Nach Pfiffen und Kritik: Schumacher rät Vettel zum Wechsel
Der amtierende Formel-1-Weltmeister Sebastian Vettel soll den Rennstall wechseln - zumindest wenn es nach seinem Vorgänger Michael Schumacher ginge.
Dass Sebastian Vettel am Sonntag seinen vierten WM-Titel in Folge einfahren wird, daran zweifeln die wenigsten in der Formel 1. Ein fünfter Platz würde ihm dazu beim Großen Preis von Indien vor den Toren Neu-Delhis genügen, selbst wenn sein großer Konkurrent Fernando Alonso gewinnt. Weil dies also ziemlich sicher eintreten wird, beschäftigen sich viele in der Formel 1 schon mit der Zukunft. Etwa Michael Schumacher. Der Rekordweltmeister hat ein paar Karrieretipps für seinen Nachfolger parat. Er solle zu Ferrari wechseln, riet der siebenmalige dem bald viermaligen Weltmeister in der „Bild“. „Wenn man es schafft, mit einem Traditions-Rennstall, einer Marke voller Emotionen Rennen und Meisterschaften zu gewinnen, dann ist das nach wie vor das Nonplusultra. Und das würde sicher die eine oder andere Situation für ihn verändern.“ Sprich, Vettel würde dann endlich auch von Fans und Rivalen die angemessene Anerkennung erfahren.
Dass Vettel Schumachers Rat beherzigen wird, ist gar nicht so unwahrscheinlich. Wie fast alle Formel-1-Piloten träumt er davon, einmal für das traditionsreichste aller Teams zu fahren, und hat dies auch schon mehrfach öffentlich geäußert. Sein Red-Bull-Team kann trotz des besten Autos genau diesen Mythos nicht vorweisen; stattdessen färbt das Neureichen-Image auf Vettel ab. Auch Schumacher war einst nach Maranello gegangen, um nach zwei WM-Titeln auch die Herzen der Menschen zu erobern. Auch für Vettel könnte der Weg zu den Roten bald frei sein. Noch ist Alonso dort der Platzhirsch ist, das Verhältnis zwischen Ferrari und dem Spanier ist allerdings gestört, McLaren will ihn für 2015 verpflichten.
Bis dahin muss der Heppenheimer wohl damit leben, dass sich die Begeisterung über seine Erfolgsserie in Grenzen hält. Er hat das Problem aller Dauersieger: Zuschauer und Gegner warten verzweifelt auf eine Niederlage oder zumindest eine Schwäche. Andernfalls lassen sie ihrem Unmut schon einmal freien Lauf. Wie in Monza und Singapur, als er auf dem Siegerpodest von Zuschauern ausgebuht wurde.
Unter seinen Kollegen genießt der Heppenheimer aber durchaus Respekt. Natürlich werden Alonso oder Lewis Hamilton nie offen sagen, dass sie ihn für den Besten halten. Jeder der Rivalen muss schließlich davon überzeugt sein, dass er das selbst ist. Die größten Lobeshymnen auf Legenden wie Schumacher wurden deshalb stets nach deren Rücktritten gesungen. Zu den Zeiten der „Großen Vier“, Ende der Achtziger, Anfang der Neunziger, war von Alain Prost, Nigel Mansell oder Nelson Piquet auch nie das Eingeständnis zu hören, Ayrton Senna könnte der Beste von ihnen allen sein. Diese Rühmung wurde ihm erst nach seinem Tod zuteil.
Das Zugeständnis, „er macht einen Superjob, fährt eine optimale Saison und macht keine Fehler“, ist unter Konkurrenten schon das Maximum – und immerhin dazu können sich in Vettels Fall fast alle durchringen. Alonsos Teamkollege Felipe Massa fügt noch hinzu: „Ja, er hat das beste Auto – aber er macht auch das beste daraus, arbeitet unglaublich hart und gut. Er hat all das, was er erreicht hat, hundertprozentig verdient.“ Wer der beste Pilot sei, „das wird sowieso nie wirklich sagen können“, meint der Force-India-Fahrer Adrian Sutil. „Man kann nur Ergebnisse vergleichen.“
Sebastian Vettel dürften diese Debatten im Moment sowieso ziemlich egal sein. Er beschäftigt sich mit der Gegenwart, und da stehen wichtigere Entscheidungen als ein Teamwechsel an. Zum Beispiel die, was denn im Falle seines vierten Titelgewinns auf der Siegerparty laufen soll. „Keine Schlager“, stellte er schon mal klar. „Ansonsten bin ich da relativ offen, und irgendwann ist die Musik bei einer guten Party auch egal.“
Karin Sturm