Platini und Blatter liefern sich Duell: Schattenkampf in Wien
Auf dem Uefa-Kongress in Wien wird Michel Platini im Präsidentenamt bestätigt. Der 59-jährige Franzose hat in den kommenden vier Jahren viel vor - und liefert sich gleich mal ein verstecktes Duell mit Fifa-Boss Joseph Blatter.
Die Szene passte nicht. Sie passte nicht zu all den liebenswerten, lobenden Worten, die die wichtigsten Männer des Weltfußballs bis dahin ausgetauscht hatten. Michel Platini, Präsident des Europäischen Fußball-Verbands (Uefa), war gerade per Akklamation von den Delegierten des Uefa-Kongresses für vier weitere Jahre in seinem Amt bestätigt worden. Der Franzose genoss auf dem Podium den Applaus, doch nicht alle in der großen Halle des Wiener Kongress-Zentrums klatschten. Vor allem ein Mann nicht, der Einzige, der noch mächtiger ist im Weltfußball: Joseph Blatter. Der Fifa-Präsident saß mit verschränkten Armen und versteinerter Miene in der ersten Reihe.
Platini und Blatter werden keine Freunde mehr. Derzeit tragen sie eine Art Schattenduell aus. Blatter will am 29. Mai erneut als Fifa-Präsident wiedergewählt werden. Platini will das verhindern. Er tut dies aber nicht, indem er gegen den Schweizer antritt. Der 59-Jährige hat stattdessen drei Kandidaten ins Rennen geschickt, die ihm und der Uefa nahe stehen. Den Niederländer Michael van Praag, den Jordanier Prinz Ali bin al-Husein und den Portugiesen Luis Figo. Bisher war dieser Wahlkampf kein wirklicher Wahlkampf. Doch am Dienstag trafen alle Kandidaten aufeinander – plus eben Schattenwahlkämpfer Platini.
Blatter findet, die Uefa trägt nicht zu der Einheit im Weltfußball bei
Wie Blatter mit dieser Situation umgeht, war die große Frage vor dem Uefa-Kongress. Schließlich hatte der 79-Jährige zuvor immer wieder betont, er habe es nicht nötig, einen Wahlkampf zu führen. Seine bisherige Arbeit bei der Fifa sei doch Manifest genug. Und so trat Blatter zu Beginn des Kongresses nicht als Kandidat auf, sondern als Fifa-Präsident. In dieser Rolle durfte er während seiner Rede auch keinen Wahlkampf machen. Blatter lobte also mit warmen Worten die Uefa und sprach dann vor allem über die aus seiner Sicht grandiose Wirkung des Fußballs. Darüber, wie sehr der Fußball die Menschen weltweit berühre, und wie stark der Fußball zum Frieden beitragen könne. Es fehlte nur, dass Blatter gesagt hätte, Fußball könne alle Probleme dieser Erde lösen.
Aber dann, etwas versteckt, wies er die europäischen Verbandsoffiziellen doch noch daraufhin, dass er mit deren Kritik und deren Vorstoß, drei Kandidaten gegen ihn aufzustellen, nicht einverstanden war. Er betonte, wie wichtig es sei, Einheit zu zeigen. Und er wiederholte das oft. So oft, dass jeder im Saal mitkriegen musste: Blatter findet, die Uefa trägt nicht zu der Einheit im Weltfußball bei. Und er sagte: „Ich bitte die Uefa, zusammen diese Einheit herzustellen innerhalb unserer Organisation.“ Das war es aber auch schon.
Platini sprach zunächst ebenfalls nur mit wolkigen Worten über Fußball. Nach seiner Wahl ging er dann doch noch auf den Weltverband ein, ohne Blatter aber namentlich zu erwähnen. „Die Fifa liegt uns sehr am Herzen. Wir möchten, dass sie perfekt ist“, sagte er. Und ergänzte dann kryptisch: „Einige versuchen, uns gegeneinander auszuspielen. Glauben Sie nicht alles, was man Ihnen sagt. Wir sind nicht das arrogante Europa.“
Den besten Eindruck hinterlässt Michael van Praag
Erneut konnte sich Platini des Applauses sicher sein. Wie groß sein Rückhalt innerhalb der Uefa ist, zeigten die Delegierten immer wieder. Auch DFB-Präsident Wolfgang Niersbach lobte Platinis Ausführungen. „Seine Rede hat mir sehr gefallen, er hat unterstrichen, dass er kein Solist ist, der nur seine Ideen durchsetzt.“ Auch das war ein versteckter Hinweis auf den Fifa-Präsidentenwahlkampf. Niersbach hat von nun an die Gelegenheit, Blatter genauer auf die Finger zu schauen. Der 64-Jährige wurde als Nachfolger Theo Zwanzigers in das Fifa-Exekutivkomitee gewählt, ebenfalls per Akklamation. Und Niersbach betonte sogleich seine große Hoffnung: „Wir müssen die absolute Glaubwürdigkeit wieder herstellen.“
Fast die exakt gleichen Worte wählten auch Blatters Gegenkandidaten. Alle drei legten in ihren Reden großen Wert darauf, dass sich die Fifa ändern müsse. Den besten Eindruck hinterließ dabei van Praag. Er gab sich sehr engagiert und forderte die Delegierten direkt auf, ihn nun zu wählen. Aber alle lobten auch überschwänglich Platini für dessen Führung. Darin war sich der europäische Fußball am Dienstag einig. Joseph Blatter wird es nicht gefallen haben.