Leichtathletik-EM in Zürich: Robert Harting gewinnt Gold im Diskuswerfen
Der Berliner Robert Harting gewinnt im Diskuswerfen den großen fünften Titel hintereinander und lässt die Konkurrenz bei der Leichtathletik-EM in Zürich nicht an sich heran. Sein Trikot allerdings bleibt diesmal ganz.
Das Siegeszeremoniell bestand aus zwei Gesten, einer sanften und einer scheinbar groben. Zuerst küsste Robert Harting den Diskusring, so zärtlich wie man eben ein Stück Beton behandeln kann. Anschließend sollte unter dem Gejohle des Publikums das offenbar schon sehnsüchtig erwartete Zerreißen seines Nationaltrikots folgen. Doch diesmal deutete Harting die Zerstörung nur an und zog sich das Hemd über den Kopf, um es sich dann darauf bequem zu machen. Der Mann ist sogar zur Ironie fähig.
Dabei hätte er durchaus noch genügend Kraftreserven gehabt. Der 29 Jahre alte Berliner Diskuswerfer des SC Charlottenburg gewann jedenfalls mit 66,07 Metern und deutlichem Vorsprung die Europameisterschaft – sein fünfter großer Titel hintereinander. Beim Gewinnen großer Meisterschaften ist Harting längst in die Serienproduktion gegangen. Seit zwei Weltmeisterschaften, zwei Europameisterschaften und den Olympischen Spielen in London hat Harting keinen großen Titel mehr an die Konkurrenz abgegeben.
Robert Harting sorgt für zweiten deutschen Titel bei dieser EM
Die Silbermedaille gewann Gerd Kanter aus Estland mit 64,75 Meter – diese Weite zeigte, dass Harting gerade keinen an sich heranlässt. Dritter wurde Robert Urbanek aus Polen mit 63,81 – nicht etwa dessen Landsmann Piotr Malachowski. Der landete auf Platz vier. Ob das am merkwürdigen Aufwärmprogramm Malachowskis lag? Im Callroom vor Beginn des Wettkampfs lag Malachowski auf dem Boden und raufte mit zwei Teamkollegen.
Die beiden anderen deutschen Werfer im Wettbewerb, Daniel Jasinski aus Wattenscheid und Martin Wierig aus Magdeburg wurden Siebter und Elfter mit Weiten von 62,04 Meter und 60,82 Meter. Harting sorgte nach dem Kugelstoßer David Storl für den zweiten Titel des deutschen Teams bei diesen Europameisterschaften in Zürich. „Ich habe schon schönere Abende erlebt. Es war schwierig. Ich bin deshalb glücklich, dass es so ausgegangen ist“, sagte Harting. Mit schwierig meinte er unter anderem seine neuen Schuhe die ihm im Ring Probleme bereitet hatten.
Weitspringerin Melanie Bauschke versteht die Welt nicht mehr
Es hätte am Mittwoch sogar ein Berliner Abend werden können. Gold für Harting, dazu ein hervorragender fünfter Platz für seinen Vereinskollegen Lucas Jakubczyk im Sprint über 100 Meter – und eine Medaille für die Weitspringerin Melanie Bauschke. So sah es lange aus. Doch die 26 Jahre alte Athletin vom LAC Olympia 88 erlebte einen Abend, der nicht etwa mit einer Medaille endete, sondern mit Tränen.
Sie war im ersten Versuch des Weitsprungfinales 6,79 Meter gesprungen. Das glaubten jedenfalls alle, bis auf ein Team, das gegen diese Messung Protest einlegte. Bauschke ist durchaus zu dieser Weite fähig. Ihre Bestleistung liegt bei 6,83 Meter. Sie lag jedenfalls lange mit ihren 6,79 Meter auf Platz zwei, dann auf Platz drei. Aber vor ihrem letzten Sprung teilte ihr das Kampfgericht mit, dass es sich um einen Messfehler handelte. Bauschkes erster Sprung wurde nun mit 6,55 Meter gewertet. Damit wurde sie am Ende Sechste. Eine Medaille wäre ihr Karrierehöhepunkt gewesen, doch statt mit dieser Auszeichnung verließ sie mit Tränen den Innenraum.
Cindy Roleder gewinnt über 100 Meter Hürden Bronze
Glücklicher war am Abend Cindy Roleder aus Leipzig, die sich im Finale über 100 Meter Hürden die Bronzemedaille sicherte. In 12,82 Sekunden lag sie im Ziel sechs Hundertstel hinter der Britin Tiffany Porter und sagte danach: "Der Zwischenlauf hat mir extrem viel Mut gegeben, da habe ich schon mit Platz drei geliebäugelt - jetzt habe ich ihn."
Friedhard Teuffel
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