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Breite Brust. Lukas Kampa steht mit deutschen Volleyballern im EM-Viertelfinale.
© Imago/Conny Kurth

Viertelfinale gegen Weltmeister Polen: Plötzlich wieder gute Karten bei der Volleyball-EM

Die deutschen Volleyballer kommen vor dem EM-Viertelfinale gegen Top-Favorit Polen richtig in Fahrt. Daran hat auch ein Kartenspiel seinen Anteil.

Die deutschen Volleyballer lassen sich bei der Europameisterschaft nun wirklich nicht in die Karten schauen. Weder bei ihren wechselhaften Leistungen auf dem Feld – noch beim Uno-Spielen in der wenigen freien Zeit. „Wir spielen alle gerne Karten, das lockert die Atmosphäre auf“, sagt Kapitän Lukas Kampa, eigentlich passionierter Pokerspieler. „Aber auch der Wettkampfgedanke ist bei jedem da, wir schenken uns nichts.“

Hergeschenkt hat die Auswahl des Deutschen Volleyball-Verbandes (DVV) in der Vorrunde der EM dafür eine gute Ausgangsposition für die K.o.-Runde. Doch nach dem überraschend überzeugenden Achtelfinal-Sieg am Samstag gegen die Niederlande scheint das Unterfangen am Montag (20 Uhr/Sport1+) im Viertelfinale gegen Favorit Polen in Apeldoorn plötzlich auch nicht mehr ganz so aussichtslos zu sein.

Eine Erklärung für das überraschend souveräne 3:1 gegen Holland hatte Kampa am Tag nach dem Spiel noch nicht so richtig. „Wie ich auch keine Erklärung dafür habe, warum es davor so gelaufen ist, wie es gelaufen ist“, sagt der 32-Jährige. „Vielleicht tat es uns nochmal gut, den Ort zu wechseln. Und dass wir vor einem vollen Haus gespielt haben mit der Atmosphäre.“

Er wolle die Leistung nicht nur auf externe Umstände schieben, doch es war für jeden ersichtlich, dass die Atmosphäre die Deutschen nicht negativ beeinflusste. „Wir haben schon des Öfteren bewiesen, dass wir mit solchen Kulissen umgehen können, weil sie Aggressivität in uns auslöst, die uns hilft“, erklärt Kampa. Und es sei nun mal etwas ganz anderes im Vergleich zu Begegnungen vor sechs Zuschauern – wie bei der Blamage gegen Spanien im letzten Vorrundenspiel.

Pünktlich, zur wichtigen Phase des Turniers, scheint das Nationalteam auf dem Weg zur vollen Leistungsfähigkeit zu sein. Wobei man das auch schon nach den beiden 3:0-Siegen in der Vorrunde vor dem Spiel gegen die Spanier gedacht hatte. Was jetzt gegen einen erneuten Einbruch spricht? „Dass wir ein weiteres K.o.-Spiel vor der Brust haben. Man muss schon unterscheiden, dass das Spiel gegen Spanien nicht den ganz großen Stellenwert hatte“, sagt Kampa. Das soll zwar nicht als Entschuldigung für die schwache Leistung herhalten, aber erklären, warum es nach dem Achtelfinale ganz sicher anders wird. Das Spiel gegen die Niederlande habe die Mannschaft „vielleicht nochmal ein Stück enger zusammengebracht“.

Das Ziel ist und bleibt eine EM-Medaille

Nun können die Deutschen etwas befreiter aufspielen, da sie die Bestätigung haben, wieder zu den Top acht in Europa zu gehören, was gleichzeitig die Qualifikation für die EM 2021 mit sich bringt. Vor zwei Jahren wurde das Team EM-Zweiter. Das Ziel ist und bleibt weiter eine Medaille. Das betonen Kampa und andere im Team immer wieder. „Das Ziel muss unverändert so bleiben“, sagt Kampa. Eine schwerere Aufgabe als die am Montagabend könnte es auf dem Weg dahin allerdings nicht geben.

„Was ich hoffe, ist, dass wir nicht zu entspannt werden. Polen ist nicht nur auf dem Papier der Weltmeister, sondern spielt auch genau so bei dieser EM“, erklärt Deutschlands Volleyballer des Jahres 2018. Wie klar die Rollen verteilt sind, zeigt, dass die Polen erst einen mickrigen Satz abgegeben haben – den aber gegen den Nobody aus Estland.

Ein Vorteil für die Deutschen könnte sein, dass Lukas Kampa wie auch Nationalmannschaftskollege Christian Fromm viele der polnischen Kontrahenten aus dem Verein kennt. Beide spielen beim Spitzenklub Jastrzebski Wegiel. „Natürlich kennt man sich, vielleicht hilft das in ein, zwei Momenten. Wenn ich da an Dawid Konarski denke, mit dem ich im Verein täglich arbeite und über den ich die ein oder andere Sache besser weiß“, erzählt Kampa. „Wobei die Polen so auch wissen, was sie von mir erwarten können.“

Der Mann für alle Fälle. Georg Grozer haute die Deutschen ins Viertelfinale.
Der Mann für alle Fälle. Georg Grozer haute die Deutschen ins Viertelfinale.
© Piroschka Van De Wouw/dpa

Mit Konarski saß Kampa beispielsweise noch am Sonntag nach dem Frühstück zusammen beim Kaffee. „Es ist eine entspannte Atmosphäre, wir sind ja alle im gleichen Hotel“, sagt Kampa. Geredet wird dann aber nicht über das kommende Spiel, sondern eher darüber, welche Aufgaben im Verein warten oder wie das persönliche Wohlbefinden ist. „Und am Montag wird das dann kurz abgeschaltet, dass man sich eigentlich ganz gerne hat.“ Eigentlich würden nämlich beide ganz gerne ins Halbfinale einziehen. „Dass wir nicht der Favorit sind, wenn wir gegen den Goldfavoriten spielen, ist klar“, sagt Kampa. Doch, wenn der Motor anspringt – so nennt es Bundestrainer Andrea Giani, wenn Abwehr und Block funktionieren – ist alles möglich.

Kommen dann noch gute Aufschläge wie gegen die Niederlande dazu, als Diagonalangreifer Georg Grozer so ziemlich alles gelang, ist vielleicht doch die Überraschung und ein Einzug ins Halbfinale möglich. Auch wenn das für Lukas Kampa bedeuten würde, dass er weiter mit dem Kartenspiel Uno Vorlieb nehmen muss: „Für Poker braucht man immer ein bisschen mehr Zeit – da ist es auch besser, wenn man am nächsten Tag ausschlafen kann.“ Und die Nacht auf Montag soll nun mal nicht die letzte Nacht des Turniers gewesen sein.

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