Nach Sieg gegen Dominik Koepfer: Roger Federer zieht sich von den French Open zurück
Roger Federer hat sich bei den French Open ins Achtelfinale gekämpft. Dort wird er am Montag aber nicht mehr antreten. Sein Fokus liegt woanders.
Es war auch für Roger Federer einer der surrealsten Momente seiner langen und so erfolgreichen Karriere. Da stand er nun auf dem Court Philippe Chatrier im Stade Roland Garros von Paris, es war kurz vor eins in der Nacht und Federer gab ein Interview. Zuvor hatte er den deutschen Davis-Cup-Profi Dominik Koepfer in mehr als dreieinhalb Stunden mit 7:6 (7:5), 6:7 (3:7), 7:6 (7:4), 7:5 besiegt, in normalen Zeiten hätten ihm in der Nacht zum Sonntag trotz später Stunde rund 15 000 Zuschauer zugejubelt.
Doch jetzt? War es mucksmäuschenstill in der großen Arena, hin und wieder hörte man das Klicken der Kameras, wenn einer der Fotografen wieder auf den Auslöser gedrückt hatte - das war's. Ansonsten hörte man nur die Fragen der Interviewerin - der früheren Topspielerin Marion Bartoli - und eben Federers Antworten.
„Das war in mehrerer Hinsicht sehr speziell“, sagte Federer zu den der Coronavirus-Pandemie geschuldeten Umständen. Doch es zeigt, welche Liebe der Schweizer auch mit 39 Jahren und nach zwei nicht ganz einfachen Knieoperationen noch für den Tennissport hat. Mitten in der Nacht gegen einen unbequemen Gegner, der nicht umsonst den Spitznamen Pitbull trägt, und dann noch unter diesen recht trostlosen Begleitumständen - nicht viele hätten sich da beim Stand von 1:1 in den Sätzen und mit einem Breakrückstand im dritten Durchgang noch einmal zurückgekämpft.
Auch Federer hatte in diesem Moment Zweifel. „Ich konnte ja nicht wissen, wie viel Energie ich noch im Tank habe und musste auch ein bisschen dosieren“, gab der Rekord-Grand-Slam-Turniersieger zu. Doch Federer fand irgendwie einen Weg, auch weil Koepfer in einigen Phasen die Nerven einen Streich spielten.
Roger Federer gewinnt gegen Dominik Koepfer, weil er einfach Roger Federer ist
„In den entscheidenden Momenten gewinnt er das Match wahrscheinlich einfach, weil er Roger Federer ist“, sagte Koepfer nach der für ihn bitteren Niederlage. „Der Ausgang dieses Spiels interessiert mich überhaupt nicht. Federer mit 39 Jahren nach zwei Knieoperationen um 00.30 Uhr in einem leeren Stadion spielen zu sehen, ist für mich inspirierend“, schrieb der Brite Andy Murray, ebenfalls immer wieder von Verletzungen gestoppt, währen der Partie bei Twitter.
Für Federer, der sein zuvor letztes Grand-Slam-Turnier 2020 in Melbourne bestritten hat, war es ein wichtiger Sieg. Nicht weil er den Einzug ins Achtelfinale bedeutete, sondern weil er zeigte, dass sein Körper nach mehr als einjähriger Pause auch extremen Belastungen wieder standhält. „Das war heute ein großer Schritt“, sagte Federer.
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Die langjährige Nummer eins der Welt hat seinen Fokus in diesem Jahr ganz klar auf Wimbledon gelegt. Dort scheint die Chance am größten, dass er seinen bislang 20 Grand-Slam-Titeln einen weiteren hinzufügen kann. Er sehe die French Open daher nur als Vorbereitung, hatte Federer im Vorfeld gesagt. Eine Aussage, die die stolzen Bosse in Paris jedem anderen Spieler übel genommen hätten, nicht aber ihm. Federer ist eben Federer.
Und so überraschte es dann auch nicht, dass er am Sonntag ankündigte, zu seinem Achtelfinale gegen den Italiener Matteo Berrettini nicht mehr antreten zu wollen: „Nach Diskussionen mit meinem Team, habe ich mich entschieden, mich heute von Roland Garros zurückzuziehen“, wurde Federer in einer Mitteilung des Turniers zitiert. „Ich bin glücklich, dass ich drei Matches spielen konnte. Es gibt kein besseres Gefühl, als zurück auf dem Platz zu sein.“
Angesichts des durch die Verschiebung der French Open um eine Woche enger als gewöhnlichen Terminplans, blieb ihm beinahe keine Wahl, um nicht die Ziele für die Rasensaison zu gefährden. Denn schon in einer Woche steht das Rasenturnier in Halle an, wo sogar eine Straße nach ihm benannt ist. Am 28. Juni beginnt bereits Wimbledon. (dpa)