zum Hauptinhalt
Zu seiner Freude. DFB-Präsident Reinhard Grindel möchte sich mit dem Turnier in sechs Jahren weiter profilieren.
©  Fabrice Coffrini/AFP

Nach EM-Vergabe: Reinhard Grindel muss weiter kämpfen

Deutschland darf die EM 2024 ausrichten - nicht wegen, sondern trotz des DFB-Präsidenten. Die Strippen soll wohl ein anderer gezogen haben.

In der Zentrale des Deutschen Fußball- Bundes (DFB) wurde am Freitag nicht allzu viel gearbeitet. Das war aus Sicht der Chefs aber auch vollkommen okay. Es gab ja schließlich etwas zu feiern. DFB-Präsident Reinhard Grindel, Philipp Lahm und weitere Mitglieder der deutschen Delegation, die tags zuvor beim europäischen Kontinentalverband (Uefa) in der Schweiz der erfolgreichen EM-Vergabe für 2024 beigewohnt hatten, waren wieder zurück nach Frankfurt am Main geflogen, um den Sieg der deutschen Bewerbung bei einer Grillparty mit den Verbandsmitarbeitern zu begehen. Und danach bekamen alle den Rest des Tages frei.

Sie können also erstmal durchschnaufen beim DFB. Aber nur kurz. Denn umso intensiver werden die nächsten sechs Jahre der Turniervorbereitung sein. Grindel sagte schon kurz nach der Vergabe in Nyon: „Ich werde mich jetzt an die Sachthemen machen.“ Der DFB-Präsident geht mit Rückenwind aus dem deutlichen Sieg im Duell mit der Türkei (12:4 Stimmen, bei einer Enthaltung). Innerhalb des Verbands hatte es zuletzt rumort. Grindel hätte sich nicht nur durch seine Fehler in der Affäre um Mesut Özil Unmut zugezogen, sondern würde viele auch mit seiner Einmischung in selbst kleinste Detailfragen nerven, war zu vernehmen. Auch sein Verhältnis mit dem DFB-Generalsekretär Friedrich Curtius soll belastet sein.

Nun betonte Grindel mehrmals, die Präsidenten der Landesverbände und die Bundesliga würden ihn geschlossen unterstützen und fänden die Personaldiskussion „völlig überflüssig“. Zudem stellte Grindel klar: „Ich habe gekämpft, aber nicht für mich, sondern für den DFB, das große Ziel.“ Aus den Kreisen der Mitglieder des Uefa-Exekutivkomitees, die mit ihrer Wahl über die EM-Vergabe entschieden hatten, erfuhr der Tagesspiegel jedoch, dass der DFB in der letzten Phase vor allem auf einen anderen Werber zählen konnte: auf Karl-Heinz Rummenigge. Der Vorstandsvorsitzende des FC Bayern sei den meisten Uefa-Wahlleuten sympathischer als Grindel, berichtet ein Insider. Rummenigge war lange Jahre Chef der europäischen Klub-Vereinigung (ECA) und ist somit bestens vernetzt.

Rummenigges Rolle

Während am Donnerstag also die offiziellen Frontmänner der deutschen Bewerbung, Grindel und EM-Botschafter Lahm, in der Uefa-Zentrale in Nyon ein Interview nach dem anderen gaben, schlenderte Rummenigge abseits der Fernsehkameras hinaus. Auf seine Rolle beim Buhlen um die Stimmen der Wahlleute angesprochen, sagte er mit einem zufriedenen Lächeln: „Ich bin mit vielen Mitgliedern aus dem Exekutivkomitee sehr eng befreundet.“ Er dürfte bei seinen Freunden also Gehör gefunden haben.

Es kristallisiert sich immer mehr heraus, dass der DFB den EM-Zuschlag nicht wegen Grindel, sondern trotz Grindel bekommen hat. Wobei Rummenigge ihn am Donnerstag explizit lobte. „Ich muss dem Team DFB mit Reinhard Grindel an der Spitze ein Kompliment für die Bewerbung aussprechen“, sagte er. An Grindels Position im Verband wird bis zum nächsten DFB-Bundestag im September 2019 wohl niemand rütteln. Zumal zu hören ist, dass auch die Deutsche Fußball-Liga (DFL) mit ihm gut leben kann, weil er eben kein starker DFB-Chef sei und sich in der Zusammenarbeit nicht gegen sie stelle. Grindel selbst scheint entschlossen zu sein, das kleine Stimmungshoch nun für sich zu nutzen.

Der 57-Jährige gönnt sich keine Pause und tourt auch am Wochenende weiter. An diesem Samstag wird er zunächst in Cottbus am Brandenburgischen Fußball-Verbandstag teilnehmen - und dann abends beim „Aktuellen Sportstudio“ des ZDF in Mainz zu Gast sein.

Besonders im Fall Özil will sich Grindel offenbar rehabilitieren. So kritisierte er nach der EM-Vergabe den früheren Nationalspieler dafür, dass er sich am vergangenen Montag in London nicht auf ein Treffen mit Bundestrainer Joachim Löw eingelassen hatte. „Ich finde es nicht richtig, dass man angesichts der Vorwürfe, die Mesut Özil erhoben hat, nicht ins Gespräch kommen kann“, sagte Grindel. Löw und Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff waren beim FC Arsenal nicht zum Training mit Özil gelassen worden. Und so betonte Grindel: „Natürlich haben wir ihm auch den WM-Titel zu verdanken, aber er hat auch Jogi Löw eine ganze Menge zu verdanken und ich finde, dass es sich gehört, ein persönliches Gespräch zu führen.“

Grindel prescht also nach vorne. Der Grund ist klar: Er braucht weitere Siege.

Johannes Nedo

Zur Startseite