Daniel Siebert: Pfiffe für Freikarten
Der Berliner Daniel Siebert wird Schiedsrichter in der Bundesliga – Herthas Abstieg hilft ihm ein wenig.
Es war ein Spiel von Union Südost, nach dem sich Daniel Siebert entscheiden musste. Eine Woche zuvor schoss er, der Stürmer, gegen den damaligen Landesligisten in der Schlussminute den Siegtreffer für seine Mannschaft, den FC Nordost Berlin. Nun steht Siebert wieder auf dem Platz – aber mit einer Pfeife in der Hand. Spieler aus der Vorwoche erkennen ihn, beschweren sich, dass er nicht neutral sein könne. „Für mich waren das zwei paar Schuhe“, sagt Siebert heute, der noch immer dem gleichen Verein angehört. „Ich habe das Spielen und das Pfeifen immer strikt getrennt.“ Dennoch habe ihn die Situation damals überfordert, mit 19 Jahren. Siebert entschied sich, seine Karriere als Schiedsrichter voranzutreiben. „Als Spieler hätte ich es vielleicht in die Berlinliga oder höchstens in die Oberliga geschafft“, sagt er.
Von Saison zu Saison arbeitete sich Siebert als Referee in den Ligen nach oben, seit 2009 leitet er Spiele in der Zweiten Liga. Ab der kommenden Spielzeit wird er auch Erstligafußball pfeifen. Damit ist er einer von 22 vom DFB hierfür ernannten Spielleitern. Mit 28 Jahren ist Siebert der Jüngste und neben Felix Zwayer und Manuel Gräfe der dritte Berliner.
Es waren die netten kleinen Vorzüge, die ihn an die Pfeife brachten. „Mit dem Schiedsrichterausweis konnte ich umsonst zu Hertha oder Union. Mit 14 Jahren ist das schon reizvoll“, sagt Siebert. Ab diesem Alter darf man in Deutschland erste Spiele pfeifen. Eine Lieblingsmannschaft hat er aber – qua Amt – nicht: „Ich bin nie im Trikot rumgelaufen, oder habe Vereinsbettwäsche besessen.“
Derzeit schreibt Siebert an seiner Masterarbeit, er studiert Sport und Geografie auf Lehramt. Das Referendariat soll darauf folgen. „Ich muss schauen, inwieweit es möglich ist, ein Teilzeitreferendariat zu machen – denn mehr ist zeitlich nicht möglich.“ Ein Schiedsrichter muss bei Erstligaspielen einen Tag vor der Partie anreisen, insbesondere bei Freitagsspielen kollidiert diese Regelung mit dem Lehrerberuf. Die Einführung von Profischiedsrichtern könnte eine Lösung sein, immer wieder wird das diskutiert. Siebert selber hat noch keine Antwort darauf gefunden: „Die Frage ist, ob das einen Referee besser macht.“
Eine klare Meinung hat er dagegen zur Einführung der Torlinientechnologie, die Siebert begrüßt, so sie zuverlässig ist. „Welches System letztlich gewählt wird: Wenn es funktioniert, dann bringt das den Schiedsrichtern Sicherheit“, sagt er. Auf dem Platz verfolgt Siebert eine „Vermeidungsstrategie“, er sei kommunikativ und wirke präventiv auf Spieler ein. „Gelbe Karten gebe ich meist nur, wenn sie laut Regelwerk unvermeidlich sind.“ Ansonsten nutze er gern den Ermessensspielraum, den er bei persönlichen Strafen habe. In der vergangenen Saison zeigte Siebert in acht Zweitligaspielen keinen Platzverweis.
Wie oft er in welcher Liga zum Einsatz kommen wird, ist nicht absehbar. Für die Ligen zwei bis vier ist er auch pfeifberechtigt. „Wenn alles optimal läuft, könnte ich wie vorangegangene Bundesliga-Neulinge auf etwa acht Spiele kommen“, sagt Siebert. Am kommenden Wochenende wird er eingesetzt, das wissen Schiedsrichter bereits zehn Tage vor dem Spieltag. Welche Partie er pfeift, weiß er noch nicht. „Sicherlich kein Erstligaspiel. Am ersten Spieltag wird auf die Erfahrenen zurückgegriffen.“ Partien von Hertha oder Union scheiden allerdings aus. DFB-Schiedsrichter leiten keine Spiele mit einer Mannschaft aus der Heimatstadt des Referees. Und so begünstigte vielleicht auch der Abstieg Herthas den Aufstieg Sieberts in die Erste Bundesliga.