Champions League: Ronaldos trickreiche Revanche
Cristiano Ronaldo siegt mit Real Madrid gegen Paris Saint-Germain und rächt sich raffiniert für einen Tritt im EM-Finale.
Rio Ferdinand hat später in der Nacht erzählt, was Cristiano Ronaldo da angestellt hat. Bei diesem wegweisenden Elfmeter, den Real Madrids Portugiese kurz vor dem Ende der ersten Halbzeit in das Tor von Paris Saint-Germain wuchtete. Es bedurfte schon einer Spezialkamera, um den Trick zu enthüllen. Zu sehen ist, wie Ronaldo seinen linken Fuß mit so viel Energie neben den Elfmeterpunkt stampfte, dass der Ball nach oben hüpfte, minimal nur, aber doch ausreichend, um die Exekution des Strafstoßes in Form eines Volleyschusses mit seinem starken rechten Fuß zu vollziehen. „Das hat er früher schon im Training ausprobiert“, sprach der frühere englische Nationalspieler Ferdinand als Experte im britischen Fernsehen. „Verrückt, aber er hat das wirklich gemacht“ – damals, als die beiden gemeinsam für Manchester United spielten.
Gianluca Rocchi standen im Achtelfinal-Hinspiel der Champions League wie allen anderen im Stadion nur zwei Augen zur Verfügung. Weil der italienische Schiedsrichter die Szene in Echtzeit bewerten musste, verhängte er keine Wiederholung, wie es das Regelwerk für diesen Fall vorschreibt. Ronaldos Treffer zählte, er brachte Real den Ausgleich und damit zurück ins Spiel. Am Ende stand ein 3:1-Sieg des Champions-League-Siegers der vergangenen beiden Jahre, eine doch sehr komfortable Ausgangsposition für das Rückspiel in drei Wochen. Ronaldo verlor kein einziges Wort über seine ungewöhnliche Elfmetertechnik und pries lieber das sonst so oft reservierte Publikum: „Die Fans waren fantastisch, wir haben ihre Hitze auf dem Rasen gespürt“, was gewiss ganz angenehm war in dieser kühlen Nacht von Madrid.
Ronaldo lobte hinterher das sonst eher reservierte Madrider Publikum
In der Retrospektive war der Volley-Elfmeter Ronaldos spektakulärste Aktion, aber keineswegs die einzige, mit der er das Gipfeltreffen mit den aufmüpfigen Franzosen prägte. Ronaldo war mal wieder die auffälligste Figur auf dem Platz, mit allerlei Dribblings und Temposprints und einem weiteren Tor, das Real in der Schlussphase des Spiels die Führung ermöglichte. Diesmal traf er nicht wie sonst mit dem Kopf oder dem rechten Fuß und er war auch an der Entstehungsgeschichte weitgehend unbeteiligt. Marco Asensio hatte sich auf dem linken Flügel nicht so recht entscheiden können, ob er denn nun auf das Tor schießen oder scharf in die Mitte passen wollte. Der französische Torhüter Alphonse Areola bekam noch die Hand an den Ball und lenkte ihn Richtung Ronaldo, der kaum noch ausweichen konnte und zum 2:1 traf. Mit dem linken Knie.
Auch dazu gibt es eine Vorgeschichte, sie spielt interessanterweise in Paris. Es war der Franzose Dimitri Payet, der im Finale der EM 2016 mit Anlauf in Ronaldo hineinrauschte, dabei eben dieses linke Knie traf und den besten Spieler des Turniers vom weiteren Mitwirken ausschloss. Portugal gewann dennoch 1:0, aber Ronaldo musste zur Siegerehrung mit lädiertem Gelenk die Tribüne hinaufhumpeln und seine Sommerpause zwangsweise auf zwei Monate ausdehnen. Vergessen und vorbei. Am Mittwoch hat er sich revanchiert, mit einem Volley-Elfmeter und dem linken Knie.
Sven Goldmann