Doping: Perikles Simon: "Niemand hat Interesse, das System Fußball kritisch zu hinterfragen"
Der Dopingforscher Perikles Simon hat die Politik aufgefordert, sich für einen Profifußball ohne Doping einzusetzen.
Es fehle gerade im Fußball am politischen Willen für einen wirksamen Antidopingkampf, erklärte Simon im Interview mit dem "Tagesspiegel". "Es sollte ihn aber vor allem dann geben, wenn Minderjährige in einer Form von dem System eingenommen werden, dass die Persönlichkeit massiv geändert wird. Und für solche Konstellationen ist der Staat verantwortlich. Es geht darum, nicht auszublenden, dass es dabei um Mitbürger und Mitbürgerinnen geht, die man schützen muss. Sie sind als teilweise minderjährige Leistungssportler das absolut schwächste Rad in einem Milliarden-Dollar-Business. Es wird nichts getan, nichts investiert, um den Missbrauch dieser Spieler und ihrer Körper zu stoppen. Das ist eine Unverschämtheit, nichts anderes. Ich kann es mir nur so erklären, dass die allein Frage nach Doping im Fußball ein absolutes Tabu ist." Simon gehört zur Untersuchungskommission zur Aufarbeitung der Doping-Vergangenheit an der Universität Freiburg, die Belege für Dopingpraktiken beim VfB Stuttgart und dem SC Freiburg Anfang der Achtzigerjahre vorlegen will. Er warnte den Profifußball vor einer weiteren Tabuisierung des Themas Doping. "Der Fußball muss seine Selbstreinigungskräfte mobilisieren oder sich helfen lassen, denn ich glaube, dass das Maß irgendwann voll ist. Es war schon immer so, dass ab einer gewissen Dekadenz auch große Systeme zerbrochen sind. Dann kippt das und wir gucken vielleicht Handball." Die Argumentation, dass Doping im Fußball nichts bewirke, hält er für falsch. "Man muss doch nur mal an die Basisvernunft der Leute appellieren. Es ist doch jedem klar, dass man eine entsprechende Kondition haben muss, um diese Spitzenleistungen zu bringen, die wir vor dem Fernseher sehen." Doch "praktisch keiner" habe Interesse daran, das System Fußball kritisch zu hinterfragen.
Das komplette Interview finden Sie in der Printausgabe vom Donnerstag.