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Raum für Ideen. Das Plattner-Areal im Norden Potsdams. Nach fast zehnjähriger Vorplanungszeit entsteht hier derzeit der „Campus am Jungfernsee“ mit dem SAP-Innovations-Lab. Rechts im Bild die Südbrücke nach Neu Fahrland, auf der die B 2 verläuft. Sie verbindet Potsdam und Berlin-Spandau.
© Lutz Hannemann

Potsdamer Kunsthalle: Plattners Rückzug ins Grüne

Hasso Plattner zieht mit seiner Kunsthalle an Potsdams Rand. Im Stadtzentrum hatte er sich mit seinem Millionengeschenk nicht willkommen gefühlt.

Katerstimmung in Potsdam nach der Absage von Hasso Plattner für den Bau der Kunsthalle in der Stadtmitte: Stadtpolitik und Prominenz bedauerten am Donnerstag den Rückzug des Mäzens. „Dieses Trauerspiel samt der verheerenden Außenwirkung wird die Stadt noch lange verfolgen“, sagte TV-Journalist und Potsdamer Günther Jauch. Die CDU-Kreischefin und Bundestagsabgeordnete Katherina Reiche sprach von einem „schwarzen Tag“ für die Landeshauptstadt. Potsdams SPD-Chef Mike Schubert sagte: „Man fragt sich, wo diese selbstzerstörerischen Debatten Potsdam noch hinführen sollen.“ Modeschöpfer Wolfgang Joop, gebürtiger Potsdamer, beklagte: „Diese Stadt kennt statt Demut und Dankbarkeit nur Neid und Missgunst. Man hätte bestimmte Leute mit Ignoranz strafen sollen.“ Gleichzeitig begann die Suche nach Verantwortlichen für die Niederlage, die Potsdams Ruf als schwieriges Pflaster für Mäzene und Investoren verstärkt.

Der 68-jährige SAP-Mitgründer und Milliardär Plattner hatte am Mittwoch in einem offenen Brief mitgeteilt, dass er seine Kunsthalle nicht im Lustgarten, sondern auf seinem Grundstück am Ufer des Jungfernsees im Norden der Stadt errichten wird. Für die Halle in der historischen Mitte sollte das ehemalige Interhotel – heute Hotel Mercure – abgerissen werden. Der Eigentümer, der US-Hedgefonds Blackstone, will das Grundstück samt Gebäude verkaufen; der Mieter und Hotelbetreiber Accor hatte vergangenes Jahr den Mietvertrag nicht verlängert. 14 Millionen Euro sollte das Grundstück vis-à-vis des im Bau befindlichen Stadtschlosses, in das Brandenburgs Parlament einziehen wird, Plattner kosten.

Doch der mögliche Hotelabriss provozierte Konflikte in der Stadt. Die Linke lehnt den Abriss ab. Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg fordert, „das Hotel noch ein paar Jahre stehen zu lassen“. Was dann geschehen soll, sagt Scharfenberg nicht. Schuld an Plattners Absage will er nicht sein: „Wir haben nicht zum Kampf für den Erhalt des Mercure aufgerufen.“ Er kritisierte, Oberbürgermeister Jakobs habe „Plattners Kunsthalle zum Mittel zum Zweck, das Mercure loszuwerden, degradiert“. Das habe Plattner gespürt und sei „diesen Weg nicht mitgegangen“. Jakobs wies die Vorwürfe zurück. Er habe gemeinsam mit Plattner Standorte für die Kunsthalle gesucht, dabei sei der Lustgarten der attraktivste gewesen. Es gehe nicht darum, „dass wir DDR-Architektur aus der Stadt verbannen“, so Jakobs. Doch das Mercure passe nicht mehr in die nach historischem Vorbild wiederaufgebaute Mitte. Jetzt glaubt der Oberbürgermeister, dass das Hotel ab 2013 leer steht. Dann laufe der Mietvertrag von Accor aus, „ich befürchte eine leere Hülle, in die kein Mensch mehr investiert“. Jakobs räumte ein, dass die Stadtpolitik sich bisher „um die Debatte um das Mercure gedrückt hat“. Das Hotel ist das markanteste Gebäude aus der DDR-Zeit in Potsdams Innenstadt, dessen Abriss bisher nicht beschlossen war. DDR-Staats- und Parteichef Walter Ulbricht hatte 1967 dessen Bau angeordnet: Sozialistische Architektur statt die der einstigen Preußenresidenz sollte die Stadt prägen.

Ostkunst in rauhen Mengen. Hier sehen Sie einige Werke aus seiner Sammlung:

In die Diskussion um Abriss oder Erhalt hatten sich viele prominente Potsdamer, aber wenige Politiker eingemischt. Auch Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD), früher Oberbürgermeister in Potsdam, hatte sich nicht geäußert. Dass der Mercure-Abriss umstritten sein würde, hatte Plattner geahnt, als seine Kunsthallen-Pläne bekannt wurden. „Ich mache nichts, wenn wesentliche Teile der Stadt nicht damit einverstanden sind“, hatte er angekündigt. Zuletzt hatte es auch Forderungen gegeben, Plattner müsse einen Architekturwettbewerb ausschreiben und bei den Ausstellungen Mitspracherecht einräumen.

In der Kunsthalle will Plattner seine Sammlung ostdeutscher Kunst und wechselnde Ausstellungen zeigen. Nach seinem Tod soll dort seine private Sammlung mit Werken der klassischen Moderne zusammengeführt werden. Auf dem Areal der ehemaligen Grauen Kasernen am Jungfernsee kann Plattner nun die Kunsthalle weitgehend unbehelligt bauen. Dort errichtet SAP für 17,5 Millionen Euro – davon 2,7 Millionen Euro Landesförderung – ein Innovationszentrum für 100 feste Mitarbeiter. Der größte Teil des Filetgrundstücks soll mit 80 bis 90 Villen und rund 60 Luxuswohnungen bebaut werden. Rund 350 Millionen Euro werden laut Plattners Projektentwickler Gerhard A. Burkhardt dafür investiert.

Lesen Sie nachfolgend Auszüge aus Plattners offenem Brief:

„(...) Ich möchte mich bei allen Potsdamern bedanken für die rege und engagierte Diskussion um den Standort und den Inhalt einer von mir geplanten und zu betreibenden Kunsthalle. Leider haben sich in die Diskussion einige Missverständnisse eingeschlichen. So wird die Sammlung meine persönliche sein und nicht eine kunsthistorisch komplette oder politisch korrekte. (...) Die Kunsthalle ist ein öffentlich zugängiges Gebäude, aber kein öffentliches Gebäude. (...) Die letzten Wochen haben ein buntes Bild von Zustimmungen, Warnungen, Auflagen bis hin zu klarer Ablehnung gezeigt. Das Fazit ist: Ein privater Bau kann nicht widerspruchsfrei an einem Standort wie dem Mercure Hotel erfolgen. (Es) war nie meine Absicht, in die langfristige Stadtplanung von Potsdam einzugreifen. Ich habe nur nachgefragt, ob es noch interessante Bauplätze in der Innenstadt gibt. (...) Ich habe volles Verständnis für die vielen kritischen Stimmen der Potsdamer – es ist ihre Stadt. (...)“

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