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Stürmerhoffnung und Publikumsliebling. Der Däne Yussuf Poulsen ist einer der vielen jungen hochtalentierten Spieler in Leipzigs Kader.
©  AFP/Michael

Bundesliga-Saisonvorschau (1): RB Leipzig: Der Aufstieg kann weitergehen

Am 26. August startet die Fußball-Bundesliga in ihre 54. Saison. In unserer Serie testen wir Stärken, Schwächen und Vorlieben der Vereine. Folge 1: RB Leipzig.

Was hat sich verbessert?

Wie jeden Sommer seit der Übernahme durch einen Brausekonzern aus Österreich wurde auch dieses Jahr mächtig in den Kader investiert. Allein für Mittelfeldspieler Naby Keita überwies Leipzig 15 Millionen Euro an ein anderes Firmenkonto in Salzburg. Dazu kamen Timo Werner aus Stuttgart für zehn Millionen, Marius Müller aus Kaiserslautern und Benno Schmitz, ebenfalls vom Salzburger Schwesterverein RB. Macht insgesamt 27,5 Millionen Euro und Platz sechs in der Bundesliga-Rangliste der Transferausgaben. Gut möglich, dass Leipzig in dieser Rubrik noch Plätze gutmacht und die Personalkosten weiter erhöht. Ein Innenverteidiger soll kommen, eventuell noch ein Mittelfeldspieler. Angeblich ist ein Volumen zwischen 50 und 60 Millionen Euro für Verstärkungen eingeplant worden.

Wer sind die Stars?

Für einen Aufsteiger verfügt RB Leipzig über allerlei bekannte Namen. Da ist Yussuf Poulsen, Nationalspieler aus Dänemark, hochtalentierter Stürmer und Publikumsliebling. Oder sein Angriffspartner Emil Forsberg, schwedischer Auswahlspieler und nur minder begabt. Trotz konstant guter Leistungen sind ihre Plätze keineswegs sicher. Davie Selke, gerade mit der deutschen Olympiaauswahl in Rio und Neuzugang Timo Werner drängen auf Einsatzzeit. Heimlicher Star und Anführer ist aber kein Offensivspieler, sondern einer, der kämpft, grätscht und seine Gegenspieler gern in harte Zweikämpfe verwickelt. Dominik Kaiser trägt die Kapitänsbinde und ist der einzig verbliebene Spieler, der alle Aufstiege von der Regionalliga in die Bundesliga mitgemacht hat. Das konnte bisher nur Andreas Lambertz von sich behaupten, dem einst mit Fortuna Düsseldorf das Gleiche gelang. Obwohl Leipzigs Mannschaft vor allem auf den Mittelfeldpositionen über viele hervorragende Fußballer verfügt, setzt auch der neue Trainer Ralph Hasenhüttl weiter auf Kaiser.

Wer hat das Sagen?

Wie bei allen dem österreichischen Konzern zugehörigen Konstrukten hat Firmengründer Dietrich Mateschitz die absolute Deutungshoheit. Weil Mateschitz’ Reich aber stetig gewachsen ist und er nicht drei Fußballmannschaften, ein Formel-1-Team und andere sportliche Aktivitäten gleichzeitig anleiten kann, hat er Statthalter eingesetzt. In Leipzig ist das Ralf Rangnick, der im vergangenen Jahr mangels geeigneter Kandidaten selbst die Mannschaft als Trainer in die Bundesliga führte. Nach der Übereinkunft mit Wunschkandidat Hasenhüttl will sich Rangnick im ersten Bundesligajahr aber wieder ausschließlich auf seine Aufgaben als Sportdirektor konzentrieren. Dass Rangnick, ehemaliger Trainer des VfB Stuttgart und von Schalke 04, auf absehbare Zeit woanders arbeiten könnte, ist unrealistisch. Erst kürzlich lehnte er zugunsten RBs einen gut dotierten Vertrag als Belgischer Nationaltrainer ab. Es heißt, einzig ein Angebot als Trainer in der englischen Premier League könnte den ausgebildeten Englischlehrer und England-Liebhaber zum Nachdenken bewegen.

Was ist in dieser Saison möglich?

Offiziell will Leipzig „eine sorgenfreie Saison“ im ersten Bundesligajahr erleben. „Wenn es aber mehr wird, werden wir uns auch nicht wehren“, sagt Sportdirektor Rangnick. Und vermutlich wird es mehr werden. Die Mannschaft wurde schon vor der vergangenen Spielzeit auf Bundesliganiveau zusammengestellt, Spieler wie Werner, Poulsen oder Forsberg würden auch viele andere Bundesligisten besser machen. So stark und gut besetzt war seit einer gefühlten Ewigkeit kein Aufsteiger mehr. Am ehesten vielleicht noch die TSG Hoffenheim 2008. Vieles wird vom Start abhängen. Kommt die Mannschaft gegen Hoffenheim, Dortmund, Hamburg und Gladbach gut ins neue Spieljahr, könnte sogar ein Mitspielen um die internationalen Plätze möglich sein. Die Euphorie jedenfalls ist grenzenlos. Über 20 000 Dauerkarten sind bereits verkauft, die meisten Heimspiele werden vor vollen Rängen stattfinden. Leipzig dürstet nach Bundesligafußball, zuletzt war der VfB 1993 in der höchsten deutschen Spielklasse vertreten. Wer das Spektakel am Ende bezahlt, ist den meisten Menschen in der Stadt längst egal.

Und sonst?

Neben Ralf Rangnick ist Oliver Mintzlaff, ehemaliger Leichtathlet, die treibende Kraft in Leipzig. Offiziell wird er als Chef für sämtliche Fußballaktivitäten des RB-Konzerns geführt und verantwortet die Geschäfte in Leipzig, Salzburg und New York. Mintzlaff ist außerdem Vorstandsvorsitzender bei RB Leipzig und Geschäftsführer. Eine Kombination, wie sie so nur im Fußball-Kosmos des Brausekonzerns möglich ist. Mintzlaff und Rangnick arbeiten gern und gut zusammen. Alles andere wäre auch verwunderlich, denn Mintzlaff war Rangnicks Berater und handelte einst mit Konzernchef Mateschitz den Vertrag für den ehemaligen Trainer aus. Mateschitz war so angetan von Mintzlaffs Verhandlungsgeschick, dass er ihn gleich mit zu RB holte.

Sebastian Stier

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