DFB-Pokalfinale Dortmund - Wolfsburg: Pressing gegen Vertikalpässe - die Taktikvorschau
Dortmund und Wolfsburg spielen beide auf dem Papier in einer 4-2-3-1-Formation. Allerdings sind ihre strategischen Ansätze recht unterschiedlich. Unsere Taktikvorschau zum DFB-Pokalfinale.
Ilkay Gündogan und Sebastian Kehl, sie bilden noch das Herzstück im Mittelfeld von Borussia Dortmund. An diesem Samstag bestreiten beide, ebenso wie Jürgen Klopp, ihr jeweils letztes Spiel für den BVB. Routinier Kehl beendet mit 35 Jahren seine Karriere. Gündogan wird es in eine europäische Fußballmetropole – Barcelona, München oder Manchester – ziehen. Doch für diese eine letzte Partie müssen beide gegen den VfL Wolfsburg eine nahezu perfekte Leistung abrufen. Nur dann kann der BVB den DFB-Pokal aus Berlin mitnehmen. Denn Wolfsburgs Mittelfeldzentrale mit Abfangjäger Luiz Gustavo sowie Spielmacher Kevin De Bruyne kann Lücken gnadenlos für gefährliche Schnellangriffe nutzen.
Dortmund und Wolfsburg spielen beide auf dem Papier in einer 4-2-3-1-Formation. Allerdings sind ihre strategischen Ansätze recht unterschiedlich. Die Niedersachsen nutzen in erster Linie offene Räume und bringen ihre athletischen Fähigkeiten ein. De Bruyne sucht im Mittelfeld nach Lücken, erhält Vertikalpässe aus der Abwehr und leitet zu den schnellen Sprintern auf die Seiten weiter. Trainer Dieter Hecking hat mit seiner Mannschaft in dieser Saison eine hohe Effizienz bei Angriffen über die Außenbahnen entwickelt. Die beiden Flügelspieler Ivan Perisic und Daniel Caligiuri sollen deshalb mit scharfen Pässen freigespielt werden. Brechen sie erst einmal bis zur Grundlinie durch, lauert im Zentrum Bas Dost. Der Niederländer traf in dieser Saison in 21 Bundesligapartien 16 mal. Mehr als jeder dritte Schuss landete im Netz.
Damit Dost gar nicht erst zum Abschluss kommt, müssen Kehl und Gündogan hellwach sein. Die Dribblings von De Bruyne sind schwer im Eins-gegen-Eins zu verteidigen. Zu schnell und agil ist der Belgier. Folglich sind Dortmunds Mittelfeldakteure dazu angehalten, bereits die Passwege zu bewachen. Aber das ist nicht alles. Klopp wird zum Abschluss seiner siebenjährigen Tätigkeit noch einmal versuchen, die Pressingmaschine ins Rollen zu bringen.
Die Dribblings von Kevin De Bruyne sind schwer zu verteidigen
Im Gegensatz zu Wolfsburg konzentriert sich der BVB weniger auf den offenen Raum. Vielmehr möchte der BVB mit Überzahl in Ballnähe dominieren. Klopps Spieler müssen deshalb ständig verschieben, um in jeder neuen Situation wieder in Überzahl zu sein. Das bedeutet, einen hohen Laufaufwand zu betreiben. Doch nur so können sie Druck im Pressing erzeugen. Und nachdem die Dortmunder den Ball erobert haben, wird mit den Spielern, die sich bereits in der Nähe des Balles befinden, gekontert.
Allerdings bietet dieses offensive Verschieben und aggressive Pressing auch Gefahren. Denn sollte Wolfsburg einmal die Pressingwelle überspielen, ergeben sich eben jene Freiräume, die Heckings Team für seine Tempo-Offensive benötigt. Dann sind Kehl und Gündogan im Mittelfeld auf sich allein gestellt und Dortmunds Pokalträume in Gefahr.
In jedem Fall wird die Zuschauer im Olympiastadion ein Schlagabtausch mit vielen scharfen Steilpässen und schnellen Sprints erwarten. Borussia Dortmund gegen den VfL Wolfsburg, das ist die Antithese zum Kurzpassfußball à la Pep Guardiola.
Der Autor schreibt für das Taktikportal Spielverlagerung.de
Constantin Eckner