergangenheit eher selten vorgekommen. Dardai war erstmal allein gefordert, weil Widmayer so schnell nicht zur Verfügung stand und erst am Freitag eingreifen soll. Bei den Torschussübungen verteilte Dardai auch bei größter Streuung lautstarke Komplimente. Und die Hütchen hat er auch selbst aufgestellt.

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