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An dieser Stelle stürzte der Radweg ein.
© Reuters
Update

Olympia-Radweg in Rio eingestürzt: Pfusch am Volk

In Rio de Janeiro stürzt ein Teilstück eines für Olympia gebauten spektakulären Radwegs ein, zwei Menschen sterben.

Manche wollen darin ein böses Omen für die Olympischen Spiele sehen. Andere ziehen die Sicherheit weiterer Bauwerke in Rio de Janeiro konkret in Zweifel. Ausgerechnet am Nationalfeiertag Tiradentes, an dem viele Menschen das herrliche Wetter genossen, stürzte in der Stadt ein 50 Meter langes Stück eines neuen Fahrradwegs ein und riss mindestens zwei Menschen in den Tod. Nach einer dritten Person wurde am Freitag noch gesucht.

Der Radweg, der die Stadtteile Leblon und Sao Conrado miteinander verbindet, war erst vor drei Monaten eröffnet worden und führt parallel zur Küstenstraße Avenida Niemeyer auf Betonstelzen über steile, ins Meer abfallende Felsen. Die Ausblicke über den Atlantik waren spektakulär. Der Weg war mit umgerechnet elf Millionen Euro extrem teuer und kostete drei Millionen Euro mehr als ursprünglich geplant. Auch wurde er ein halbes Jahr später fertig als vorgesehen.

Die wahrscheinlichste Ursache für den Einsturz ist, dass eine riesige Welle das Teilstück von unten aus seiner Verankerung hob. Am Tag des Unglücks herrschte in Rio heftiger Seegang aufgrund eines Zyklons in der Region. Die Menschen, die sich auf dem abgestürzten Teil befanden, fielen zunächst auf die Felsen und wurden dann ins Meer gespült.

Rios Bürgermeister Eduardo Paes erreichte die Unglücksnachricht ausgerechnet in Athen, wo er der Zeremonie zur Entzündung der Olympischen Fackel beiwohnte. Er soll extrem wütend reagiert haben und machte sich auf den Rückweg nach Rio. Der Radweg, benannt nach dem Musiker Tim Maia, zählt nicht unmittelbar zu den Olympiabauten, gilt aber als ein Prestigeobjekt von Paes und als eins der Vermächtnisse der Spiele.

Auch eine Hochstraße auf Stelzen befindet sich in Planung

Nun werden Korruptionsvorwürfe gegen die Baufirma Concremat laut, die mit der Firma Contemat ein Konsortium zum Bau des Radwegs gebildet hatte. Concremat gehört der Familie des städtischen Tourismusministers Antonio Pedro Figueira de Mello. Dieser ist der Enkel des Firmengründers und Neffe des derzeitigen Chefs, verneint aber mehr als eine familiäre Verbindung. Geschäftlich habe er nie mit dem Unternehmen zu tun gehabt.

Concremat und Contemat sind auch an Bauten im Olympischen Park beteiligt, und Concremat gehört zu dem Konsortium, das derzeit an einer Hochstraße baut, um das Olympiaviertel Barra da Tijuca besser an den Rest der Stadt anzubinden. Die Hochstraße wird wie der Radweg auf Stelzen über steilem felsigem Terrain gebaut.

Wegen des Einsturzes wird der Radweg nun voraussichtlich auch in die Arbeit der parlamentarischen Untersuchungskommission aufgenommen, die in Rio de Janeiro Unregelmäßigkeiten rund um die Olympiabauten unter die Lupe nehmen soll. Dazu gehören etwa die Merkwürdigkeiten beim Bau des neuen, aber von Experten als unnötig betrachteten Golfplatzes. Nicht nur Umweltschutzgesetze wurden dabei missachtet, Bürgermeister Paes soll auch ganz persönlich den Baufirmen Vorteile verschafft haben, die seinen Wahlkampf finanzierten.

Vier Monate vor Olympia ist die Stimmung katastrophal

Weil es sich bei dem Vorgehen um ein Muster handeln soll, ist in Rio nun bereits von einem „Lava Jata Carioca“ die Rede. Lava Jato (Autowaschanlage) ist der Name der Untersuchung rund um den Korruptionsskandal beim staatlichen brasilianischen Erdölkonzern Petrobras. Carioca ist das Adjektiv, um etwas zu beschreiben, das aus Rio kommt.

Hatten die Verbündeten von Bürgermeister Paes noch versucht, die Untersuchungskommission im Stadtparlament zu verhindern, wird dies nun wohl nicht mehr möglich sein. Immer wieder wird kolportiert, dass Paes hohen Druck ausübe, um die Olympia-Bauten voranzutreiben. Dabei würden Auflagen, etwa zum Umweltschutz oder zur Finanzierung, oft großzügig ausgelegt. Paes werden hohe Ambitionen auf das Präsidentenamt in Brasilien nachgesagt. Die Olympischen Spiele und die damit verbundene massive Umgestaltung Rio de Janeiros, etwa die Revitalisierung des alten Hafenviertels, möchte er sich gerne als Vermächtnis anrechnen lassen.

Doch wer sich am Tag des Unglücks in der U-Bahn oder in Bars umhörte, konnte die Menschen immer wieder über Paes fluchen hören. Dass „der Schweinehund“ auf dem eingestürzten Radweg hätte sein sollen, wurde gesagt. Man fragte, wieso 44 Millionen Reais für einen Radweg da seien, aber kein Geld für Schulen oder Krankenhäuser. Der Bundesstaat Rio kann seinen Angestellten derzeit keine Löhne zahlen, er ist pleite.

Knapp vier Monate vor Beginn der Olympischen Spiele ist die Stimmung in Rio katastrophal. Es hat vor allem mit der tiefen Wirtschaftskrise zu tun, die sich in eine politische Krise übersetzt. Dazu kommen immer wieder Unglücke – etwa der Ausbruch von Zika oder nun der Einsturz des schönen neuen Fahrradwegs.

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