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Die Chronologie des NFL-Finales: Seattle zerlegt die Denver Broncos im Super Bowl

Der Super Bowl war auch in diesem Jahr ein Spektakel - wenn auch ein sehr einseitiges. Unser Autor und seine kleine Football-Gemeinde haben natürlich trotzdem die Nacht durchgehalten. Die Chronik des NFL-Finales zum Nachlesen.

Der Super Bowl war auch in seiner 48. Auflage ein Spektakel, wenn auch diesmal ein etwas einseitiges. Wir waren natürlich die ganze Nacht über dabei, damit sie hier die Chronik des großen Football-Fests nachlesen können:

20.35 Uhr: Denver oder Seattle? Broncos oder Seahwaks? Offense oder Defense? Manning oder Sherman? Das sind die Fragen vor der 48. Auflage des weltgrößten Einzelsportevents. Und damit willkommen zur Super-Bowl-Chronik. In vier Stunden geht’s also los in New Jersey. Wir berichten zwar „nur“ aus dem heimischen Wohnzimmer im Berliner Süden… Wobei: Was heißt hier „nur“?

21.21 Uhr: Soll übrigens nochmal einer sagen, Football sei in Deutschland eine Randsportart. Gerade vor dem Endspiel steigt das Interesse dann doch spürbar. Ich habe diese Woche Post von einem seit längerem pensionierten Nachbarn bekommen. Er grüßte nett, unterzeichnete und versah den Brief mit der Anmerkung: „Seattle-Anhänger beim Super Bowl“.

22.06 Uhr: In unserer Runde sind die Sympathien weniger klar verteilt. Der Kollege Sebastian Stier aus der Tagesspiegel-Sportredaktion favorisiert die Broncos, Online-Kollege Axel Gustke drückt eher den Seahawks die Daumen. Allen weiteren anwesenden Freunden ist eine gewisse Gleichgültigkeit nicht abzusprechen, sie glänzen traditionell mit gefährlichem Halbwissen. Ob San Franciscos Quarterback Colin Kaepernick in diesem Jahr wieder mitspielen darf, will einer wissen. „Der kommt ja aus dem Großraum Berlin, Ecke Kaepenick.“ Dass die schlechtesten Witze des Vorjahres auch immer überleben müssen!?

Lieber Original-Tonspur als Sat1

23.11 Uhr: Ach ja, Sat1 übertragt das Spiel übrigens ab 0.05 Uhr live. Am Mikrofon: der ewigkultige Frank Buschmann. „Buschi“ schafft es zwar sogar, achtstündige Raab-Formate einigermaßen unterhaltsam zu kommentieren, trotzdem läuft bei uns natürlich Originaltonspur auf dem Gamepass. Als Einstimmung gibt’s das Finale von 2013. Was da so passiert ist, finden Sie hier noch einmal zum Nachlesen.

23.50 Uhr: Also Fernsehen, das können Sie, diese Amerikaner. Internet-Fernsehen natürlich auch. Wir stellen fest: 7,99 Euro war der Live-Stream auf der NFL-Homepage schon allein wegen der Vorberichterstattung wert. Und die Expertenrunde erst! Die Besetzung: Marshall Faulk, Warren Sapp, Michael Irvin, Kurt Warner, Steve Mariucci… sieben Super-Bowl-Ringe an einem Tisch. Sie berichten: detailliert, fachkundig, hochunterhaltsam.  So ungefähr muss das früher für meine Eltern gewesen sein, als sie zum ersten Mal „Westfernsehen“ sahen.  

0.11 Uhr: Brett Favre wird zugeschaltet, der legendäre Quarterback der Green Bay Packers und bis heute der Spieler mit den meisten Touchdown-Pässen der NFL-Geschichte. Mittlerweile sieht Favre aber nicht mehr wie ein professioneller Footballer aus, eher wie ein professioneller Survival-Trainer. Hat sich einen Kai-Diekmann-Gedächtnis-Bart wachsen lassen. Was Favre sagt, gefällt uns allerdings wesentlich besser als die Meinung des Bild-Chefredakteurs. Dass er nämlich Denver als Favoriten auf dem Zettel hat. Wir werden sehen.

Sogar Wilie Beamen ist dabei

0.19 Uhr: Der Großmeister spricht, also Broncos-Quarterback Peyton Manning. In unserer geschwätzigen Runde kehrt zum ersten Mal Ruhe ein, die sich allerdings wenig später legt. Schauspieler Jamie Foxx, der im wohl besten Football-Film aller Zeiten („An jedem verdammten Sonntag“) die Rolle des coolen Shooting-Stars Willie Beamen ausgefüllt hat, ist zu Gast im Studio. Leider unter bürgerlichem Namen. „My name is Willie… Willie Beamen… I keep the ladies… dreamin‘…“

0.27 Uhr: Spätestens beim Anblick von Joe Namaths Mantel dürfte jede Tierschutzorganisation auf die Barrikaden gehen. Was für einen Pelz trägt das Mitglied der „Hall of Fame“ da eigentlich? Egal. Namath ist ja für den Münzwurf gekommen und nicht für modische Beratungen. Und selbst der geht beinahe schief: Namath hat die Münze schon in die Luft geworfen, als sich die Teams noch gar nicht auf Kopf oder Zahl festgelegt haben. Zum Glück fängt sie der Referee auf, bevor sie den Boden berührt. Denver gewinnt jedenfalls den „Coin Toss“ und bekommt zuerst den Ball.

0.32 Uhr: Nach der gewohnt pathetisch vorgetragenen Nationalhymne starten die Broncos ihre erste Angriffsserie – und die beginnt denkbar ungünstig. Beim „Snap“, also der ersten Ballrückgabe zu Peyton Manning, verliert der Quarterback die Kontrolle über das eigenförmige Ei, sein Mitspieler sichert das Spielgerät in der eigenen Endzone. In Football-Fachsprache heißt das: Safety. Und bedeutet: zwei Punkte und Ballbesitz für Seattle.

0.47 Uhr: Seattle legt nach und verwandelt ein Field Goal. Zwischenstand: 5:0. Noch nichts Weltbewegendes.

1.08 Uhr: Die viel gelobte Offensive der Broncos, statistisch übrigens die beste der NFL-Geschichte, findet überhaupt nicht zu ihrem Spiel, Manning wirkt verunsichert. Seattle baut sein Führung mit einem weiteren erfolgreichen Field Goal aus: 8:0.

Manning schwächelt, Lynch schaltet den "Beast-Mode" an

1.11 Uhr: Das wird ja immer einseitiger! Völlig unbedrängt wirft Manning eine Interception, wenig später haben die Seahawks ihre gute Feldposition in Punkte umgewandelt. Marshawn Lynch schaltet in den „Beast Mode“ und drückt den Ball mit einem wuchtigen Lauf in die Endzone – 15:0.

1.39 Uhr: War das bereits die Entscheidung? Manning wirft seine zweite Interception, diesmal direkt in die Arme von Malcolm Smith. Seattles Verteidiger trägt den Ball direkt in Denvers Endzone und erhöht auf 22:0. Der mit Abstand einseitigste Super Bowl der vergangenen Jahre nimmt seinen Lauf.

1.55 Uhr: Die Statistiken sind ernüchternd: ganze elf Yards hat Denvers Offensivmaschinerie in der ersten Halbzeit zu Stande gebracht, Seattle weist dagegen 148 Yards und eine unüberwindbare Verteidigung auf. Überhaupt ist es 14 Jahre her, dass eine Mannschaft im Super Bowl das Kunststück fertig gebracht hat, in Hälfte eins keinen einzigen Punkt zu erzielen. Im Super Bowl XXXV lagen die New York Giants seinerzeit mit 0:10 gegen Baltimore zurück – und verloren am Ende natürlich.

2.07 Uhr: Halbzeit, Snackzeit. Die Nacht geht ja noch ein Weilchen. Entgegen aller Traditionen gibt es in diesem Jahr allerdings keine Burger bei uns, sondern Chili nach Hausmannsart. Garniert wird der ganze Spaß von der Halbzeitshow, die 2014 ein gewisser Bruno Mars verantwortet. Abgesehen von unserem jungen Praktikanten kannten den zwar nur die wenigsten Kollegen aus der Sportredaktion, aber kann man halt nicht ändern. Umso unverhältnismäßiger erscheint der „Sidekick“, den man ihm und seinem glitzernden Knabenchor zur Seite gestellt hat: die Red Hot Chili Peppers. Als Nebenakt für Bruno Mars wohlgemerkt. Muss ein schlechter Scherz sein. Genau wie das Halbzeitergebnis.  

2.32 Uhr: Die Entscheidung, da legen wir uns fest. Wie Jacobi Jones im vergangenen Jahr sprintet Seattles Percy Harvin nach dem Kick Off mit dem Ball über das ganze Feld durch in die Endzone – 29:0. Jetzt kann man sich das Spiel nicht mal mehr schön trinken. Und glauben Sie mir: wir lassen nichts unversucht.

Demontage ohne Ende

3.03 Uhr: Denver schenkt zum dritten Mal an diesem Abend den Ball her,  wenig später heißt es 36:0 für die Seahawks. Auf der Tribüne machen bereits die ersten Baseball-Kappen mit Seahawks-Emblem und dem Aufdruck „Champions“ die Runde.

3.12 Uhr: Klarer Fall von Ergebniskosmetik: Denver verkürzt nach einem Touchdown von Demaryius Thomas und einer erfolgreichen Two-Point-Conversion auf 8:36.

3.24 Uhr: Nimmt diese Demontage denn gar kein Ende mehr? Doug Baldwin punktet zum 43:8 für Seattle, an der Seitenlinie herrscht Fassungslosigkeit bei den Broncos. Wenig später ist Schluss, und der 48. Super Bowl geht als dritthöchster Sieg in die Geschichtsbücher ein.

3.33 Uhr: So frustrierend der Abend aus sportlicher Sicht auch gewesen sein mag, so schlimm wie Floyd Mayweather hat es wahrscheinlich niemanden erwischt, abgesehen vielleicht von den Broncos selbst. Der Box-Weltmeister soll 10.4 Millionen Dollar (!!!) auf einen Sieg von Denver gesetzt haben. Im Grunde hätte er das Geld schon zur Halbzeit anzünden können. Immerhin geht einer meiner Freunde ziemlich beseelt nach Hause: er hat auf Seattle getippt und die Wette gegen mich gewonnen. Es ging um die atemberaubende Summe von: 20 Euro. (Update: Floyd Mayweather hat mittlerweile demntiert, Geld auf den Super Bowl gesetzt zu haben. "Der einzige, auf den ich 10 Millionen Dollar setzen würde, bin ich selbst", verkündete Mayweather per Instagram.)

3.43 Uhr: Kein Geld, kein Schlaf, keine Spannung. Zeit also, um sich zu verabschieden. In diesem Sinne: Gute Nacht. In wenigen Stunden ruft der Redaktionsdienst. Einen ausführlichen Spielbericht zum Endspiel finden Sie später natürlich auf tagesspiegel.de.  

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