Griebnitzsee: Potsdam plant wieder einen Uferweg
Die Anwohner am Griebnitzsee müssen Spaziergänger dulden – falls sie nicht erneut erfolgreich klagen. Bauen will die Stadt jetzt trotzdem, sie habe auf fast alle Wünsche der privaten Grundstückbesitzer Rücksicht genommen.
Potsdam - Es ist ein großer Schritt in Richtung eines öffentlichen Ufers am Potsdamer Griebnitzsee: Der Bebauungsplan für den Spazierweg auf dem ehemaligen Mauerstreifen ist fertig. Drei Jahre dauerte das Verfahren für den 2,8 Kilometer langen Abschnitt, es füllt 13 Aktenordner. Rund 800 Potsdamer beteiligten sich daran. 14 Millionen Euro will die Stadt insgesamt für den Uferweg ausgeben. Am Mittwoch kommender Woche sollen Potsdams Stadtverordnete den Bebauungsplan beschließen. „Ich rechne mit einer großen Mehrheit“, sagte Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) am Montag.
Ist der Bebauungsplan rechtskräftig, bildet er die Grundlage dafür, den Uferweg auch über private Wassergrundstücke zu führen. Dort verlief er bereits seit 1990, bis private Eigentümer im Mai 2009 den einstigen Kontrollweg der DDR-Grenzer auf ihren Grundstücken sperrten. Seitdem ist der Uferweg nicht mehr zugänglich und teilweise auch nicht mehr existent. Zuvor hatte im Mai 2009 das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg den ersten Bebauungsplan der Stadt für unwirksam erklärt. Der Grund: Potsdam hatte die Interessen der Privateigentümer vernachlässigt.
Das sei jetzt anders, sagte Oberbürgermeister Jakobs. Die Stadt habe ein „beispielhaftes Verfahren“ durchgeführt und einen „ausgewogenen Plan“ für den Uferweg vom Babelsberger Park bis zur Berliner Stadtgrenze bei Kohlhasenbrück vorgelegt. Fast alle Wünsche der privaten Grundstücksbesitzer seien erfüllt worden. So dürfen alle Seeanrainer entweder ein Bootshaus oder einen Steg bauen – je nachdem, ob ein Bootshaus das „Landschaftserleben“ der Spaziergänger beeinträchtigen würde. 38 Bootshäuser und 19 Stege sieht der Uferplan vor. Auch beim Verlauf des Uferwegs ließ die Bauverwaltung den Eigentümern der Seegrundstücke Wahlfreiheit. So verläuft der Weg in Kurven: Je nach Wunsch der Grundstücksbesitzer entweder direkt am Wasser oder entlang der steilen Uferböschung. Sie entstand, als die DDR das Ufer aufschob, um die Grenzanlagen zu errichten.
Wenn der Weg dort verlaufe, seien „die Spaziergänger von der Terrasse des Hauses gar nicht zu sehen“, so Potsdams Stadtplanungschef Andreas Goetzmann. Für die Öffentlichkeit sind am Weg eine Aussichtsplattform auf dem Wasser – ein „Guck-Steg“ – und zehn Aufenthaltsorte mit Bänken geplant. Insgesamt seien nach dem neuen Bebauungsplan rund drei Viertel des Ufers privat und ein Viertel öffentlich, so Goetzmann.
Der Streit um den Uferweg in Bildern:
Ob die extreme Sorgfalt der Potsdamer Verwaltung bei dem brisanten Projekt ausreicht, wird sich vor dem Oberverwaltungsgericht zeigen. Oberbürgermeister Jakobs rechnet fest damit, dass Anrainer gegen den Bebauungsplan klagen werden: „Es gibt noch immer rund 15 Eigentümer, die den Uferweg partout verhindern wollen.“ Mögliche Normenkontrollklagen, die sich bis zu drei Jahre hinziehen könnten, hätten aber „keine aufschiebende Wirkung“ für den Uferweg-Bau, sagte Jakobs. Es gebe drei Abschnitte, an denen die Stadt weitgehend im Besitz der Uferflächen sei. Dort werde mit den Arbeiten begonnen. Für andere Teilstücke des Wegs werde Potsdam mit den mehr als 30 betroffenen Privateigentümern über den Ankauf ihrer Uferflächen oder ein im Grundbuch verankertes Wegerecht verhandeln. Bleibe dies ohne Erfolg, werde Potsdam die Enteignung der Uferflächen beantragen, so Jakobs.
Dies praktiziert die Stadt bereits in Groß Glienicke, wo ebenfalls ein Bebauungsplan einen Uferweg auf dem einstigen Grenzstreifen vorsieht. Dort laufen 22 Enteignungsverfahren. Für Entschädigungen der Griebnitzsee-Anrainer – auch für den Wertverlust der Grundstücke – hat die Stadt insgesamt vier Millionen Euro eingeplant. Vom Bund hatte Potsdam nach zähem Ringen Anfang 2011 zudem für 3,6 Millionen Euro 51 ehemalige Mauergrundstücke am Ufer erworben.
Sabine Schicketanz