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Es ist offiziell: Deutschland bewirbt sich um die Olympischen Spiele.
© Imago

Deutschlands Olympiabewerbung 2024: Plan ohne B?

Die Mitgliederversammlung des Deutschen Olympischen Sportbundes am Sonnabend in Dresden zeigt: Berlins Olympiabewerbung verliert gegen Hamburg an Strahlkraft.

Wäre eine Olympiabewerbung ein Ausdauerwettbewerb, Hamburg hätte am Wochenende zwei Etappen gegen Berlin gewonnen. Beim Abendempfang vor der Mitgliederversammlung des Deutschen Olympischen Sportbunds (DOSB) in Dresden blieb Hamburgs Sportsenator Michael Neumann eine Stunde länger als sein Berliner Amtskollege Frank Henkel. Und als Henkel die Mitgliederversammlung am Samstag schon verlassen hatte, stand Neumann auf einmal fröhlich auf der Bühne und gratulierte dem neu gewählten DOSB-Präsidium.

Es ist nicht so, dass Berlin vom deutschen Sport in Dresden keinen Zuspruch bekommen hätte. Henkel führte zahlreiche Gespräche und erhielt viel Lob für die Arbeit seiner Verwaltung und des Berliner Bewerbungsteams, unter anderem vom wichtigen Verband der Sportschützen. Entschieden wurde in Dresden ja auch noch nichts, außer dass sich die Mitglieder einstimmig für eine deutsche Olympiabewerbung mit Berlin oder Hamburg 2024 und gegebenenfalls 2028 aussprachen. Aber um es sportlich zu formulieren: Berlin steht unter Druck. Die Olympiabewerbung Berlins könnte schon in zweieinhalb Monaten gelaufen sein.

Die Niederlage von München steckt den wichtigsten Entscheidungsträgern des DOSB noch in den Knochen

In der zweiten Hälfte des Februars, nicht gerade ein Wonnemonat, lässt der DOSB in beiden Bewerberstädten eine Umfrage durchführen. Stimmt weniger als die Hälfte für Olympia, wäre Berlin so gut wie draußen. Es gibt aber noch ein anderes Szenario, das Berlin aus dem Wettbewerb werfen könnte: Wenn in Berlin nur eine knappe Mehrheit Olympia wünscht, in Hamburg aber vielleicht 60 Prozent oder noch mehr. Bei der letzten Umfrage im September wollten 48 Prozent der Berliner die Olympischen Spiele in der eigenen Stadt haben, 49 Prozent waren dagegen. Ein wenig hat der DOSB in Dresden daher auch schon ausgelotet, wie die Bewerbung in Deutschland wohl ohne Berlin weitergehen würde.

Die Angst, nach der Abstimmungsniederlage in Bayern für die Winterspiele München 2022, noch einmal an der Bevölkerung zu scheitern, ist jedenfalls deutlich zu spüren. Diese Niederlage steckt den wichtigsten Entscheidungsträgern des DOSB noch in den Knochen. Dem einstimmig wiedergewählten Präsidenten Alfons Hörmann zum Beispiel, er war beim Volksentscheid in Bayern noch Präsident des Deutschen Ski-Verbands, für den die Winterspiele einen großen Schub bedeutet hätten. Oder Bernhard Schwank. Er war vom DOSB als Geschäftsführer in die Münchner Bewerbungsgesellschaft entsandt worden. Im hauptamtlichen Vorstand, den der DOSB am Samstag durch eine neue Satzung eingerichtet hat, nimmt Schwank nun den neuen Vorstandsposten für Olympiabewerbung und Internationales ein – doch ohne eine aussichtsreiche Bewerbung wäre diese Aufgabe schnell überflüssig.

In der Mitgliederversammlung des DOSB hätte Berlin gute Chancen

Der neue Vorstandsvorsitzende, der bisherige Generaldirektor Michael Vesper, hat sogar schon drei Niederlagen mit Olympiabewerbungen hinnehmen müssen: zwei mit München um Winterspiele, als Minister in Nordrhein-Westfalen hatte er zudem mit Düsseldorf die nationale Ausscheidung um die Sommerspiele 2012 gegen Leipzig verloren.

Die bislang fehlende Zustimmung in der Berliner Bevölkerung hat im DOSB bislang auch das Argument in den Hintergrund gedrängt, dass Berlin als Stadt mehr internationale Strahlkraft besitzt als der Konkurrent Hamburg. Und vielleicht war die Abstimmung, die Hörmann am Freitag beim Meeting Frauen und Gleichstellung durchführte, mehr als ein Spiel. Hörmann wollte von den Anwesenden wissen, welcher der vier im Rennen um Olympia verbliebenen US-amerikanischen Städte sie den Zuschlag geben würden. Als Boston vor Los Angeles, Washington und San Francisco lag, sagte Hörmann: Der Hauptstadtbonus sei ja wohl nicht so ausschlaggebend.

Doch Berlin ist nicht das Washington, sondern das New York der USA. Der Präsident betont zwar die Bedeutung der Spiele als Zukunftsprojekt, gerade auch weil der DOSB zum ersten Mal einen Rückgang der Mitgliederzahlen bei den 7- bis 14-Jährigen hinnehmen muss. Aber er will sich absichern. Er und das Präsidium wollen sich von Bundesregierung, Städtetag, Wirtschaft, Kirchen, Kultur und Gewerkschaften beraten lassen.

In der Mitgliederversammlung des DOSB hätte Berlin gute Chancen. Zahlreiche Spitzenverbände sind für Berlin, auch mehrere Landessportbünde, nicht zuletzt weil sich Berlin als ostdeutsche Bewerbung präsentiert. Die olympischen Verbände sollen auch noch einmal angehört werden, bevor das Präsidium am 16. März seine Wahlempfehlung abgibt und die Mitglieder am 21. März in der Paulskirche in Frankfurt am Main abstimmen. Doch vorher kommt die Meinungsumfrage. Hörmann sagt, sie spiele eine „sehr, sehr, sehr bedeutende Rolle“. Sie entscheidet jedenfalls darüber, ob Berlin im olympischen Wettbewerb eine Runde weiter kommt.

Friedhard Teuffel

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