Sport: Rechtschreibreform auf Sorbisch
Niederlausitz: Viele zweisprachige Ortsschilder sind seit Februar falsch – Schuld ist das „ut“
Cottbus - Seit Februar sind viele Ortsschilder in der Niederlausitz falsch. Gemerkt hat das bisher aber niemand – abgesehen von einigen Sorben. Wegen der rund 20 000 in Südbrandenburg lebenden Angehörigen dieser slawischen Minderheit sind die Orts- und viele andere amtliche Schilder hier zweisprachig. Und all’ der Hader um die deutsche Rechtschreibreform hat die Sorben in der Niederlausitz nicht davon abgehalten, nun ebenfalls eine ihrer Ansicht nach längst fällige Sprachkorrektur vorzunehmen.
Es geht um das „ut“, einen Vokal, der – so erklärt es der Sprachwissenschaftler Timo Meskank vom Leipziger Sorabistik-Institut – bislang wie ein „o“ geschrieben wurde, obwohl er wie ein zum „ö“ tendierendes „y“ ausgesprochen werde. Nicht-Sorben und Sorbischschüler hatten deshalb bislang erhebliche Probleme, das normale „o“ vom „ut“ zu unterscheiden. Seit Februar muss das „ut“ nun „ó“ geschrieben werden.
Doch viele sorbische Ortsnamen in der Niederlausitz enthalten das „ut“, nun geschrieben „ó“ – Chódebuz für Cottbus beispielsweise oder Bórkowy für die Spreewaldgemeinde Burg. Deshalb müssten die Ortsschilder jetzt eigentlich abmontiert und durch neue ersetzt werden. „Natürlich verlangen wir das nicht“, sagt Harald Konzack, der Vorsitzende des Rates für sorbisch-wendische Angelegenheiten beim brandenburgischen Landtag: „Das würde bei der deutschen Bevölkerung niemand verstehen. Da hört man ja ohnedies schon oft, dass die Sorben immer nur Geld wollen. Die Korrektur kann man vornehmen, wenn die Ortsschilder ohnehin erneuert werden müssen.“
Beschlossen wurde die Reform von der Niedersorbischen Sprachkommission. Ihr lagen noch viele weitere Änderungswünsche vor. Manche wollten eine große Korrektur der Sprache mit der Begründung, die Deutschen hätten ja auch eine umfassende Rechtschreibreform durchgeführt. Die Kommission lehnte diese Anträge ab.
Für den 39-jährigen Hauke Bartels, der die Cottbuser Arbeitsstelle des Sorbischen Instituts Bautzen leitet, war das eine richtige Entscheidung. Immer wieder herangezogene Vergleiche mit dem Deutschen und anderen großen und stabilen Sprachen verkennen seiner Meinung nach völlig die Realität. „Wie viel ,Reform und Verunsicherung kann man sich in einer Sprache leisten, die extrem bedroht ist?“, fragt er und verweist wie Harald Konzack auf den seit Jahrzehnten anhaltenden Kampf der Sorben um die Erhaltung ihrer Sprache – gegen Schulschließungen und Kürzungen der Minderheitenförderung durch Bund und Länder.
Das „ut“ werden die etwa eineinhalbtausend Mädchen und Jungen, die in Brandenburg am Sorbischunterricht teilnehmen, wohl verkraften. Die Sprachkommission wird jedenfalls eine dementsprechende Empfehlung an das brandenburgische Bildungsministerium geben. Folgt das Ministerium dem Änderungsvorschlag – was zu erwarten ist –, wird die neue Schreibweise mit einer gewissen Übergangsfrist im Schulunterricht verbindlich.
Im benachbarten Sachsen ist alles etwas anders. Dort leben rund 40 000 Sorben, die Obersorbisch sprechen – eine dem Niedersorbischen zwar verwandte, aber doch eigene Sprache. Deshalb haben die Obersorben auch eine eigene Sprachkommission, und die hat in diesem Jahr ein neues Wörterbuch herausgegeben. Bei 500 der insgesamt 52 000 Vokabeln wurde die Schreibweise geändert, und nun will das sächsische Kultusministerium die Reformen ab dem kommenden Schuljahr für verbindlich erklären. Dann müssen die rund 2000 Schüler, die in Sachsen die obersorbische Sprache erlernen, echt pauken.
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