zum Hauptinhalt
Am Ende fehlte die Frische: Sabine Lisicki kann ihren Einbruch im Finale von Wimbedon selbst nicht fassen.
© AFP

Wimbledon: Sabine Lisicki - zu müde für den Titel

Am Ende eines kräftezehrenden Turniers fehlt Sabine Lisicki im Endspiel von Wimbledon auch die mentale Frische. "Der ganze Weg ins Finale hatte wohl auch mental mehr Kraft gekostet, als ich mir eingestehen wollte", sagt sie danach.

Es dauerte lange, bis Sabine Lisicki ihr Lächeln wiedergefunden hatte. Es sollte eigentlich ihr großer Tag werden in Wimbledon, doch dann war irgendwie alles schief gelaufen. Vor den edlen, holzverkleideten Umkleiden in den Katakomben des Centre Courts hockte die Berlinerin, weinend, sie war auch zwei Stunden nach ihrer Finalniederlage gegen Marion Bartoli immer noch untröstlich.

Ihre Eltern redeten ihr gut zu, ihr Trainer Wim Fissette ebenso. Auch Bundestrainerin Barbara Rittner nahm Lisicki in die Arme, und erinnerte sie daran, was für ein fabelhaftes Turnier sie in den vergangenen zwei Wochen gespielt hatte. Als Lisicki schließlich vor die Presse trat, konnte sie schon wieder lächeln. Enttäuscht war die 23-Jährige immer noch. Darüber, dass sie die größte Chance ihrer Karriere nicht hatte nutzen können. Aber mehr noch schien es, als sei Lisicki selbst ein wenig darüber erschrocken, dass ihr gerade, als es so sehr darauf ankam, die Nerven versagten.

Es war eine Sache, dass sie der besondere Druck, die eigene Aufregung und das ganze Drumherum in ihrem ersten Grand-Slam-Finale überwältigt hatte. Das war schon ganz anderen Spielerinnen passiert, und die meisten müssen das erst selbst einmal am eigenen Leib erfahren haben, um damit umgehen zu können. Auch Lisicki baut fest darauf. „Ich lerne sehr viel mit der Erfahrung“, erklärte sie, „und so hart diese auch war, bin ich sicher, dass sie mir für die Zukunft sehr viel helfen wird, noch besser zu werden.“

Allerdings war die Nervosität allein nicht der Grund, warum ihr schon mitten im Spiel plötzlich die Tränen kamen und sie bis zum Ende der Partie kaum mehr aufhören konnte, zu weinen. „Der ganze Weg ins Finale hatte wohl auch mental mehr Kraft gekostet, als ich mir eingestehen wollte“, analysierte sie.

Die Konzentration, sie war einfach weg an diesem Nachmittag, und so sehr sich Sabine Lisicki auch bemühte, sie kam nicht zurück. „Jeder kennt das doch : Wenn man zu viel arbeitet und sich einfach nicht mehr konzentrieren kann. Man möchte, aber man braucht einfach eine Pause“, versuchte Lisicki zu erklären.

Und sie hatte viel gearbeitet in Wimbledon, von Runde zu Runde und in einer Auslosung, die ihr alles abverlangt hatte. Denn während in der Tableauhälfte von Wimbledonsiegerin Marion Bartoli gleich reihenweise die Favoritinnen vorzeitig scheiterten, musste Lisicki von Beginn an beißen und sich den Weg ins Finale mit steten Höchstleistungen verdienen. Allein drei Grand-Slam-Siegerinnen bezwang Lisicki in Wimbledon, Serena Williams war eine von ihnen, auch das Halbfinale gegen Agnieszka Radwanska zählte zu den Höhepunkten ihrer Leistungen in Wimbledon. Erst im dritten Satz siegte Lisicki 9:7 gegen die Nummer vier der Welt. „Partien gegen die Besten sind viel schwerer und die Rallyes weitaus zehrender“, sagte Lisicki, das kostet Kopf und Körper extrem viel Energie. Die Folge ist: Irgendwann lassen die Kräfte nach.

„Ihr Körper war einfach leer“, meinte auch ihr Trainer Wim Fissette, und so spürte Lisicki in diesem Endspiel plötzlich die ganzen Anstrengungen der letzten zwei Wochen in Leib und Seele. „Die flüchtigen Fehler kamen, weil die Konzentration durch die Müdigkeit einfach weggeht“, sagte Lisicki, „das geht Hand in Hand.“ Dabei bereitet sie sich seit einigen Jahren auf genau solche Momente vor. In Bradenton im US-Staat Florida arbeitet sie mit einem Mentalcoach zusammen. „Ich habe versucht, mich mit den verschiedenen Techniken und Atemmethoden zu beruhigen“, sagte sie, „normalerweise hilft das, dieses Mal leider nicht.“

Die Müdigkeit, die Nerven, beides hatte Lisicki geradezu eingezwängt, und mit der Enttäuschung darüber, dass sie so gerne noch einmal alles gegeben hätte, es aber nicht ging, kullerten die Tränen. „Ich bin emotional auf und neben dem Platz“, sagte Lisicki, und das könne und wolle sie auch nicht verbergen, denn „dafür mögen mich auch viele, dass ich auch nur ein Mensch bin.“

Zur Startseite