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Sport: Präsidenten unter sich

Joachim Gauck feiert im Schloss Bellevue mit IOC-Chef Thomas Bach das Deutsche Sportabzeichen. Ein Ortstermin.

Berlin - Um kurz nach 11 Uhr, die Sonne hat den Nebel über dem Tiergarten gerade endgültig vertrieben, kommt Unruhe auf. Trimmy, das quadratköpfige Maskottchen des Deutschen Olympischen Sportbunds (DOSB) wird immer hibbeliger, Sicherheitsleute und Kameramänner richten ihre Aufmerksamkeit auf die Treppe des Schlosses Bellevue. Dann schlendern sie endlich die Treppe hinunter, das deutsche Staatsoberhaupt Joachim Gauck und seine Lebensgefährtin Daniela Schadt. Und daneben Thomas Bach, der seit vergangenem Dienstag den Weltsport als Chef des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) anführt. Die Aufregung ist also berechtigt: Wann bekommt man auch schon einmal zwei deutsche Präsidenten gemeinsam zu sehen?

Gauck präsidiert über gut 80 Millionen Menschen, Bachs Untertanenzahl hat sich in der vergangenen Woche vervielfacht. Bevor ihn die IOC-Mitglieder am vergangenen Dienstag wählten, stand der 59-Jährige an der Spitze des DOSB und vertrat damit knapp 28 Millionen Sportler in Deutschland. An der Spitze der olympischen Bewegung darf er sich nun für die Belange von hunderten Millionen Athleten, Trainern, Schiedsrichtern und Funktionären verantwortlich fühlen. Hier, im Garten des Schloss Bellevue, tritt Bach als Co-Gastgeber auf, der DOSB feiert am Dienstsitz des Bundespräsidenten das hundertjährige Jubiläum des Deutschen Sportabzeichens. Joachim Gauck, das wird schnell klar, hat trotzdem ein Heimspiel. Als sich die beiden Männer durch die Menge – Funktionäre in Anzug, Kinder und Rentner in Sportklamotten – einen Weg zur Bühne bahnen, zieht der Bundespräsident die meisten Blicke, Autogrammwünsche und Kameraobjektive auf sich. „Ach, Herr Bach ist auch da“, bemerkt einer der Gäste. Sein Nachbar zischt korrigierend: „Herr Doktor Bach!“

Gauck gratuliert Bach zu seinem neuen Amt, der IOC-Präsident richtet ein paar Wort an die vielen Sportabzeichenträger und -helfer im Publikum. „Es war keine reine Wahl für eine Person, sondern auch für den gesamten deutschen Sport mit unseren Millionen ehrenamtlicher Helfer“, sagt Bach über die Entscheidung von Buenos Aires. „Deswegen herzlichen Dank für ihren Beitrag.“ Dann machen sich die beiden Präsidenten auf eine kleine Besichtigungsrunde, im Garten sind an mehreren Stationen Sportabzeichen-Disziplinen aufgebaut. Neben dem gelöst plaudernden Gauck wirkt Bach ein wenig steif. Beim Medizinballweitwurf – der 73-jährige Gauck wuchtet den Ball neun Meter weit – verzichtet Bach dankend. Dafür doziert er beim Standweitsprung darüber, dass dieser Wettkampf einst sogar olympische Disziplin war. Beim Bogenschießen macht er dann doch selbst mit, der erste Pfeil fällt ihm von der Sehne direkt vor die Füße, der zweite verfehlt die Zielscheibe. Am Stand der Nationalen Doping-Agentur wird Bach an diesem sorgenfreien Vormittag mit einem ernsteren Thema konfrontiert, das ihn auch Zukunft viel beschäftigen wird. An einer Schautafel sollen die beiden Präsidenten den Satz „Ich bin für sauberen Sport, weil ...“ vervollständigen. Gauck schreibt: ... „ich für Fairness bin“, Bachs Antwort lautet „... nur sauberer Sport richtiger Sport ist“.

Seit seiner Wahl hatte Thomas Bach kaum eine ruhige Minute, erschöpft wirkt er aber nicht. „Ich genieße jeden Augenblick“, sagt er. Nur am Freitagabend, beim EM-Halbfinale der deutschen Volleyballerinnen, habe er die Bürde seines neuen Amts deutlich gespürt. „Ich durfte nicht immer aufspringen, wenn mir danach war. Das muss ich erst nach und nach lernen.“ Lars Spannagel

Lars Spannagel

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